Hamburg. Luftbildfotograf Reimer Wulf hat die Stadt von April bis September von oben abgelichtet – jetzt erscheint das Buch.
Bitte einsteigen, Platz nehmen, anschnallen. Start frei! Vom Süllberg aus führt die Reise elbaufwärts über Othmarschen nach Waltershof. Via Wilhelmsburg geht’s weiter über Hafen und Alster. In Blankenese schließt sich der Kreis dieses Rundflugs. Das Beste daran: Jeder kann mitkommen und unsere Hansestadt aus erhabenem Blickpunkt erleben. Der neue Bildband „Über Hamburg“ verschafft dem Leser eine überragende Sicht. Der Untertitel des großformatigen Buchs ist Programm: „Atemberaubende Perspektiven der Hansestadt.“
Gut 20-mal ist der Luftbildfotograf Reimer Wulf zwischen April und September dieses Jahres an Bord eines Hubschraubers oder einer Cessna 172 aufgestiegen, um Hamburg von oben himmlisch in Szene zu setzen. Das Ergebnis: 130 sehr aktuelle Fotos, teilweise doppelseitig, zeichnen eine einmalige Stadtlandschaft.
Die Motive hat er im Kopf
„Ich habe nicht einfach drauf losgeknipst“, erläutert Wulf sein Werk. Vor jedem Flug, der zwischen eineinhalb und zwei Stunden dauerte, hatte er die gesuchten Motive im Kopf. Die Tür des Flugzeugs geöffnet oder ausgehakt, schritt der 74 Jahre alte Architektur- und Stadtlandschaftsfotograf sodann zur Tat – aus einer Höhe von etwa 300 Metern, mit einer Geschwindigkeit zwischen 70 und 100 Kilometern pro Stunde. Das ist Schwerstarbeit, wahrlich kein Job für Hasenfüße.
Früh übt sich, wer ein Meister werden will. Mit zwölf Jahren kletterte der gebürtige Elmshorner auf den Michel, um Hamburg mit einer damals modernen Rollfilmbox von oben abzulichten. Nach 18 Monaten Wehrdienst (Luftwaffe, was sonst), lernte der junge Mann Fotograf bei der Deutschen Luftbild KG in Hamburg. Anschließend arbeitete Wulf bei renommierten Fotoprofis, bevor er sich 1978 selbstständig machte. Spezialgebiet: gestaltende Luftbildfotografie mit Schwerpunkt Architektur und Stadtlandschaft.
Mehr als ein Dutzend Bildbände
Innerhalb von fast vier Jahrzehnten entstand Sehenswertes. Reimer Wulf veröffentlichte mehr als ein Dutzend Bildbände, zum Beispiel mit Perspektiven über der Kuppel des Reichstags, über Schleswig-Holstein, Rostock und Brandenburg. Er lebt und arbeitet in Elmshorn und Berlin. Auftraggeber des Fotokünstlers sind Verlage, Architekten wie der Brite Norman Foster sowie Bundesministerien. Persönlichkeiten wie der 2007 verstorbene Schriftsteller Walter Kempowski oder Schauspieler Armin Mueller-Stahl verfassten Vorworte zu seinen Büchern.
Der aktuelle Bildband „Über Hamburg“ ist bereits der dritte nach 1994 und 2007. Garniert werden die Aufnahmen von Texten Ralf Langes, dem wissenschaftlichen Leiter des Speicherstadtmuseums. Eben dort wurde Reimer Wulfs Werk am Donnerstagabend vorgestellt.
Jörn Walter, im September nach 18 Jahren in den Ruhestand gewechselter Oberbaudirektor Hamburgs, würdigte die Arbeit: „Das ist gekonntes Stadterzählen mit der Kamera.“ Der Leser nehme am Rundflug über Hamburg teil. „Die Stadtteile werden sehr schön porträtiert“, sagte Walter dem Abendblatt. „Gezeigt werden neue Bauwerke ebenso wie Klassiker.“ Optisch wachse die Hansestadt zusammen.
Reimer Wulf hält sich bescheiden zurück. Viele und große Worte sind seine Sache nicht – er lässt seinen Fotoapparat sprechen. Die Freiheit in der Luft überträgt er auf seine Arbeit. Eine „erkennungsdienstliche Behandlung“ im Interesse von Tourismuszentralen, Eigenheimbesitzern oder Investoren gibt es bei ihm von jeher nicht.
Ehefrau Gisela, ihm seit Jahrzehnten angetraut, Tochter Nina und der siebenjährige Enkel wissen um die Vision Reimer Wulfs. In vielen Hundert Flügen lebte dieser seine Leidenschaft aus. Mit seiner Kamera als drittem Auge. In rund zehn Jahren soll Hamburg von oben Nummer vier folgen.