Hamburg. Karlsruher Behörde wirft mutmaßlichem Messerstecher Mord und sechsfachen versuchten Mord vor. Er habe zum Dschihad beitragen wollen.

Nach der Messerattacke von Barmbek mit einem Toten vor mehr als drei Monaten hat die Bundesanwaltschaft nun Anklage gegen den mutmaßlichen Täter Ahmad A. erhoben. Dem 26-jährigen Palästinenser werde Mord, sechsfacher versuchter Mord und sechsfache gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, wie die oberste Strafverfolgungsbehörde in Karlsruhe am Freitag mitteilte.

Messerattacken in Deutschland

weitere Videos

    Demnach sei Ahmad A. hinreichend verdächtig, am Nachmittag des 28. Juli in einer Edeka-Filiale an der Fuhlsbüttler Straße mit einem Messer einen Menschen "heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen getötet" zu haben. Dem abgelehnten Asylbewerber werde zudem zur Last gelegt, "sechs weitere Menschen bei dem Versuch, sie heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen zu töten, zum Teil lebensgefährlich verletzt zu haben".

    Ermittler: Streit um Jerusalemer Tempelberg motivierte Palästinenser

    Nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft suchte sich Ahmad A. seine Opfer wahllos aus, stellvertretend als Vergeltung für das Unrecht, das aus seiner Sicht weltweit Muslimen zugefügt werde. "Dabei kam es ihm darauf an, möglichst viele deutsche Staatsangehörige christlichen Glaubens zu töten", so die Bundesanwaltschaft. Seine Taten habe der 26-Jährige im Kontext islamistischer Anschläge wahrgenommen und habe damit zum weltweiten Dschihad beitragen wollen. "Vor diesem Hintergrund handelt es sich um eine staatsschutzspezifische Tat von besonderer Bedeutung", wie es hieß.

    Bestärkt worden sei Ahmad A. durch den im vergangenen Juli eskalierten Konflikt zwischen muslimischen Gläubigen und israelischen Sicherheitskräften um den Tempelberg in Jerusalem. „Er empfand die Zugangsbeschränkungen zur Al-Aksa-Moschee als ungerecht und unerträglich“, heißt den Angaben zufolge in der Anklageschrift. Auch Deutschland sei aus seiner Sicht dafür mitverantwortlich gewesen. „Daher sollten deutsche Staatsangehörige christlichen Glaubens gleichsam als Sühne sterben.“

    Keine Hinweise auf Mitgliedschaft in Terrororganisation

    Im Rahmen der Ermittlungen hätten sich jedoch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Ahmad A. Komplizen gehabt habe oder er einer terroristischen Vereinigung, etwa dem so genannten Islamischen Staat, angehöre.

    Der Palästinenser, dem nach einem abgelehnten Asylantrag die Ausreise drohte, hatte in dem Supermarkt im Hamburger Stadtteil Barmbek unvermittelt ein 20 Zentimeter langes Küchenmesser aus der Verpackung gerissen und damit auf umstehende Menschen eingestochen. Ein 50-Jährige starb noch am Tatort. Anschließend stach der Täter einen weiteren Kunden nieder, der später nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Beim Verlassen des Marktes habe er drei weitere Menschen mit dem Messer attackiert. Anschließend habe er noch eine vorbeifahrende Radfahrerin und eine ihm entgegenkommende Passantin angegriffen.

    Prozess könnte im Januar beginnen

    Passanten verfolgten den Attentäter, bis ihn Zivilpolizisten schließlich festnehmen konnten. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

    Wegen der besonderen Bedeutung des Falls und des staatsgefährdenden Charakters der Tat hatte die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren von der Hamburger Staatsanwaltschaft übernommen. Sofern die Anklage vom Gericht zugelassen wird, könnte der Prozess im Januar beginnen, hieß es von der Gerichtspressestelle in Hamburg. Zuständig wäre einer der beiden Staatsschutzsenate am Hanseatischen Oberlandesgericht.