Hamburg. Jugendamt riet der Mutter der getöteten Zweijährigen, ihren gewalttätigen Mann zu verlassen. Der ist weiter auf der Flucht.

Auch fünf Tage nach dem Mord an einem zweijährigen Mädchen ist der tatverdächtige Vater des Kindes weiter auf der Flucht. Die Fahndung nach Sohail A. gestaltet sich offenbar deutlich schwieriger als zunächst angenommen, obwohl – wie die Polizei kurz nach der Tat mitteilte – „intensiv“ gefahndet wird. Zielfahnder haben sich an seine Fersen geheftet.

Sohail A. war gleich nach der Tat aus der Wohnung geflüchtet. Der 33-Jährige, der seit 2011 in Deutschland ist, lebte längere Zeit als Asylbewerber in Hessen und hat möglicherweise noch gute Kontakte dorthin. Zum Stand der Fahndung wollte die Polizei keine Auskunft geben. An eine Öffentlichkeitsfahndung nach dem Mann, die durch die Staatsanwaltschaft beantragt werden müsste, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht gedacht, hieß es.

Familie seit einigen Jahren von Jugendamt betreut

Sohail A. hatte 2012 in Hessen einen Asylantrag gestellt, der aber abgelehnt wurde. Da er jedoch angab, keine Papiere zu besitzen, lebte er einige Jahre per Duldung weiter in Deutschland. 2014 heiratete der Mann seine jetzige Ehefrau Lubna. Die ebenfalls aus Pakistan stammende 32-Jährige lebte zu diesem Zeitpunkt mit ihrem heute sechsjährigen Sohn aus einer vorigen Beziehung in Hamburg. Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter durfte Sohail im Januar 2016 nach Hamburg ziehen, stellte hier einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis. Auch dieser wurde abgelehnt, worauf der Mann Widerspruch einlegte. Das Verfahren läuft noch.

Die Familie wird bereits seit einigen Jahren vom Jugendamt des Bezirksamtes Harburg betreut. Zuerst ging es um Umgangskontakte mit dem Vater des Sechsjährigen. Seit 2016 hat sich Lubna Hilfe suchend ans Jugendamt gewandt, weil sie von ihrem neuen Mann geschlagen werde. Außerdem lief gegen Sohail A. ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung an dem Sechsjährigen.

Jugendamt riet Mutter, ins Frauenhaus zu gehen

Die Hilfsmaßnahmen für die Familie sind vom Jugendamt daraufhin von sieben auf zehn Stunden pro Woche erhöht worden, die durch die Familienhelferin des freien Trägers „Family Support“ auch regelmäßig dokumentiert wurden. Daraus ergaben sich nach Abendblatt-Informationen aber keine Hinweise darauf, dass der Vater je gegen seine zweijährige Tochter gewalttätig geworden ist. Andernfalls hätten die Sozialarbeiter wegen akuter Kindeswohlgefährdung eine Inobhutnahme des Mädchens in Erwägung ziehen können.

Dennoch riet das Jugendamt Lubna dazu, mit ihren Kindern ins Frauenhaus zu gehen, um sich vor der Gewalt ihres Mannes zu schützen. Dieses Angebot hat sie aber nicht angenommen. Sie ging nach einem neuerlichen Vorfall am Montagabend ins Polizeirevier 47 am Neugrabener Markt und erstattete Anzeige wegen Bedrohung. Bei der Rückkehr in die Wohnung fanden die Beamten das tote Mädchen. Seitdem ist der Vater auf der Flucht.