Hamburg. Wegen erheblicher Mängel wird das bereits übernommene Schiff wieder an die Werft zurückgegeben. Arbeiter warnten früh.

Neuer Schock für Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss. Nachdem der Schiffbaubetrieb in diesem Jahr bereits sein Personal abbauen und sich verkleinern musste, gibt es jetzt Ärger mit dem größten Kunden. Die Bundeswehr wird erstmals ein bereits übernommenes Schiff wieder an die Werft zurückgeben. Grund sind erhebliche Mängel. Dabei geht es um die erste von vier Fregatten des Typs F125 mit dem Namen „Baden-Württemberg“. Das Schiff sollte eigentlich schon im Sommer 2017 an die Marine übergeben werden. Wegen erster Mängel verspätete sich der Termin. Nach Reparaturen befand sich das Schiff zuletzt seit Wochen auf Probefahrten in der Nordsee, vor Norwegen und vor Kiel. Ergebnis: Hardware und Software funktionieren nicht zuverlässig. Die Marine lehnt eine Indienststellung derzeit ab.

Die Arbeitsgemeinschaft (Arge) F125 habe jetzt die Möglichkeit, die Fehler zu beheben, sagte das zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Nutzung und Informationstechnik der Bundeswehr (BAAINBw). Die Arge besteht aus den Unternehmen Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS/Kiel), Lürssen (Bremen) und Blohm + Voss, die inzwischen zu Lürssen gehört. Wie lange die Mängelbeseitigung dauern wird, ist unklar. Die Arge teilte am Freitag mit, sie plane nun die „Baden-Württemberg“, im kommenden Jahr abzuliefern. Der Bau der folgenden drei Schiffe sei von den Verzögerungen unberührt. Sie würden bis 2020 übergeben.

Mängelliste offenbar erheblich

Da es sich um keine Massenware, sondern um ein völlig neues Schiff handele, seien solche Verzögerungen nicht ungewöhnlich, sagte ein Sprecher des Rüstungsamtes. „Es handelt sich um das komplexeste Waffensystem, das wir derzeit auf dem Wasser haben, mit völlig neuer Technologie.“ An erster Stelle müsse aber der Schutz der Soldaten im Einsatz stehen, deshalb würde das Schiff erst abgenommen, wenn alle Systeme 100-prozentig funktionierten.

„Wir erheben keine Vorwürfe gegen die Arge“, sagte ein Sprecher der Marine dem Abendblatt. Die Rückführung unter die Flagge der Werft sei ein üblicher Vorgang, wenn sich in der Erprobung herausstellt, dass Nacharbeiten notwendig seien. Das Schiff sei noch gar nicht abgenommen worden.

Nach Information des Abendblatts ist die Mängelliste aber erheblich: Es fing an mit der Brandschutzbeschichtung, die sich wieder löste, dazu kamen Generatorenausfälle, die Automatisation funktioniert noch nicht richtig, bei den Beibooten gab es Probleme und auch bei der Verkabelung.

Werftarbeiter erheben Vorwürfe

Zuständig ist für diese Probleme die Ausrüstungswerft – und das ist Blohm + Voss. Aber ist sie auch verantwortlich? Fragt man die Werftarbeiter, bekommt man anderes zu hören. Seit Monaten warnen sie, dass das Projekt nicht rund laufe, da die Abstimmung mit TKMS problematisch sei. „Da wurden morgens klare Arbeitsaufträge erteilt, die am Mittag schon wieder überholt waren“, sagte ein Mitarbeiter dem Abendblatt. Hinzu seien Probleme mit den Zulieferern gekommen. Auch Lürssen ist an der Situation offensichtlich nicht unschuldig. Der neue Eigentümer von Blohm + Voss habe sich von zahlreichen Mitarbeitern getrennt und viele Leiharbeiter entlassen, heißt es. „Um die Arbeiten dennoch zu schaffen, wurden Aufträge an Fremdfirmen vergeben – und denen fehlt das notwendige Wissen“, so ein Mitarbeiter.

TKMS will auf die Vorwürfe nicht eingehen. Vom Koordinator der Arge heißt es lediglich, dass es sich bei der „Baden-Württemberg“ um ein neu konzipiertes, technisch anspruchsvolles Schiff handele. „Bei einem solchen Großprojekt lassen sich Verzögerungen nie gänzlich ausschließen“, so ein Sprecher. Lürssen selbst äußert sich nicht, sondern verweist auf TKMS. Ob die Werften jetzt Konventionalstrafen an die Bundeswehr zahlen müssen, ist offen. „Die rechtliche Frage haben wir noch gar nicht bewertet“, so der Sprecher des Rüstungsamtes.

Auftrag für neue Großyacht

Besser läuft es für Blohm + Voss im zivilen Schiffbau. Neben dem wieder anziehenden Reparaturgeschäft hat die Werft kürzlich den Auftrag zum Bau einer neuen Großyacht erhalten. Rumpf und Aufbauten werden bei der Kleven Werft in Norwegen gefertigt, die finale Ausrüstung und Ablieferung erfolgt dann in Hamburg.

Die vier Fregatten der „Baden-Württemberg“-Klasse sind größer als die bisherigen Fregatten der Bundeswehr, benötigen aber aufgrund des hohen Grades an Automatisation mit 120 Mann Besatzung weniger Personal als ältere Baureihen. Anders als frühere Fregatten wurde die F125 nicht nur entwickelt, um gegen andere Schiffe, U-Boote und Flugzeuge eingesetzt zu werden, sondern auch um zum Beispiel gegen Terroristen, Bürgerkriegsparteien oder Piraten zu bestehen. Bordsysteme sollen lange funktionieren. Die Bundeswehr rechnete eigentlich mit wartungsfreien Einsatzzeiten von zwei Jahren.