Hamburg/Cuxhaven. Mit orkanartigen Böen fegte “Burglind“ über den Norden. Am stärksten sind die Küsten betroffen. U1 in Hamburg zweimal unterbrochen.

Während in den Wäldern und Parks der Metropolregion Hamburg die Sturmschäden vom vergangenen Jahr noch nicht ganz beseitigt sind, kämpft der Norden mit dem ersten Sturmtief des Jahres. Mit orkanartigen Böen von mehr als 110 Kilometern pro Stunde ist Sturmtief „Burglind“ am Mittwoch über Norddeutschland gefegt.

An Niedersachsens Nordseeküste blies es am Mittwoch besonders heftig, Fähren fielen aus. Am Flughafen Hannover wurden Flüge gestrichen, weil Maschinen aus Amsterdam und Zürich schon an den Abflughäfen nicht abheben konnten. Der DWD warnte vor entwurzelten Bäumen, herabstürzenden Dachziegeln und umherfliegenden Gegenständen.

Orkanartige Böen an der Küste

Vor allem an der Küste gab es orkanartige Böen. Auf Spiekeroog wurde am Mittwoch in der Spitze eine Windgeschwindigkeit von 112 Kilometern pro Stunde gemessen, wie eine DWD-Sprecherin sagte. Im Binnenland wehte es meist etwas schwächer, aber ebenfalls stürmisch.

Dagegen blieb es in Hamburg bis zum Mittwochabend relativ ruhig: Die Böen erreichten hier bis zu 55 Kilometer pro Stunde (Windstärke 7). Nach den Vorhersagen soll die Windstärke bis kurz vor Mitternacht noch zunehmen, aber danach abflauen. Erst in der Nacht zu Freitag könnte der Wind in der Hansestadt wieder stärker werden. "Ein Sturm ist aber nicht zu erwarten", sagte DWD-Meteorologin Annett Püschel.

Unwetterwarnungen vor heftigem Wind aufgehoben

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat die Unwetterwarnungen vor Orkan und orkanartigen Böen am späten Mittwochabend vorerst aufgehoben. Es könne aber noch Sturmböen geben, sagte ein DWD-Meteorologe. Zuletzt hatten für die Nordseeküste und den Alpenrand noch Unwetterwarnungen wegen Windes gegolten. Die Entwarnung bezog sich allerdings nicht auf anhaltenden Regen und Tauwetter. In mehreren Bundesländern rechnete die Feuerwehr noch mit steigenden Pegelständen der Flüsse.

Entwässerungsgräben in Hamburg laufen voll

In Hamburg waren die Auswirkungen am späten Mittwochabend denn auch verhältnismäßig gering: Bis 23 Uhr hatte die Feuerwehr nur an einigen Stellen mit den heftigen Regenfällen zu kämpfen. "Einige Entwässerungsgräben in Sasel und Volksdorf sind vollgelaufen, wir sind derzeit vor Ort und pumpen ab", sagte ein Sprecher des Lagedienstes der Feuerwehr Hamburg.

70 Meter hohes Windrad umgekippt

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© dpa

In Niedersachsen hat der Sturm Im Landkreis Schaumburg um 13.30 Uhr eine Windanlage umgeworfen.Menschen seien bei dem Vorfall in Volksdorf nicht verletzt worden, teilte Polizeisprecher Axel Bergmann mit. „Die Anlage stand in ausreichender Entfernung von Häusern, so waren keine Menschen gefährdet“, sagte er.

Auslöser sei vermutlich ein technischer Defekt gewesen, erklärte Bergmann. So habe sich die Anlage nicht in den Wind drehen können. Nach ersten Erkenntnissen sei zunächst ein Rotorblatt abgebrochen. „Dann stürzte durch die Sturmbelastung der gesamte Turm um“, sagte Bergmann. Das Windrad sei rund 70 Meter hoch gewesen, hatten die „Schaumburger Nachrichten“ zuvor über Twitter gemeldet.

Satellitenfilm zum Orkantief

S-Bahn drosselt Tempo

Schon ab dem Mittag hatte sich die Hamburger S-Bahn auf den Sturm eingestellt. Es komme bei der S3 zwischen Neugraben und Stade aufgrund von "präventiven Geschwindigkeitsbegrenzungen" wegen der Wetterlage zu Verspätungen, teilte die Bahn am Mittag mit. Die Züge wendeten in Neugraben, so dass Fahrgäste der S3 Richtung Stade und Hamburg dort umsteigen mussten.

Glosse: Sturmwarnung bei der S-Bahn

Probleme auf der Linie U1

Auch bei der Hochbahn kam es zu Einschränkungen: Die U-Bahnlinie U1 musste wegen eines umgestürzten Baumes zwischen Fuhlsbüttel-Nord und Ochsenzoll ab kurz vor Mitternacht unterbrochen werden. Auf diesem Abschnitt wurden ersatzweise Busse und Taxis eingesetzt. Am frühen Donnerstagmorgen fuhr die U1 wieder auf der ganzen Linie – bis eine Weichenstörung auf besagtem Abschnitt erneut für eine Unterbrechung sorgte.

Airport streicht Flüge

Am Hamburg Airport wurden wetterbedingt bis zum frühen Abend drei Starts und vier Ankünfte gestrichen. Am Morgen war es ein Flug nach Amsterdam, im weiteren Tagesverlauf wurden sicherheitshalber zwei Starts nach London-Heathrow und nach Basel vom Flugplan genommen. "Daneben kam es zu kleineren Verzögerungen bei Starts und Landungen, aber nichts Gravierendes", so eine Sprecherin.

Die Deutsche Bahn hat unterdessen zusätzlich Reparaturtrupps und -fahrzeuge bereitgestellt, um eventuelle Sturmschäden an Oberleitungen rasch beseitigen zu können. "Wir haben die Rufbereitschaft verdoppelt und beobachten die aktuelle Wetterentwicklung", sagte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis dem Abendblatt. Anders als in Nordrhein-Westfalen gebe es aktuell rund um Hamburg noch keine Störungen im Fernverkehr.

Fährverkehr nach Helgoland eingestellt

Bis zum Mittag war noch die Fähre
Bis zum Mittag war noch die Fähre "Funny Girl" im Einsatz (Archivbild) © dpa/christian Charisius

"Burglind" hat in Niedersachsen auch zu ersten Ausfällen von Fähren geführt. In Cuxhaven wurde am Mittag die einzige Insel-Fährverbindung nach Helgoland vorsorglich eingestellt. Einige Urlauber seien bereits am Dienstag abgereist, andere würden zurück fliegen oder länger bleiben, sagte eine Sprecherin auf der Hochseeinsel. Bis zum späten Mittag war mit der „Funny Girl“ noch ein kleineres Schiff im Helgoland-Einsatz. Doch wegen der stürmischen Wetterlage musste das Schiff dann auch im Hafen bleiben, wie die Reederei Cassen Eils auf ihrer Homepage mitteilte. Die größere Fähre „Helgoland“ war am Sonntag beim Anlegen beschädigt worden und liegt in einer Reparaturwerft.

Hochwasser am Hamburger Fischmarkt erwartet

Früher abgereist sind auch einige Gäste auf der Insel Wangerooge. Dort fielen wegen Hochwasser zwei Verbindungen vom und zum Festland aus. Je eine Abfahrt wurde auch von Spiekeroog nach Neuharlingersiel und umgekehrt gestrichen.

„Die Urlauber wussten aber seit Dienstag Bescheid und haben sich darauf eingestellt“, sagte eine Touristik-Sprecherin. Einschränkungen gab es zudem bei den Fähren nach Langeoog und Norderney. In der Region Hannover stürzte ein Baum auf die Bahngleise, zwischen Weetzen und Haste verkehrten deshalb vorübergehend Busse.

Für Mittwoch und Donnerstag warnte der Landesbetrieb NLWKN im ostfriesischen Norden vor der Gefahr einer leichten Sturmflut. Dabei könnten Strände, ufernahe Gebiete und Hafenflächen überflutet werden. Das Nachthochwasser zum Donnerstag sollte bis zu 1,5 Meter über dem mittleren Hochwasserstand liegen.

In Hamburg machte sich das Sturmtief zumindest im Hafen deutlich bemerkbar: So lief das Hochwasser gegen 18 Uhr am Pegel St. Pauli 1,14 Meter über dem mittleren Hochwasser auf, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mitteilte. Für das Hochwasser am frühen Donnerstagmorgen (5.43 Uhr) rechnet das BSH mit einer Sturmflut von mehr als 1,50 Metern über dem mittleren Hochwasser – bei einem solchen Wert kann Wasser auf Teilen des Fischmarkts stehen. Am Mittwoch soll das Hochwasser am Pegel St. Pauli gegen 17.23 Uhr um gut einen Meter über dem mittleren Hochwasser auflaufen, heißt es bei der Wasserstandsvorhersage des BSH.

Die Namensgeberin von „Burglind“

Sturmtief „Burglind“ verdankt seinen Namen übrigens einer Berlinerin. Sie habe sich die Wetterpatenschaft für das zweite Tiefdruckgebiet dieses Jahres selbst geschenkt, sagte eine Mitarbeiterin des Instituts für Meteorologie der Freien Universität (FU) Berlin am Mittwoch.

In diesem Jahr bekommen die Tiefs weibliche Namen, die Hochs männliche. Begonnen wird am Jahresanfang immer mit „A“. Dann geht es in alphabetischer Reihenfolge weiter. „Burglind“ ist bereits das Tief „Alja“ vorausgegangen. Das erste Hoch des Jahres wird „Adam“ heißen.

Patenschaften für Hochdruckgebiete kosten den Angaben nach 299 Euro, bei den Tiefdruckgebieten sind es 199 Euro. In diesem Jahr werden noch Namensgeber für Tiefdruckgebiete mit den Anfangsbuchstaben „Q“ und „X“ gesucht. Bei den Hochdruckgebieten sind noch Patenschaften mit den Anfangsbuchstaben „Q“, „X“, „Y“ und „Z“ zu haben.