Hamburg. Die Parteien in der Hansestadt erlebten 2017 einen enormen Zuwachs an Mitgliedern. Nur eine verliert leicht.

Ob „Schulz-Effekt“ oder G20, ob Twitter-Trump oder Bundestagswahl, ob Klimawandel oder Flüchtlingsfrage: Die politischen Großereignisse des Jahres 2017 haben jedenfalls dafür gesorgt, dass Politik bei den Hamburgern offensichtlich wieder angesagt ist.

Fünf von sechs in der Bürgerschaft vertretene Parteien haben 2017 massiv Mitglieder hinzugewonnen. Grüne, Linke und AfD in Hamburg haben sogar mehr Mitglieder als je zuvor. Einzig die CDU hat leicht verloren. Das ergab eine Umfrage des Abendblatts in den Parteizentralen. Die Ergebnisse im Einzelnen:

SPD: Innerhalb eines Jahres haben die Sozialdemokraten 900 Mitglieder zugelegt – von 10.400 Ende 2016 auf 11.300 Ende 2017. Das ist der größte Netto­zuwachs aller Hamburger Parteien. Damit hat die Hamburger SPD wieder das Mitgliederniveau erreicht, das sie zuletzt Anfang des Jahrtausends hatte.

„Offensichtlich haben die Ereignisse in den vergangenen Monaten dazu geführt, dass sich noch mehr Bürgerinnen und Bürger entschlossen haben, politisch aktiv zu werden und Haltung zu zeigen“, sagte Parteisprecher Lars Balcke. „Erfreulicherweise entschieden sie sich zahlreich für die SPD.“

Wer in die SPD eintritt, muss die Zustimmung des jeweiligen Distriktvorstands abwarten, bis er voll mitmischen kann – diese erfolgt innerhalb eines Monats. Wer ein Parteiamt antreten will, muss mindestens ein Jahr Mitglied der Partei sein. Ausnahmen sind möglich.

CDU: Ende des Jahres 2017 hatte die Hamburger CDU 7000 Mitglieder – 100 weniger als ein Jahr zuvor. Damit setzt sich der Trend fort: 2011, im Jahr des Machtverlusts, hatte die Partei noch 8600 Mitglieder, seitdem ging es stetig bergab.

Allerdings hat sich dieser Abwärtstrend zuletzt etwas abgeschwächt, wie Parteichef Roland Heintze betont. „Wir hatten 2017 knapp 400 Neueintritte und damit mehr als im Vorjahr. Das zeigt, dass wir im vergangenen Jahr mit unseren Inhalten und Köpfen mehr Hamburger überzeugen konnten. Trotzdem kommen auch wir nur schwer gegen den demografischen Trend an.“

Wer in die CDU eintritt, ist vollwertiges Mitglied, sobald der Kreisvorstand zugestimmt hat – das dauert maximal sechs Wochen. Um in ein Amt wählbar zu sein, muss man mindestens drei Monatsbeiträge entrichtet haben.


Grüne: Sprunghaft sind die Grünen, die jahrelang zwischen 1500 und 1600 Mitgliedern schwankten, 2017 auf 1818 Mitglieder gewachsen. Dieser Trend habe schon 2016 eingesetzt, sagt Parteisprecherin Sabine Lipphardt.

„Los ging es mit der Trump-Wahl und unserer gleichzeitig stattfindenden bundesweiten Neumitglieder-Kampagne. Diese Entwicklung hat sich im Wahljahr 2017 verstärkt fortgesetzt.“ Was besonders erfreulich sei: „Wir haben aktuell nicht nur einen überdurchschnittlichen Mitgliederzuwachs, sondern auch überdurchschnittlich motivierte und en­gagierte Neumitglieder.“

Über deren Beitrittserklärung entscheidet der zuständige Kreisvorstand in der Regel innerhalb weniger Tage – und damit ist man auch vollwertiges Mitglied.


Linke: Auch die Linkspartei hat 2017 um fast 200 Mitglieder zugelegt – von 1386 auf 1577. Das ist Rekord für die noch junge Partei, die 2012 bei 1100 Mitgliedern stand. Die Landessprecher Zaklin Nastic und David Stoop zeigten sich erfreut über die Entwicklung. „In den Auseinandersetzungen rund um die Bundestagswahl hat nur Die Linke eine Antwort für mehr solidarische Weltoffenheit und mehr soziale Gerechtigkeit gegeben.“

Das habe offensichtlich viele jüngere Menschen bewogen, sich in der Partei zu engagieren. Bei den Linken ist man sechs Wochen nach der Eintritts­erklärung vollwertiges Mitglied.


FDP: Die Liberalen legten von 1161 auf 1476 Mitglieder zu – ein Plus von 315 Köpfen oder 27 Prozent und damit relativ der größte Zuwachs aller Hamburger Parteien. „Das zeigt, dass wir im Bundestagswahlkampf auf die richtigen Themen gesetzt und die Bürgerinnen und Bürger eine liberale Kraft im Bundestag vermisst haben“, sagte die Landesvorsitzende Katja Suding.

„Besonders freuen wir uns, dass der Zuspruch auch nach dem Ende der Sondierungsgespräche anhält.“ Zuvor hatte die Partei jahrelang 1000 bis 1200 Mitglieder.


AfD: Die jüngste Partei in der Bürgerschaft ist mit 579 Mitgliedern auch die kleinste. Dennoch ist sie um 48 Personen gewachsen und hat damit mehr Mitglieder als je zuvor. „Der Trend bei den Zahlen zeigt nach oben“, sagte der Landesvorsitzende Dirk Nockemann. „Je stärker sich die Partei im seriösen Bereich der Politik etabliert, desto stärker wird das Interesse in der Gesamt­bevölkerung.“

Nockemann hat beobachtet, dass viele Interessenten letztlich vom Eintritt absehen: „Die Nachteile liegen auf der Hand. Sollte die Mitgliedschaft bekannt werden, befürchten die Interessenten massive Benachteiligungen sowohl im beruflichen Bereich als auch bei der Wohnungssuche.“