Leipzig/Hamburg. Richter weist Klägeranträge ab. Urteil wird Ende November verkündet. Teil der Kläger will den Weg in höhere Instanzen gehen.
Hamburg und der Bund sind der geplanten Elbvertiefung ein gutes Stück näher gekommen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies am Freitag nach zweitägiger Verhandlung die Beweisanträge mehrerer Kläger zurück. Hätten die Kläger Erfolg gehabt, hätte das eine Vertiefung des Flusses noch weiter hinausgezögert oder gar zu Fall gebracht.
Gegen die Elbvertiefung geklagt hatten neben den Umweltverbänden auch die Gemeinden Otterndorf, Cuxhaven und drei Jagdverbände sowie eine Reihe von Berufsfischern. In mehreren Anträgen forderten sie neue Gutachten etwa zum Strombaukonzept und zu den Auswirkungen der Vorbeifahrt großer Schiffe auf Uferbefestigungen.
Im Kern wies der 7. Senat die Beweisanträge zurück. Begründung: Die in den Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Gutachten seien nicht fehlerhaft, die Anträge seien zum Teil nicht erheblich für eine Entscheidung. Zudem erkenne das Gericht keine Verfahrensfehler in der Umweltverträglichkeitsprüfung, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher.
Jagdverbände stimmen Vergleich zu
Nun will ein Teil der Kläger den Weg in höhere Instanzen gehen. Die Anwältin der Fischer beantragte, die Entscheidungen der Leipziger Richter später dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Begründung: Das europäische Klagerecht räume Klägern in Umweltverfahren weitergehende Möglichkeiten ein als die Rechtsprechung deutscher Gerichte. Ob sich der EuGH tatsächlich erneut mit der Elbvertiefung befassen wird, blieb offen.
Die ebenfalls klagenden Jagdverbände hatten sich vor dem zweiten Verhandlungstag mit dem Bund und der Stadt auf einen Vergleich geeinigt. Ihre Klage hat sich damit erledigt.
Ob die niedersächsischen Elbgemeinden Cuxhaven und Otterndorf überhaupt klagen dürfen, hatte das Gericht schon am ersten Verhandlungstag infrage gestellt. Die beiden Kommunen fürchten negative Auswirkungen auf Wattflächen in ihrem jeweiligen Gemeindegebiet. Korbmacher stellte klar: „Die Wattflächen sind Teil der Bundeswasserstraße und gehören gar nicht zum Gemeindegebiet.“ Auch dem Argument, die Deichsicherheit sei nach einer Vertiefung nicht mehr gegeben, wollte das Gericht nicht folgen. Für die Deiche seien nicht die Gemeinden, sondern die Deichverbände verantwortlich. „Und die haben nicht geklagt“, sagte der Richter.
"Kein Anspruch auf Fangchancen"
Anders ist die Lage der Fischer. Ihnen haben Hamburg und der Bund bereits Entschädigungszahlungen zugesagt, wenn ihre wirtschaftliche Situation durch die Elbvertiefung schwer beeinträchtigt wird. Damit das festgestellt werden kann, ordnete das Gericht am Freitag eine neue Erhebung aktueller Daten an. Aber auch die rechtliche Position der Fischer sei sehr eingeschränkt, sagte Korbmacher. Wie andere Gewerbetreibende auch müssten sie sich auf Änderungen der Bedingungen einstellen. Die Fischer dürften zwar in der Elbe fischen. „Es bestehen aber keine Rechte an Fischvorkommen und kein Anspruch auf Fangchancen“, so Korbmacher. Als Vergleich wählte er die Situation eines Tankstellenbetreibers, dem die Umsätze wegbrechen, weil der Hauptverkehrsstrom plötzlich nicht mehr am Betrieb vorbeifließt. „Der hat auch kein Recht auf Entschädigung.“
Das wollte die Anwältin der Fischer, Roda Verheyen, so nicht stehen lassen. „Vielleicht sollten wir erst die inhaltlichen Fragen klären, bevor wir auf die Entschädigungsansprüche kommen?“, schlug sie Korbmacher vor. Der reagierte wenig amüsiert: „Na, wenn sie hier schon meine Arbeit machen, dann fangen Sie an.“
Urteil wird am 28. November verkündet
Verheyen wies den Vergleich mit der Tankstelle zurück und sagte, dass es bei ihren Mandanten um sehr konkrete Ansprüche gehe. Schließlich sei die Fangflotte begrenzt. „Mehr als die derzeit erlaubten Kutter gibt es nicht“, sagte sie – und erntete Widerspruch. „Sie vermischen hier zwei Dinge“, sagte der Anwalt des Bundes, Wolfgang Ewer. „Im Kern geht es darum, dass sich die Fischbestände durch die Baumaßnahmen in der Elbe nicht verändern dürfen. Dieser Anspruch besteht nicht. Die Begrenzung der Flotte erfolgt aus EU-Recht. Das hat mit unserem Verfahren aber gar nichts zu tun“, so Ewer.
Ausführlich hörte sich das Gericht die Bedenken der Fischer an. Einer von ihnen berichtete, er habe im vergangenen Jahr in der Elbmündung erheblich weniger gefangen, daher habe er in der Medemrinne gefischt. „Die Medemrinne hat uns das Jahr gerettet“, sagte er, „und ausgerechnet diese Rinne soll nun zugeschüttet werden.“
Auch Fragen zur Strömungsgeschwindigkeit und zur Begegnungsbox für große Schiffe vor Wedel erörterten die Richter. Als ein Sachverständiger des Verbands „Rettet die Elbe“ zu einem Vortrag über die schädlichen Auswirkungen der Elbvertiefung auf den Sauerstoffhaushalt des Flusses ausholte, schnitt ihm Korbmacher das Wort ab. „Danke, das haben wir verstanden“, sagte er – und geriet wieder mit Anwältin Verheyen aneinander: „Ich kann Ihre Ungeduld nicht verstehen. Das, was wir hier vortragen, ist im gesamten Verfahren noch nicht berücksichtigt worden“, sagte sie. Ob sie bei Gericht damit Erfolg hat, zeigt sich am 28. November. Dann will das Gericht sein Urteil verkünden.