Hamburg . Die Sauberkeitsoffensive soll nun voll aus dem Haushalt finanziert werden. Stadtreinigung bekommt 400 neue Mitarbeiter.

Nach massiven Protesten hat der rot-grüne Senat nachgegeben: Die geplante neue Straßenreinigungsgebühr, die alle Hamburger hätten zahlen müssen, ist komplett vom Tisch. Man werde die geplante Sauberkeits-Offensive ausschließlich aus Steuermitteln finanzieren, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Dienstag.

Die benötigten 27 Millionen Euro werde er nun aus dem laufenden Haushalt bekommen, so Kerstan. Zuletzt war lediglich von einer Verringerung der Gebühr die Rede gewesen. Der Umweltsenator betonte, dass es ohne die öffentliche Debatte nicht gelungen wäre, die Mittel von jährlich 20 auf 47 Millionen Euro zu erhöhen. „Ich habe versprochen, dass die Stadt sauberer wird, und das wird sie nun auch“, so Kerstan.

400 neue Mitarbeiter ab Januar

„Eine solche Gebühr wird zwar in vielen Großstädten erhoben, aber wir sind im Senat zu der Einschätzung gekommen, dass Einnahmesituation und Prognosen es uns ermöglichen, die umfangreichen Maßnahmen für mehr Sauberkeit und Lebensqualität in Hamburg auch ohne eine Gebühr zu finanzieren“, sagte der Umweltsenator. „Ab Januar wird die Stadtreinigung mit rund 400 zusätzlichen Kräften in Hamburgs Straßen und Parks, auf Plätzen und Grünstreifen noch gründlicher als bisher für die Sauberkeit sorgen.

Leitartikel: Saubere Niederlage für Rot-Grün

Nach bisheriger Planung sollte jeder Grundbesitzer von 2018 an bei wöchentlicher Reinigung eine Gebühr von 59 Cent pro Frontmeter des Grundstücks zahlen. Bei wöchentlich zweimaliger Reinigung hätte sich dieser Betrag verdoppelt. Die Kosten hätten voll auf Mieter umgelegt werden können. Dagegen hatte es massive Proteste von Opposition, Mieterverein, Grundeigentümerverband und anderen gegeben.

Parteien begrüßen die Entscheidung

Der Verzicht des Senats auf die umstrittene neue Straßenreinigungsgebühr ist auf ein durchweg positives Echo gestoßen – nicht ohne hämische Untertöne. CDU-Fraktionschef André Trepoll überschrieb seine Pressemitteilung mit dem Satz „Der rot-grüne Müllkäfer hat ausgestrampelt“ und befand, die zusätzliche Gebühr, die 27 Millionen Euro jährlich hatte erbringen sollen, sei „von Anfang an eine unsinnige Idee“ gewesen. „Frühzeitig haben wir mit unserer überparteilichen Allianz aus Mieterverein, Wohnungsbaugesellschaften, Grundeigentümerverband, Steuerzahlerbund, SoVD und Opposition deutlich Position gegen die geplante Abzocke bezogen“, so Trepoll. „Opposition wirkt. Rot-Grün ist mit seiner Müllidee auf ganzer Linie gescheitert, und das ist auch gut so.“

Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef Michael Kruse. „Durch den monatelangen Druck der Opposition ist der rot-grüne Senat nun endlich davon abgekommen, eine neue Gebühr einzuführen“, so Kruse. „Es ist gut, dass der Senat endlich einsieht, dass er sich mit der zusätzlichen Gebühr verlaufen hat. Diese Entwicklung zeigt: Der Scholz-Senat braucht permanenten Druck aus der Opposition, um überhaupt noch zu guten Entscheidungen zu kommen.“

In der SPD wuchs Unmut über Gebührenpläne

Es werde Zeit, „dass die Stadt lernt, mit vorhandenen Mitteln auszukommen, und nicht ständig die Raupe Nimmersatt mimt“, sagte Steuerzahlerbund-Chef Lorenz Palte. Linken-Politiker Stephan Jersch betonte: „Eine Sauberkeitsoffensive, ohne die Mieterinnen und Mieter weiter zu belasten, haben wir immer unterstützt. Nach langem Hickhack kommt sie jetzt – warum nicht gleich so?“ AfD-Umweltpolitikerin Andrea Oelschläger sagte: „Die Gebühr ist jetzt genau dort, wo sie von Anfang an hingehörte: in der Mülltonne.“

Auch in der SPD war der Unmut über die Gebührenpläne des grünen Senators Kerstan in der letzten Zeit erkennbar größer geworden. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel nannte das Aus für die Gebühr am Dienstag einen „richtigen Schritt zur richtigen Zeit“. Vorausgegangen sei „ein intensiver Abstimmungsprozess zwischen Regierungsfraktionen und Senat“, so Dressel. „Wir haben die Zeit nach der Anpassung des Finanzrahmengesetzes in der letzten Woche und vor der Vorlage der Steuerschätzung in der kommenden Woche genutzt, um auszuloten, wie weit wir den Hamburgerinnen und Hamburgern bei der Finanzierung unserer Sauberkeitsoffensive entgegenkommen können. Angesichts des nachhaltig und langfristig sehr positiven Trends der Steuereinnahmen trauen wir uns jetzt gemeinsam zu, die Sauberkeits­offensive strukturell komplett aus Haushaltsmitteln zu finanzieren und auf eine Straßenreinigungsgebühr vollständig zu verzichten.“

Sauberkeitsoffensive werde ohne Abstriche realisiert

Dressel betonte, dass die Sauberkeitsoffensive gleichwohl „ohne Abstriche gestartet und realisiert“ werde. „Dass wir mit dem Hamburger Sauberkeitskonzept auf dem richtigen Weg sind, hat die Experten­anhörung im Umweltausschuss vor einigen Wochen deutlich gemacht.“

Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks sagte, man habe bereits im Sommer darüber nachgedacht, „wie wir mit der geplanten Gebühr verfahren, sollten die Steuereinnahmen sprudeln. Jetzt krempeln wir die Ärmel hoch und legen los!“

Kerstan wollte das Aus für die Gebühr nicht als persönliche Niederlage verstanden wissen. Er sei der Umwelt- und nicht der Finanzsenator, so Kerstan. Ihm sei es wichtig, dass die Stadt sauberer werde – und nicht, wie man das finanziere.