Hamburg. Die Vorsitzenden sind bei Postenbesetzung gegen ein Reißverschlussverfahren für Männer und Frauen.
Es ist ein mutiger und sehr weitgehender Vorstoß zur Frauenförderung in der Hamburger CDU – doch jetzt sieht es so aus, als ob am Ende wenig herauskommen wird. Frauen und Männer sollen nach dem Vorschlag der sogenannten „Lenkungsgruppe Teilhabe“ unter Vorsitz des Landesvorsitzenden Roland Heintze, wie berichtet, in wichtigen Gremien wie dem Landesvorstand, den Kreisvorständen und den Parteitagen zu gleichen Teilen wie Männer vertreten sein. Das Reißverschlussprinzip (Männer und Frauen im Wechsel) soll auch für Listenvorschläge zu den Bürgerschafts-, Bundestags- und Bezirkswahlen gelten.
Doch die Vorschläge, die in einem dem Abendblatt vorliegenden „Diskussionspapier: CDU Hamburg 2020“ zusammengefasst sind, haben vor allem bei den sieben Kreisvorsitzenden der Union ein kritisches Echo gefunden. „Es hat grundsätzliche, erhebliche Bedenken gegeben“, fasst der Harburger CDU-Kreisvorsitzende Ralf-Dieter Fischer die Stimmung unter den Kreischefs zusammen und fügt an: „Ich bin kein Befürworter der Frauenquote.“
Nicht genug aktive CDU-Frauen
Der Unions-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries, Vorsitzender der CDU Hamburg-Mitte, betont den gemeinsamen Willen, zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen. „Aber wir brauchen am Ende Regelungen, die praktikabel und rechtskonform sind“, sagt de Vries. So helfe es nichts, wenn jetzt die Hürde auf 50:50 laut Diskussionspapier heraufgesetzt werden solle, wo doch schon das von der Bundessatzung vorgegebene Drittelquorum bei vielen Aufstellungen trotz guten Willens nicht erfüllt werden könne.
Kommentar: Es wird kein Spaziergang
Das Problem sei besonders auf der Ebene der Ortsverbände, also an der Parteibasis, dass es häufig nicht genug aktive Frauen gebe, die bereit seien, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. „Dies kann man nicht einfach ignorieren. Es muss deshalb auch darum gehen, mehr Frauen zu Kandidaturen für Ämter und Mandate zu ermutigen“, sagt de Vries. Ein hochrangiges CDU-Mitglied nennt die Vorschläge „weltfremd und ohne Chance auf Realisierung“. Die verbreitete Stimmung in der Partei sei gegen die Einführung von Quoten. „Die Quote schafft nicht mehr Qualität. Auch viele Frauen sehen sie eher als Diskriminierung an“, ergänzt das Mitglied.
Schlappe für Heintze
Besonders schwierig ist die Lage für den CDU-Landeschef Heintze, der nun zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit eine parteiinterne Schlappe beim Thema Frauenförderung erlitten hat. Bereits im Dezember war ein Antrag des Landesvorstands zur Reform des Wahlausschusses kurzfristig von der Tagesordnung des Parteitages genommen worden, weil die erforderliche Zweidrittelmehrheit für die Satzungsänderung als unwahrscheinlich galt.
Heintze wollte die Frauenbeteiligung in dem Wahlausschuss (auch 17er-Ausschuss, erarbeitet einen Vorschlag für die Landesliste zur Bürgerschaftswahl) erhöhen – zuletzt waren nur zwei von 17 Mitgliedern weiblich. Doch die Idee, dass die sieben Kreisverbände der Union statt nur einen in Zukunft zwei Vertreter entsenden (davon verpflichtend eine Frau), stieß auf heftige Kritik der Jungen Union (JU). „Das Problem ist, dass unser Stimmrecht dadurch gemindert worden wäre“, sagt JU-Chefin Antonia Niecke. Die Vereinigungen in der CDU – wie die JU – sitzen nur mit einer Stimme im Wahlausschuss.
Gespräch Anfang Februar
„Das Einfachste wäre, wenn auch die Vereinigungen, wie die Junge Union, zwei Mitglieder entsenden dürfen“, sagt Niecke. Andererseits müsse beachtet werden, dass das Gremium arbeitsfähig bleibe und nicht zu groß werde. „Möglich ist auch, dass der Landesvorstand den Listenvorschlag erarbeitet, so wie es in anderen CDU-Landesverbänden der Fall ist.“ Heintze hat die Beteiligten für Anfang Februar zum Gespräch geladen, um eine Lösung zu finden.
Dass Frauen in der CDU unterrepräsentiert sind, wird nicht bestritten. Alle vier Bundestagsabgeordneten sind Männer, nur zwei der 20 Bürgerschaftsabgeordneten sind Frauen. Fast 40 Prozent der Parteimitglieder sind weiblich. Alle sieben Kreischefs und die meisten Stellvertreter sind Männer. „Ich wünsche mir, dass die Partei Mut zur Veränderung findet“, sagt Vize-Parteichefin Birgit Stöver, die der „Lenkungsgruppe Teilhabe“ angehört. Derzeit ist nur der Vorschlag unumstritten, die Zahl der Vize-Kreischefs von zwei auf drei zu erhöhen, wovon einer weiblich sein muss.