Dubai/Paris. Die Hälfte der A320neo-Jets wird auf Finkenwerder endmontiert. Wirtschaftssenator Horch: „Das sichert viele Arbeitsplätze.“
Es ist der bisher größte Auftrag in der Firmengeschichte von Airbus: Der US-Luftfahrtinvestor Indigo Partners will 430 Flugzeuge der Typenreihe A320neo bestellen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben die beiden Unternehmen am Mittwoch auf der Dubai Air Show unterzeichnet.
In Hamburg, wo ungefähr die Hälfte der Jets endmontiert werden dürfte, feierte man die Nachricht: „Mit dem nun bekannten Auftrag über 430 A320neo ist der Luftfahrtstandort Hamburg um einen unglaublichen Superlativ reicher geworden“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). „Das rückt den Standort Hamburg in den Fokus der internationalen Luftfahrt und sichert viele Arbeitsplätze.“ Bei Airbus auf Finkenwerder sind knapp 13.000 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt.
Airbus A380 ein Ladenhüter, A320neo der Renner
Zufrieden äußerte sich auch Michael Kruse, Vorsitzender der FDP-Bürgerschaftsfraktion: „Der A320neo entwickelt sich zum Verkaufsschlager, wovon auch der Hamburger Airbus-Standort profitiert. Der Trend in Richtung kleinere Flugzeuge verstärkt sich weiter, was die Auftragslage beim A380 verdeutlicht.“ Für den doppelstöckigen Mega-Flieger ist seit 2015 keine neue Bestellung hereingekommen.
Dagegen verkaufen sich die Kurz- und Mittelstreckenjets der A320-Familie, die für 150 bis 240 Passagiere ausgelegt sind, bisher sehr gut. Nach Listenpreisen haben die 430 Jets, die Indigo Partners bei vier Billigfluglinien in Amerika und in Europa einsetzen will, einen Gesamtwert von 49,5 Milliarden Dollar (42 Milliarden Euro). Allerdings sind bei derartigen Großaufträgen Rabatte von 40 bis 50 Prozent üblich.
Den nach Bestellwert bisher größten Auftrag in der Zivilluftfahrt hatte 2013 der US-Rivale Boeing erhalten – ebenfalls in Dubai. Damals bestellte Emirates Jets für 76 Milliarden Dollar.
Verkaufschef von Airbus der "Billionen-Mann"
Für John Leahy dürfte es der krönende Abschluss seiner Karriere sein. Kurz bevor der 67 Jahre alte Amerikaner zum Jahreswechsel in den Ruhestand geht, hat er für Airbus den mit Abstand größten Auftrag der Firmengeschichte an Land gezogen. Seit 1994 ist der erfahrene Hobbypilot der Verkaufschef von Airbus. In diesen 23 Jahren hat er für den europäischen Konzern gut 15.000 Flugzeuge im Katalogwert von 1,7 Billionen Dollar (1,45 Billionen Euro) verkauft.
Doch eine Einzelbestellung von 430 Maschinen zu einem Listenpreis von zusammen knapp 50 Milliarden Dollar ist selbst für einen John Leahy keine Kleinigkeit. Bevor er diese Kaufabsichtserklärung auf der Luftfahrtmesse in Dubai verkünden durfte, hielt den Firmenrekord eine Order des indischen Billigfliegers IndiGo aus dem Jahr 2014 über 250 Maschinen des Typs A320neo, deren Listenpreis insgesamt 26,6 Milliarden Dollar betrug.
Diese Airlines wollen den A320neo
Zwar trägt Leahys Vertragspartner bei seinem jüngsten Coup den Namen Indigo Partners, mit der indischen Airline IndiGo hat er aber nichts zu tun. Stattdessen handelt es sich um einen Finanzinvestor aus Arizona, der sich auf Beteiligungen an Fluggesellschaften spezialisiert hat. Die 430 Maschinen sollen an die Billigflieger Frontier Airlines (USA), JetSmart (Chile), Volaris (Mexiko) und Wizz Air (Ungarn) gehen und überwiegend in den Jahren 2021 bis 2026 ausgeliefert werden. Schon bislang hatten die Gesellschaften der Indigo-Gruppe zusammen 427 Jets der A320-Familie geordert, sodass sich das Auftragsvolumen dieses Kunden bei Airbus nun verdoppelt.
Im Einzelnen sieht die am Mittwoch präsentierte Grundsatzvereinbarung die Lieferung von 273 Fliegern des Typs A320neo und 157 Maschinen der längeren Variante A321neo für bis zu 240 Passagiere vor.
Für Hamburg ist das eine wichtige Nachricht, denn ungefähr jedes zweite Kurz- und Mittelstreckenflugzeug von Airbus wird in der Hansestadt endmontiert. Ein Firmensprecher hielt sich allerdings bedeckt, was die Auswirkungen auf das Werk in Hamburg betrifft: „Von diesem Auftrag profitieren alle Standorte im Bereich der Komponentenfertigung, die Endmontagelinien und auch die Zulieferer.“
Tatsächlich werden Jets der A320-Typenfamilie inzwischen in vier Airbus-Werken endmontiert: außer in Hamburg auch in Toulouse, im chinesischen Tianjin und in Mobile/Alabama. Zwar dürfte zumindest Frontier Airlines auch Flugzeuge aus dem Werk Mobile erhalten. Sämtliche Hauptkomponenten der dort zusammengebauten Jets werden aber vormontiert von Hamburg aus per Schiff auf den Weg dorthin geschickt. Derzeit liegt die firmenweite Produktionsrate der A320-Reihe bei durchschnittlich 50 Jets im Monat. Bis Mitte 2019 soll die Zahl auf monatlich 60 Maschinen steigen.
Vierte Endmontagelinie in Betrieb
Im Zuge der laufenden Ausweitung der Fertigung hatte Airbus im Werk auf Finkenwerder im Sommer damit begonnen, eine vierte Endmontagelinie in Betrieb zu nehmen; im Laufe des vierten Quartals soll sie nach Unternehmensangaben „voll operativ“ sein. Angesichts unternehmensinterner Umschichtungen – zulasten der Produktion des Mega-Fliegers A380 – und einer immer höheren Effizienz wächst die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter in diesem Jahr dennoch nur leicht auf knapp 13.000 Personen.
Insgesamt zeigte sich ein Airbus-Sprecher in Hamburg hoch erfreut über die Vereinbarung mit Indigo: „Sie ist ein erneuter Beleg für den Erfolg und die Leistungsfähigkeit der A320neo-Familie und bestätigt unsere Pläne für den Hochlauf der A320-Produktion.“ Derzeit stehen insgesamt rund 5500 dieser Kurz- und Mittelstreckenjets im Orderbuch, davon entfallen etwa 5200 auf die neo-Variante mit einem um 15 bis 20 Prozent geringeren Treibstoffverbrauch pro Passagier.
John Leahy kann mit seiner Absatzbilanz für Airbus jedenfalls mehr als zufrieden sein. Als er sein Amt als Verkaufsvorstand antrat, lag der weltweite Marktanteil der Europäer bei 18 Prozent. Nicht zuletzt dank der A320-Typenreihe hat Airbus mit Boeing praktisch gleichgezogen und teilt sich den Markt gleichmäßig auf. Allerdings hatte Leahy gehofft, noch vor seinem Abschied auch endlich wieder eine Bestellung für den Airbus A380 präsentieren zu können, nachdem 2016 und 2017 bisher Flaute herrschte. Doch das schafft vielleicht erst sein Nachfolger.
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