Hamburg. Hamburg stellt Gebührensystem um. Wer viele Stickoxide in die Luft pustet, zahlt 15 Prozent Strafe. Saubere Frachter erhalten Nachlass.
Die zunehmende Luftverschmutzung durch Schiffsabgase macht Städten weltweit zu schaffen. Mehrere europäische und auch amerikanische Häfen sind deshalb dazu übergegangen, die Hafenbenutzungsgebühren für weniger umweltbelastende Schiffe zu rabattieren. Doch was Hamburg jetzt vorhat, schlägt alle Rabattsysteme. Die rot-grüne Landesregierung will eine neue Umweltkomponente beim Hafengeld einführen, die die Gebühren nach dem Ausstoß der Stickoxide in den Schiffsabgasen staffelt und auch Strafzahlungen vorsieht. Das hat bisher kein Hafen auf der Welt.
SPD und Grüne haben einen entsprechenden Antrag erarbeitet, den sie am 11. Oktober in die Bürgerschaft einbringen werden. Dieser liegt dem Abendblatt vor und sieht Gebührennachlässe von bis zu 30 Prozent für Schiffe vor, bei denen der Stickoxidausstoß gering ist. Das trifft vor allem auf die neueste Generation der Weltflotte zu. Vor dem Jahr 2000 gebaute Schiffe mit hoher Schadstoffkonzentration in den Abgasen müssen künftig 15 Prozent mehr zahlen, wenn sie Hamburg anlaufen.
Leitartikel: Hamburg stinkt es
Das gilt nicht nur für Frachter, sondern auch für Kreuzfahrtschiffe. Allerdings ist die Umweltkomponente neben der Schiffsgröße und dem Umschlagvolumen nur ein Faktor bei der Bemessung des Hafengelds. Sie folgt zudem einem komplizierten Berechnungsmodell, bei dem auch die Liegezeit im Hafen berücksichtigt wird. „Wir können kein Rechenbeispiel bieten“, hieß es aus den Fraktionen.
Der Antrag sieht eine schrittweise Umwandlung der Bemessungsgrundlagen für die Hafengebühren vor. Ab Januar 2018 schlägt die Umweltkomponente zu 15 Prozent bei der Berechnung des Hafengelds zu Buche. Ab 2019 sind es dann 20 Prozent. „Auch wenn das Hafengeld nicht den Hauptkostenfaktor für Seeschiffe, die den Hafen anlaufen, darstellt, hat es eine Signalwirkung: Der Hamburger Hafen setzt damit ein klares Zeichen für bessere Luft, Schutz der Umwelt und Schutz für die Gesundheit“, heißt es in dem Antrag, den die Bürgerschaft beschließen soll.
Spürbare Anreize
„Mit diesem neuen Bonus-Malus-System im Hafengeld schaffen wir spürbare Anreize dafür, den Hamburger Hafen mit umweltfreundlichen Schiffen anzulaufen. Künftig können Reedereien durch eine geringere finanzielle Belastung über das Hafengeld profitieren, was verstärkt dazu einlädt, Schiffe mit sauberen Technologien hier in Hamburg einzusetzen“, sagt Joachim Seeler hafenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Und der Fraktionschef und Hafenexperte der Grünen, Anjes Tjarks, ergänzt: „Das ist ein wichtiges Signal dafür, dass wir den Weg zu einem Grünen Hafen ernst meinen. Gerade weil viele ökologische Standards in der Seeschifffahrt international geregelt werden, ist das Hafengeld eines der wenigen Instrumente, die im Einflussbereich der Hamburger Politik liegen, um die Luft im Hafen zu verbessern.“
Tjarks arbeitet schon länger an Strafzahlungen für rußende Schiffe, da er im Hafen und im Seeschiffsverkehr die größten Verursacher von Stickstoffemissionen in Hamburg sieht. Bisher konnte er diese Forderung aber nicht durchsetzen. Preisnachlässe für saubere Schiffe gibt es in Hamburg allerdings schon länger. So erhalten Schiffe im Hafen Rabatt, die nach dem Environmental Ship Index (ESI) zertifiziert sind. Dabei geht es aber eher um die allgemeine Ausstattung der Schiffe, etwa ob sie technisch in der Lage sind, Landstrom aufzunehmen. „Die nun geplante Umweltkomponente wäre ein weiterer Schritt voran, da sie einen Anreiz zur Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes schafft“, sagt Jens Meier, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority, die das Hafengeld erhebt.
Die Zeit drängt
Und auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hat seine Unterstützung signalisiert, wenn die Bürgerschaft den Antrag verabschiedet: „Für die Hamburger, aber auch die Hafenwirtschaft, wäre das ein deutliches Signal, dass wir einen signifikanten Beitrag zur Luftreinhaltung leisten und den Hamburger Hafen gleichzeitig attraktiv für die Reedereien halten.“ Zusätzlich wollen SPD und Grüne den Senat dazu auffordern, im Jahr 2020 Wirkung und Nutzen der Umweltkomponente im Hafengeld-Tarif zu untersuchen.
Die Zeit drängt: Der Luftreinhalteplan zwingt zum Handeln. Um die Schadstoffbelastung am nördlichen Hafenrand zu senken, will der Senat insgesamt 1160 Tonnen an Stickoxid-Emissionen bis 2025 einsparen. Neben dem Öko-Hafengeld sollen dazu vor allem noch mehr Landstrom- und Flüssiggas-Versorgungsanlagen für Schiffe beitragen als bislang geplant. Bisher gibt es nur einen Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe in Altona, der nur von einem Schiff genutzt wird. In der Hafencity soll eine zweite Anlage entstehen.