Hamburg. In dem Institut sollen Forscher über globale Herausforderungen diskutieren, wie Migrationsbewegungen, Digitalisierung und Klimawandel.

Weltweit bekannt wurde es als letzte Wirkungsstätte Albert Einsteins: Das 1930 gegründete Institute for Advanced Study (IAS) in der US-Stadt Princeton hat bis heute mehr als 8000 Gastwissenschaftler beherbergt – unter ihnen 34 Nobelpreisträger. Nach dem Vorbild der renommierten Einrichtung entstanden vielerorts ähnliche Institute, in denen Forscher eine Zeit lang frei von den Zwängen ihres Berufs arbeiten und sich gegenseitig inspirieren sollen. Einen ebenfalls sehr guten Ruf genießt das 1981 gegründete Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Auch Hamburg soll nun ein Wissenschaftskolleg bekommen. Mit einer Million Euro unterstützt die Stadt die Gründung dieses Hamburg Institute for Advanced Study (HIAS). Im Sommer 2018 soll es eröffnen und zunächst bis zu 15 Gastwissenschaftler (Fellows) aufnehmen.

Begegnungsort für Forscher und Intellektuelle

Damit wird die Hansestadt zwar noch nicht aufschließen zu Berlin und seinem Kolleg, das jedes Jahr 40 Fellows einlädt, und schon gar nicht dem Institut in Princeton mithalten können, wo 200 Gastforscher pro Jahr arbeiten dürfen. Doch die Neugründung in Hamburg soll eine Signalwirkung entfalten: „Daran hängt die Glaubwürdigkeit einer Stadt, die sich ja stärker auf die Wissenschaft konzentrieren will“, sagt Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg. „Wir brauchen die Ideen und die Expertise von herausragenden Wissenschaftlern aus aller Welt, um uns weiterzuentwickeln.“

Als Begegnungsort solle das neue Wissenschaftskolleg nicht nur Forscher, sondern auch Intellektuelle aus Kunst, Musik und Gesellschaft einbeziehen, sagt Edwin Kreuzer, Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. „Die internationale Sichtbarkeit Hamburgs als Wissenschaftsmetropole würde dadurch wesentlich gestärkt werden.“

Konferenz „Hamburger Horizonte“ beginnt am Donnerstag

Getragen werden soll die interdisziplinäre Denkfabrik von der Akademie, der Universität und der Wissenschaftsbehörde. Zum Auftakt der Gründung engagiert sich zudem die Körber-Stiftung: Sie unterstützt die neue Konferenz „Hamburger Horizonte“ mit mehr als 700 Teilnehmern, die am Donnerstagabend im Großen Festsaal des Rathauses beginnt und am Freitag im KörberForum fortgesetzt wird.

Zu den Gästen zählen der Historiker Dan Diner aus Jerusalem, der Politikwissenschaftler Herfried Münkler, die Technikethikerin Judith Simon und Frank Simon vom Chaos Computer Club. Sie alle diskutieren auf dem Podium und mit dem Publikum über den „Zerfall von Ordnungen“, ein Thema, das nach Ansicht der Körber-Stiftung kaum aktueller sein könnte – die gegenwärtige politische Lage ist nur ein Beispiel dafür. Künftig, so der Plan, könnte die Horizonte-Konferenz regelmäßig stattfinden, angebunden an das HIAS.

„Gegenwärtig ist viel von einer Krise der Wissenschaft die Rede“, sagt Matthias Mayer von der Körber-Stiftung. „Der kann man am besten dadurch begegnen, dass man einfach gute Wissenschaft macht und diese nicht im Verborgenen hält, sondern in einem offenen Dialog mit der Gesellschaft den Nachweis erbringt, dass Wissenschaft etwas zur Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme beizutragen hat.“

Langfristige Finanzierung des Instituts noch ungeklärt

Diesem Anspruch soll auch das neue Wissenschaftskolleg gerecht werden. Die Gastwissenschaftler sollen dort nicht zu beliebigen Themen forschen, sondern sich mit globalen Herausforderungen beschäftigen, etwa mit Migrationsbewegungen, mit der Digitalisierung und mit dem Klimawandel. Dabei sollen die Fellows nicht unter sich bleiben, sondern auch mit Hamburger Professoren diskutieren und mit Nachwuchsforschern in der Hansestadt arbeiten.

Ungeklärt ist noch die langfristige Finanzierung des HIAS. Von der Anschubfinanzierung in Höhe von einer Million Euro sei erst ein kleiner Teil für die Konferenz verbraucht worden, heißt es von der Uni. Die Wissenschaftsbehörde will erst den Start des HIAS abwarten, bevor sie sich zu einer Anschlussfinanzierung festlegt. Allerdings spricht die Behörde bereits mit Hamburger Stiftungen über eine Beteiligung an Stipendien für die Gastforscher.

Eigentlich sollte es das Wissenschaftskolleg in Hamburg schon längst geben. So sieht es das Gesetz zur Gründung der Akademie der Wissenschaften in Hamburg aus dem Jahr 2004 vor. Doch seither mangelte es am Geld, am Willen oder an beidem, das Vorhaben umzusetzen.

Weil nun nicht mehr allein die Akademie zuständig sein soll, muss vor der Gründung des Kollegs das Akademiengesetz entsprechend geändert werden. Bis Anfang 2018 soll der Bürgerschaft dazu eine Drucksache vorliegen.