Hamburg. Präsidium denkt über Schließung der Bundesvertretung nach. Standortleiter bereits abberufen. Keine Kündigungen in Hamburg bis 2021.

Ungeachtet der massiven Kritik von außen treiben die neuen Machthaber in der Handelskammer den Sparkurs voran. So hat die Kammerführung Aufträge an externe Berater ausgeschrieben, die zum einen eine Verkleinerung der Organisationsstruktur und zum anderen einen Personalabbau bei der Kammer zur Folge haben sollen. Zudem steht neben dem angekündigten Ausstieg aus der Vereinigung der Industrie- und Handelskammern im Norden (IHK Nord) jetzt eine Schließung des Berliner Büros der Hamburger Wirtschaftsvertretung im Raum.

Aus der Kammer heißt es dazu offiziell: „Über die Zukunft unserer Berliner Vertretung gibt es noch keine Entscheidung. Damit befasst sich die Arbeitsgruppe, die sich auch um die IHK Nord kümmert.“ Es gehe um den Abbau von Doppelstrukturen, sagte eine Sprecherin. Nach Informationen des Abendblatts ist der Leiter der Berliner Vertretung, Henning Finck, aber bereits abberufen. Er ist derzeit erkrankt und war nicht zu sprechen.

Massive Lobby-Arbeit

Das Berliner Büro der Handelskammer bestand zuletzt nur noch aus Finck und seiner Assistentin, hat aber für Hamburgs Wirtschaft in Berlin massiv Lobby-Arbeit gemacht – etwa, als es darum ging, die Elbe bis nach Tschechien hinauf schiffbar zu halten. „Ob es besonders klug ist, unser Büro ausgerechnet jetzt unbesetzt zu belassen, wo die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD anstehen, wage ich zu bezweifeln“, sagte ein Kammer-Kritiker.

Auch aus dem Plenum gibt es einen Einwand: „Nach dem angekündigten Austritt aus der IHK Nord wäre die Schließung des Berliner Büros ein weiterer Schritt, die Hamburger Wirtschaft in ihrer Interessenvertretung auf Bundesebene zu schwächen“, sagt Niels Pirck, Geschäftsführer der Haspa Direkt und Mitglied des Kammerparlaments. Im Plenum sei das nicht besprochen worden. „Das passt nicht zu der von Bergmann angekündigten Dialogbereitschaft.“

Beiträge um 20 Millionen Euro senken

Die Führung der Wirtschaftsvertretung um Präses Tobias Bergmann hat anderes im Blick: Sie will die Summe der Mitgliedsbeiträge bis 2023 von rund 40 auf dann 20 Millionen Euro senken. Dazu müssen nicht nur neue Einnahmen generiert, sondern vor allem auch die Ausgaben gesenkt werden. „In diesem Zusammenhang soll auch die Mitarbeiterzahl deutlich reduziert werden“, heißt es in den Ausschreibungen für Einsparvorschläge, die die Kammer jetzt veröffentlicht hat. Wie die Kammer am Donnerstag mitteilte wird es bis 2021 keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Dies wurde mit dem Personarat vereinbart. Für die mittelfristige Personalplanung wollen Bergmann und Hauptgeschäftsführerin Christi Degen auf externe Fachkenntnis zurückgreifen.

Im Kern wollen sie wissen, welche der derzeit 290 Mitarbeiter in drei bis fünf Jahren welche Stelle bekleiden und welche Aufgabe wahrnehmen werden. Dazu muss festgestellt werden, welche Qualifikationen die Mitarbeiter benötigen, um den Anforderungen zu genügen. Zudem sollen Bausteine für Schulungen und Qualifikationsmaßnahmen ausgearbeitet werden. Wie die Kammer mitteilte, wird ihr Personalrat an der Auswahl der Berater beteiligt. Das Gremium hatte in der Vergangenheit Kritik an dem neuen Führungsteam geäußert.

Leistungsangebot verschlanken

In einer zweiten Untersuchung wollen Bergmann und Degen die inneren Strukturen der Kammer beleuchten und suchen auch dafür extern Vorschläge für eine künftige Aufbauorganisation der Handelskammer. Ziel ist es, das Leistungsangebot der Kammer zu verschlanken und verschiedene Leistungen zu bepreisen, um künftig mehr Geld dafür verlangen zu können.

Wie berichtet, verfolgt Bergmann das Ziel, sowohl hoheitliche Aufgaben der Kammer wie zum Beispiel Ausbildungsprüfungen als auch freiwillige Serviceleistungen künftig nur noch kostendeckend anbieten zu wollen, um die Mitgliedsbeiträge der Kammer absenken zu können. So soll es künftig auch keinen Zuschuss der Kammer mehr für den europäisch-chinesischen Wirtschaftsgipfel Hamburg Summit geben. Zudem wurde die wirtschaftseigene Hochschule Hamburg School of Business Administration (HSBA) in eine Stiftung überführt, um sie vom Tropf der Kammer abzuhängen. Der ehemalige Kammer-Präses Karl-Joachim Dreyer hat Bergmann vor Kurzem vorgeworfen, er wolle die Kammer zu einem reinen Service-Center umfunktionieren.

Geschäftsführerin setzt sich für Sparkurs ein

Allerdings steht das ehrenamtliche Präsidium mit seiner Absicht nicht alleine da: Auch Hauptgeschäftsführerin Degen hatte bei ihrer Amtsübernahme Anfang Dezember formuliert, sie wolle das Hauptamt der Kammer schlanker aufstellen und kostengünstiger arbeiten. Im Abendblatt sprach sie von einem „Anstoß“ zur Modernisierung des gesamten IHK-Systems in Deutschland.

Ein Problem ist neben der Finanzierung des laufenden Kammerbetriebs auch das hohe Aufkommen an Pensionsverpflichtungen, das bis 2028 auf 110 Millionen Euro anwachsen wird. Hiermit hat sich vor allem die von der Kammerführung eingesetzte Finanzkommission um den bekannten Hamburger Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann befasst. Diese hatte vorgeschlagen, die im Eigentum der Handelskammer befindliche Immobilie „Mönkedamm 7“ dem Vermögen der Pensionsverpflichtungen zuzuschlagen. Dieses Vermögen beträgt derzeit rund 80 Millionen Euro. Für weitere Maßnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz hat die Brinkmann-Kommission die Zusammenarbeit aller Kammergremien unter Einbeziehung externer Berater empfohlen. Dieser Empfehlung ist Präses Bergmann nun mit den zwei Ausschreibungen gefolgt.