Hamburg . Beamte hatten 100 Freikarten für das Konzert der Rolling Stones bekommen. Auch ein CDU-Politiker nutzte das Angebot.
Nach der Razzia am Mittwoch im Bezirksamt Hamburg-Nord wegen der Vergabe von rund 100 Freikarten für das Konzert der Rolling Stones am 9. September im Stadtpark sind die Bezirksabgeordneten überrascht. „Ich bin von den Socken“, sagte Michael Werner-Boelz, Vorsitzender der Grünen-Fraktion. Er will nun das Ergebnis der Ermittlungen abwarten. Konsequenzen für den Bezirksamtsleiter Harald Rösler befürchtet er nicht. „Herr Rösler hat über 50 Jahren lang gute Arbeit geleistet“, sagte er weiter. „Seltsam“ findet Werner-Boelz allerdings die Informationspolitik des Bezirksamts. „Ich war am Mittwochabend, also nach der Razzia, im Amt. Niemand hat mir gesagt, dass die Staatsanwaltschaft im Haus gewesen ist.“
Auch SPD-Fraktionschef Thomas Domres wundert sich über die Razzia: „Ich weiß nicht, warum die Staatsanwaltschaft hier durchsucht hat“, sagte er. Die oppositionelle CDU will die Dinge vorerst nur beobachten. „Das ist ein juristischer Vorgang, der für Herrn Rösler erst einmal keine Konsequenzen hat“, sagt der Fraktionschef Andreas Schott. „Es gilt die Unschuldsvermutung.“ Schott korrigierte unterdessen Aussagen, wonach seines Wissens kein CDU-Bezirksabgeordneter Freikarten angenommen habe. „Nach heutigem Kenntnisstand hat ein Fraktionsmitglied das Freikarten-Angebot genutzt“, sagte er.
Linken-Anfrage brachte Affäre ins Rollen
Auch die Linke zeigte sich überrascht von der Aktion der Staatsanwaltschaft. Sie hatte die Geschichte im September mit einer Kleinen Anfrage ins Rollen gebracht. „Das hat ja doch ziemliche Wellen geschlagen“, sagte die Fraktionschefin Karin Haas. Von Rücktrittsforderungen an die Adresse von Rösler hält sie nichts. „ Er hat vielleicht gedacht, er tut mit seiner Freikartenaktion etwas Gutes“, sagte Haas weiter. „Aber in Wirklichkeit hat er die Mitarbeiter mit seinem Angebot in eine komplizierte Situation gebracht.“ Die Linke hat die beiden ihr zugedachten Freikarten nicht selbst genutzt, sondern nach Angaben von Haas an die Hilfsorganisation „Hanseatic Help“ weitergegeben, die die Kleiderkammer für Flüchtlinge an der Großen Elbstraße betreibt.
Wie berichtet waren Ermittler am frühen Mittwochmorgen im Bezirksamt an der Kümmellstraße (Eppendorf) angerückt. Der Grund für die Razzia: Für das Konzert der Rolling Stones am 9. September im Stadtpark hatten Mitarbeiter der Behörde vom Konzertveranstalter FKP Scorpio 100 Freikarten bekommen. Zeitgleich war auch der Konzertveranstalter FKP Scorpio am Fischmarkt Ziel einer Razzia geworden. "Es besteht ein Anfangsverdacht wegen Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit", sagte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft zu den Gründen der Durchsuchungen.
Unklar ist bisher noch, ob entsprechende Vorwürfe gegen Bezirksamtsleiter Harald Rösler bestehen. Welche Personen im Visier der Ermittler stehen, wollte die Sprecherin noch nicht sagen. Die Behörde habe ein Ermittlungsverfahren wegen einer anonymen Anzeige eingeleitet, hatte die Staatsanwaltschaftssprecherin vor einigen Tagen erklärt.
Bei dem Konzert im September im Hamburger Stadtpark hatten 82.000 Fans die Rolling Stones begeistert gefeiert.