Hamburg. Polizei erfasst 17.706 Straftaten in elf Monaten. Speziell eingerichtete Taskforce Betäubungsmittel hatte 235 Schwerpunkteinsätze.
St. Georg hat viele Facetten. Die Flaniermeile Lange Reihe mit Szenebars, schicken Restaurants und teuren Altbauwohnungen ist die eine Seite des Stadtteils. Aber es gibt auch den Hansaplatz und die umliegenden Straßen, in denen Drogenhandel und Prostitution an der Tagesordnung sind. Die Polizei hatte deshalb eigens eine Taskforce Betäubungsmittel (BtM) gegründet, die an diesem Brennpunkt seit April 2016 im Einsatz ist. Die Zahlen zeigen: Allein im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. November dieses Jahres wurden in St. Georg 17.706 Straftaten erfasst, davon 565 Fälle von „unerlaubtem Handel mit und Schmuggel von Rauschgiften“.
Im gesamten Jahr 2016 wurden laut Kriminalstatistik in St. Georg insgesamt 19.203 Straftaten festgestellt. Zum Vergleich: Auf St. Pauli waren es 20.164, in Billstedt 7547, in der Altstadt 7831 und in Altona-Altstadt 4822.
Im Rahmen der Taskforce gab bis Ende November 235 Schwerpunkteinsätze in St. Georg, an denen 5635 Polizeikräfte beteiligt waren. Die Polizei führte am Hansaplatz und in den angrenzenden Straßen neben Präsenzmaßnahmen lageabhängig gezielte Maßnahmen wie Razzien und Durchsuchungen durch. Das ist der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Markus Schreiber zu entnehmen, die dem Abendblatt vorliegt.
Insgesamt wurden von Januar bis Ende November 25.191 Identitäten von Personen festgestellt, 1786 Platzverweise erteilt und 10.372 Aufenthaltsverbote ausgesprochen. Ein Aufenthaltsverbot kann für mehrere Stunden und einen größeren Bereich ausgesprochen werden. Es kam zu 625 Ingewahrsamnahmen und 275 vorläufigen Festnahmen. Außerdem gab es 99 Zuführungen, in 85 Fällen wurde Haftbefehl erlassen.
10.372 Aufenthaltsverbote
Auch diese Angaben gehen aus der Antwort des Senats auf die Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Schreiber hervor, der dem Abendblatt sagte: „Die Zahlen sind beeindruckend und zeigen, dass die Polizei erkannt hat, dass in St. Georg dringender Handlungsbedarf besteht. Drogenhandel und Prostitution sind hier verboten, und deshalb ist es wichtig, dass die Polizei durchgreift und vor allen Dingen vor Ort Präsenz zeigt.“
Der 57-jährige Sozialdemokrat hatte in seiner Zeit als Bezirksamtsleiter von Mitte maßgeblich den mehrere Millionen Euro teuren Umbau des Hansaplatzes vorangetrieben. Doch auch nach der Neugestaltung ist dieser Standort – zum Leidwesen vieler Hamburger – ein beliebter Platz von Trinkergruppen, Drogenabhängigen und Prostituierten. „Die Polizei hat in St. Georg noch viel zu tun. Deshalb sollte auch die Taskforce immer in voller Stärke im Stadtteil präsent sein, um eine abschreckende Wirkung auf die Kriminellen auszuüben. Die Menschen sollen sich hier auch in den Abendstunden sicher fühlen“, sagte Schreiber. St. Georg sei auch bei Touristen sehr beliebt und damit eine Visitenkarte der Stadt, so Schreiber weiter.
Wie aus der Antwort des Senats hervorgeht, schwankt die Zahl des eingesetzten Personals deutlich. Die Kräfte der Taskforce Betäubungsmittel würden „lageabhängig auch in anderen Gebieten eingesetzt“, heißt es. So standen beispielsweise im Januar 320 Polizisten zur Verfügung, im April waren es acht, im Mai 27 und im November 192.
Kritik kommt von CDU-Innenexperte Dennis Gladiator: „Die Arbeit der Taskforce unterstützen wir, und wir fordern auch ein konsequentes Vorgehen“, sagte er. „Dazu muss aber durchgehend ausreichend Personal vor Ort sein. Genau da liegt das Problem. Aufgrund des Personalmangels werden immer wieder Beamte abgezogen.“
CDU fordert mehr Personal
Der Senat müsse endlich für ausreichend Personal sorgen, um die Kriminalität wirksam bekämpfen zu können, sagte Gladiator. „Leider hat der Senat die Taskforce erst eingeführt, als sich die Drogenszene schon verfestigt hatte“, wirft der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Bürgerschaftsfraktion Rot-Grün vor.
Laut Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) dürfe allerdings eines nicht vergessen werden: St. Georg werde auch bei massiver Polizeipräsenz immer der Stadtteil sein, in dem der Hauptbahnhof liegt. Und es sei wohl in allen deutschen Großstädten so, dass vor allem im Bahnhofsviertel Prostituierte und Drogenhandel nur schwer zu vertreiben sind. „Der Hansaplatz wird nie der Kurpark von Bad Pyrmont werden“, sagte Droßmann dem Abendblatt. „Wer hier mitten in der pulsierenden Stadt leben möchte, muss sich eben auch mit einigen Schattenseiten arrangieren.“