Hamburg. Obwohl Hamburg wächst und die Zahl der Fahrzeuge zunimmt, rüstet die Polizei nicht entsprechend auf. Unfälle auf Rekordhoch.
Obwohl die Zahl der Kraftfahrzeuge stetig wächst, Hamburg nach einer Erhebung der Versicherer die deutsche „Raser-Hauptstadt“ ist und die Zahl der Verkehrsunfälle einen neuen Höchststand erreicht hat, gibt es immer weniger Großkontrollen der Polizei. Bis Ende Oktober hat es lediglich 30 solcher stadtweiten Verkehrskontrollen in Hamburg gegeben. Bis zum Jahresende soll die Zahl zwar noch auf 45 steigen, das wäre dennoch der niedrigste Wert seit Regierungsübernahme der SPD im Jahr 2011. Seither hatte es jeweils zwischen 60 und 77 solcher Großkontrollen gegeben. Das ergibt sich aus der Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering.
Die Senatsantworten der jüngeren Zeit zeigen, dass die Polizei trotz des stetig wachsenden Verkehrsaufkommens bei Personal und Technik nicht entsprechend aufrüstet. So liegt die Zahl der mit mobilen Geschwindigkeitsmessgeräten ausgestatteten Fahrzeuge seit 2011 konstant bei 13 – und drei davon sind derzeit gar nicht in Betrieb. Auch die Zahl der Polizeieinsätze mit dem Videonachfahrsystem (ProViDa) ist in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen. Gab es im Jahr 2011 noch 1525 solcher Einsätze, so sank die Zahl bis auf 927 im Jahr 2016. Im laufenden Jahr hat die Polizei das Videonachfahrsystem bis Ende Oktober lediglich 809-mal eingesetzt.
Auch in anderen Bereichen weniger Kontrollen
Auch in anderen Bereichen gab es zuletzt trotz wachsenden Verkehrs teilweise weniger Kontrollen. So sank die Zahl der mobilen Radarkontrolleinsätze im Jahr 2016 mit 4606 auf den niedrigsten Stand seit 2011. Auch gab es im vergangenen Jahr deutlich weniger Rotlichtkontrollen als noch 2015. Parallel ist die Zahl der Unfälle, wie berichtet, im ersten Halbjahr 2017 auf einen neuen Höchststand gestiegen. Insgesamt 33.797 Unfälle registrierte die Polizei von Januar bis Juni in der Hansestadt. Das ist eine Zunahme von fast sieben Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2011. Insgesamt 4708 Menschen kamen bei Unfällen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres zu Schaden. Die Zahl der Verkehrstoten stieg von neun im ersten Halbjahr 2016 auf jetzt 15. Bedenklich ist auch die Zunahme bei den Unfällen, in die junge Verkehrsteilnehmer verwickelt waren. 295 Kinder wurden im ersten Halbjahr 2017 Opfer des Verkehrs in Hamburg. Zwischen Januar und Juni 2016 waren es noch 271.
Trotz dieser unschönen Entwicklung plant der Senat laut der aktuellen Antwort auf die CDU-Anfrage keine personelle Verstärkung im Bereich der mobilen Verkehrsüberwachung. Im Gegenteil: Die Zahl der für Verkehrskontrollen eingesetzten Polizisten ist seit 2011 trotz der wachsenden Bevölkerung und Zahl der Kraftfahrzeuge sogar gesunken. Gab es dort Anfang 2011 noch rund 145 sogenannte „Vollzeitäquivalente“ so sind es laut Senatsantwort Stand November 2017 nur noch 131 volle und besetzte Stellen.
CDU: Mehr Kontrollen vor Kindergärten
„Hamburg ist die Raserhauptstadt unter den deutschen Großstädten und die Zahl der Verkehrsunfälle steigt von Jahr zu Jahr sprunghaft an“, sagt CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering. „Dass sich die kürzlich vom Senat angekündigte Blitzer-Offensive jetzt als reiner PR-Gag entpuppt, ist erschreckend. Das zeigt sich auch an der Tatsache, dass in der Verkehrsdirektion heute fast 15 Vollzeitkräfte weniger arbeiten als noch 2011. Anstatt ernsthaft gegen die notorischen Raser vorzugehen, belässt es der Senat lieber bei minimalen kosmetischen Aktionen“, so der CDU-Politiker.
„Diese Augenwischerei, zulasten der Verkehrssicherheit in unserer Stadt, muss jetzt endlich ein Ende haben. Es ist besorgniserregend, dass die Zahl der Verkehrsunfälle steigt und der Senat bei den Großkontrollen und den Kontrollen mit dem Videonachfahrsystem deutlich hinter den Vorjahren zurückbleibt.“ Es zeige sich, „dass die Verkehrssicherheit bei dem rot-grünen Senat auf der Strecke bleibt“. Die CDU erwarte, dass der Senat die Raser-Kontrollen insbesondere vor Kindergärten, Schulen, Altenheimen und an Gefahrenschwerpunkten deutlich und nachhaltig erhöhe.
Ausweitung der Kontrollen geplant
Der Senat betont in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage, dass das „Fahren mit überhöhter oder nicht angepasster Geschwindigkeit eine der Hauptursachen von Verkehrsunfällen mit Personenschäden darstellt“. Die Polizei setze daher „einen ihrer Schwerpunkte in der Geschwindigkeitsüberwachung“. So seien 2016 insgesamt „268.864 Geschwindigkeitsverstöße durch stationäre Anlagen und 218.865 durch mobile Kontrollen der Polizei gemessen und angezeigt“ worden. Zudem seien 2017 an fünf neuen Standorten stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen aufgestellt und die Anlagen an fünf bestehenden Standorten mit moderner Technik ausgestattet worden, so der Senat. „Es ist daher mit einer Steigerung der gemessenen Geschwindigkeitsverstöße zu rechnen.“
Zudem plane die Polizei eine deutliche Ausweitung der Kontrollen in den letzten Wochen des Jahres 2017. So solle die „angekündigte Erhöhung des Überwachungsdrucks erreicht“ werden, heißt es in der Senatsantwort. „Daher werden mit allen hierfür verfügbaren Kräften der Verkehrsdirektion zu unterschiedlichen Tageszeiten verstärkt mobile Geschwindigkeitskontrollen im Rahmen der technischen und personellen Ressourcen durchgeführt.“ Dazu würden auch „verstärkt Mitarbeiter der Polizeikommissariate auf örtlicher Ebene bei Geschwindigkeitsmessungen mit den Handlaser-Messgeräten eingesetzt“.