Hamburg. Genossenschaften bieten Wohnungen für 6,37 Euro pro Quadratmeter auch für Nicht-Mitglieder. In welchem Stadtteil das möglich ist.
Steigende Mieten, wenige Angebote – und das bei einer wachsenden Stadt: Die Wohnungssuche in Hamburg gestaltet sich oft mühsam. Und nun warnt der Mieterverein (wie berichtet) auch noch vor einem Mietenspiegel, der weitere Erhöhungen erwarten lasse.
Zwischen Eigentum und Miete
Eine Alternative können da Wohnungsgenossenschaften sein. Sie müssen nicht die hohen Renditen privater Investoren erzielen und bieten so etwas wie einen dritten Weg zwischen Mieten und Eigentum an. Eine der ältesten und größten in Hamburg ist der Altonaer Spar- und Bauverein (Altoba), der in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen feiert. Ein Interview mit den beiden Altoba-Vorständen Burkhard Pawils und Thomas Kuper über Chancen und Nutzen für potenzielle Mieter.
Baugenossenschaften gelten als Alternative zum privatwirtschaftlichen Wohnungsmarkt, wie stark ist denn da so das Interesse der Hamburger?
Thomas Kuper: Die Altoba hat mittlerweile rund 12.000 Interessierte, die auf einer Warteliste stehen, hinzu kommen 2000 Mitglieder, die suchen. Bei 6700 Wohnungen der Altoba.
Hat man denn da als neues oder auch nur potenzielles Mitglied überhaupt eine Chance?
Thomas Kuper: Doch schon, das hängt von den Wünschen ab.
Also nicht jeder sucht das, was angeboten wird?
Burkhard Pawils So ungefähr, ich will das einmal an einem Beispiel erklären: von Januar bis Oktober in diesem Jahr haben wir 360 Wohnungen neu vermietet – davon 150 an Neumitglieder.
Wie passt das denn zusammen?
Burkhard Pawils: Mitglieder auf der Warteliste haben oft spezielle Vorstellungen, sie wollen sich vielleicht vergrößern, aber in der Gegend bleiben oder sogar im selben Gebäude wie bisher. Deshalb gibt es immer auch eine Chance für neue Mitglieder, vor allem bei Neubauprojekten.
Aber gibt es nicht in gesamt Hamburg einen angespannten Wohnungsmarkt, der es schwer macht, etwas zu finden ?
Thomas Kuper: Ganz ausdrücklich: nein. Überall gibt es diesen angespannten Markt nicht. Grundsätzlich, würde ich sagen, ist es überall möglich, eine Wohnung zu finden, ganz besonders natürlich außerhalb der inneren Stadt. Man muss nur flexibel sein.
Nun sind aber vielerorts die Mieten stark gestiegen, der Senat verfolgt daher das Ziel, dass das Bauen so günstig werden kann, dass wieder Kaltmieten für 8 Euro pro Quadratmeter möglich sind.
Burkhard Pawils: Man muss nicht wohnungswirtschaftlich ausgebildet sein, um zu erkennen, dass das nicht geht. Um wieder ein Beispiel zu nennen: In Osdorf haben wir für ein Gebäude eine Aufstockung geprüft. 3000 Euro Baukosten pro Quadratmeter haben die Planer angesichts heutiger Baukosten da kalkuliert. Wir rechnen dann mit vielleicht vier Prozent für Finanzierung und Verwaltung: Dann kommen Sie mindestens auf 10 Euro pro Quadratmeter, die eine Wohnung dort kosten muss – auch bei einer Wohngenossenschaft und ganz ohne privatwirtschaftliche Renditenerwartung.
Und diese 10 Euro kann in Hamburg keiner zahlen?
Burkhard Pawils: Ich fürchte, das möchten viele Mietinteressierte nicht zahlen, jedenfalls nicht in Osdorf. Da sich das Interesse zurzeit eben stark auf bestimmte, nachgefragte Stadtteile konzentriert, rechnen wir mit Schwierigkeiten, diese Wohnung dort zu vermieten.
Welchen Vorteil hat man eigentlich, wenn man eine Wohnung bei einer Genossenschaft bewohnt?
Thomas Kuper: Es ist der dritte Weg zwischen Eigentum und Miete. Man hat ein Dauerwohnrecht, es gibt keine Eigenbedarfskündigung, keine Umwandlung in Eigentumswohnungen und eben günstige Mieten, die wir Nutzungsgebühren nennen.
Warum bauen Genossenschaften denn nicht mehr, gerade auf freien Grundstücken in den begehrten Lagen?
Thomas Kuper: Das ist eben oft eine Sache des Grundstückspreises, da können wir mit Investoren, die auch Eigentumswohnungen verkaufen, nicht immer mithalten.
Zum Beispiel?
Thomas Kuper: Zum Beispiel beim Holstenquartier hier mitten in Altona. Da hatten wir mitgeboten, konnten aber bei den Summen eben nicht zum Zuge kommen.
Der Mieterverein fordert zudem eine schärfere Mietpreisbremse.
Burkhard Pawils: Bei der Altoba spielt die Begrenzung nahezu keine Rolle, weil sie sowieso gewährleistet wird. Aber auch bei Privatvermietern entfaltet sie unseres Erachtens keine Wirkung, um Wohnungssuchende mit kleinerem Budget zu versorgen. Der Privatanbieter entscheidet sich auch dann für den solventen Mieter. Im Ergebnis führt die Mietpreisbremse zur Ersparnis, wenn man ein ausreichendes Budget hat – und erschwert aber gegebenenfalls sogar die Wohnraumversorgung bei kleinerem Haushaltseinkommen.
Und wie sieht es mit anderen Bemühungen der Stadt aus, das Bauen günstiger zu bekommen, etwa durch serielles Bauen ?
Thomas Kuper: Nun, da haben wir das Gefühl, dass der Senat oft genug Zielkonflikte mit sich selbst ausmachen muss. Günstiges serielles Bauen, wie er es möchte, funktioniert vor allem auf der grünen Wiese. Dort aber will man aus Naturschutzgründen nicht bauen. Dann wieder soll günstig gebaut werden, gleichzeitig wünscht sich die Politik Architekten-Wettbewerbe, grüne Fassaden oder besondere Klimaschutzziele – das alles macht das Bauen nicht gerade günstiger.