Hamburg. Die Staatsanwaltschaft greift jetzt bei Betrügern, Drogendealern und anderen Kriminellen sogar auf Immobilien zu.

Verbrechen darf sich nicht lohnen. Wer meint, durch Straftaten an das schnelle Geld kommen zu können, riskiert neuerdings nicht nur deutliche juristische Sanktionen wie hohe Geldstrafen oder sogar eine lange Zeit im Gefängnis. Jetzt geht es Betrügern, Drogendealern und anderen Kriminellen auch noch zusätzlich ans Portemonnaie: Alles, was ein Täter aus einer Straftat erlangt, kann von der Staatsanwaltschaft gesichert und eingezogen werden. Grundlage dafür ist ein neues Recht im Rahmen der sogenannten Vermögensabschöpfung.

Ein Gericht entscheidet über diese Maßnahme, die Staatsanwaltschaft vollstreckt sie, zieht Vermögenswerte aller Art ein. „Das betrifft Geld, Autos, alle möglichen Wertgegenstände oder auch Vermögensvorteile jeder Art“, erläutert Ewald Brandt, Leitender Oberstaatsanwalt in Hamburg. Die Eigentumswohnung, das Auto, Schmuck oder das Girokonto: Auf alles kann die Strafverfolgungsbehörde zugreifen, wenn sich jemand aus einer Straftat bereichert hat. „Damit hat der Gesetz­geber ein effektives Instrument in der Verbrechensbekämpfung geschaffen“, erklärt Brandt.

Großteil des Geldes geht an Opfer

„Wir betreiben die Strafverfolgung und beschlagnahmen zugleich illegal erlangte Vermögens­teile. Ein Großteil des Geldes wird an die Opfer einer Straftat ausgekehrt, beispielsweise beim Betrug. Die Geschädigten sollen zu ihrem Recht kommen. Das ist effizienter Opferschutz.“ Teilweise profitiert aber auch der Hamburger Haushalt von der Vermögensabschöpfung. Und vollständig kommt das Geld dem Fiskus in den Fällen zugute, in denen es keine direkten Opfer von Straftaten gibt, wie beispielsweise beim Drogenhandel.

Wie energisch die Staatsanwaltschaft bei der Vermögenseinziehung gegen Verbrecher vorgeht, hat unter anderem ein Rauschgiftdealer zu spüren bekommen. Nachdem der Mann bereits zu einer mehr als zehnjährigen Freiheitsstrafe unter anderem wegen Handeltreibens verurteilt worden war, betrieb die Strafverfolgungsbehörde die Einziehung der illegalen Gewinne. Die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung, die der Straftäter besaß, wurde angeordnet – zugunsten der Stadt Hamburg als Gläubigerin. Der Verurteilte versuchte, dagegen vorzugehen, vergebens. „Wir greifen auf den Wertersatz zu“, erläutert der Leitende Oberstaatsanwalt. „Wir müssen in diesem Fällen nicht nachweisen, dass die Immobilie mit Drogengeld finanziert wurde.“

Luxuslimousine beschlagnahmt

Auch beispielsweise bei einem Betrüger griff die Staatsanwaltschaft Gewinne ab. Der Mann hatte bei Ebay etliche Gegenstände wie Nähmaschinen, Fußballtickets oder Angelgeräte angeboten und von seinen Kunden Geld überwiesen bekommen. Ihre Waren bekamen die Kunden nie. In 14 Fällen entstand so ein Gesamtschaden von knapp 4500 Euro. „Der Täter war mittlerweile unbekannten Aufenthalts, aber er hatte noch ein Girokonto“, erzählt Brandt. „Auf das haben wir zugegriffen und die vorhandenen knapp 3000 Euro gesichert. Die werden nun anteilig an die Opfer ausgekehrt.“ Auch die Opfer eines sogenannten Enkeltrick-Betrügers können auf diese Weise ihr Geld zurückbekommen. Bei einem Täter, Mitglied einer internationalen Bande, stellte die Staatsanwaltschaft eine Luxuslimousine, seinen hochwertigen Mercedes, sicher, der jetzt veräußert wird, um die Opfer entschädigen zu können.

„Früher war es oft so, dass bei den Tätern angeblich nichts zu holen war“, so Brandt. „Aufgrund der neuen Rechtslage können wir jetzt versteckte Gelder und versteckte Vermögen aufspüren, beispielsweise mit Durch­suchungen. Das macht mehr Arbeit, ist jedoch im Sinne der Verbrechens­bekämpfung und des Opferschutzes nur folgerichtig.“ Bei Fällen, in denen aber offensichtlich wirklich keine Werte vorhanden sind, „werden wir keine unnötigen Anstrengungen machen. Wir können Unmögliches nicht durchsetzen“.

Segelyacht eines Kokaindealers eingezogen

Schon in der Vergangenheit hatten Verbrecher zu spüren bekommen, dass der Staat energisch dagegen vorgeht, dass jemand von einer Straftat profitiert. So wurde beispielsweise von einem Kokaindealer eine Segelyacht eingezogen, die er für 60.000 Euro erworben hatte. Der Mann hatte rund 80 Kilogramm Kokain auf der Yacht versteckt und wollte die Drogen von Südamerika nach Europa schmuggeln. Er wurde jedoch festgenommen und später zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Kokain und das Schiff wurden als Tatmittel sichergestellt, die Yacht versteigert und der Erlös vom Hamburger Haushalt vereinnahmt.

Auch in Bezug auf Grundstücke kann der Staat Vermögen sichern. Beabsichtigt ein Täter beispielsweise, sich durch eine illegale Abholzung einen Seeblick oder – in Hamburg begehrt – einen freien Elbblick zu verschaffen und setzt dies dann auch um, tritt dadurch zugleich eine Wertsteigerung des Grundstücks ein. Diese kann nach dem neuen Recht „abgeschöpft werden“. Ein gerichtlicher Arrestbeschluss wird dann als Sicherungshypothek eingetragen. Mit rechtskräftigem Strafurteil wird der gesicherte Geldbetrag dann endgültig eingezogen.