Hamburg . Schon im Frühjahr 2016 wurde über Schadenersatz nachgedacht, auch von tagelangen Schließungen von Geschäften war die Rede.

Der Senat hat sich schon wesentlich früher als bisher bekannt auf massive Schäden für Gewerbetreibende durch den G20-Gipfel eingestellt. Aus den Akten zur Vorbereitung des G20-Sonderausschusses geht offenbar hervor, dass bereits im Frühjahr 2016 über die zu erwartenden Entschädigungszahlungen beraten wurde. Das erfuhr das Abendblatt aus dem Umfeld des Sonderausschusses, der am Donnerstagabend erstmals regulär tagte. Nach dem Gipfel hatten Polizei und Senat angegeben, dass das tatsächliche Ausmaß der Schäden zuvor nicht absehbar gewesen sei.

Wie es von mehreren mit den Akten vertrauten Personen heißt, wurde die Justizbehörde damals damit beauftragt zu prüfen, inwieweit die Gewerbetreibenden später Ansprüche auf Entschädigungen stellen könnten. Dabei wurde in einer Rechnung auch konkret von einer „vier Tage langen Schließung“ von Geschäften ausgegangen, wie ein Obmann berichtet.

Laut Gewerbetreibenden im Schanzenviertel hatte die Polizei unmittelbar vor dem Gipfel, später aber nur von voraussichtlich „geringfügigen Beeinträchtigungen“ gesprochen. Ob der Senat zwischen dem Frühjahr 2016 und Juli 2017 die Gefährdungslage für Geschäfte erneut prüfte und tatsächlich allgemein von geringeren Ausfällen ausging, geht aus den bisher von den Abgeordneten gesichteten Dokumenten nicht hervor.

Tagelange Schließung wurde als nicht erheblich betrachtet

Bei ihrer Prüfung soll die Justizbehörde auch zu dem Schluss gekommen sein, dass eine viertägige Schließung von Geschäften nicht erheblich sei und deshalb keine Ansprüche auf Schadenersatz entstehen würden. Gut zwei Monate nach dem G20-Gipfel berichten Handelskammer und ein Bündnis von Gewerbetreibenden dagegen, dass eben jene Ausfallzeit während des Gipfels einige Betriebe in akute Existenznot gebracht hätten.

In dem 40 Millionen Euro starken Hilfsfonds zur Beseitigung der Schäden war zunächst keine Entschädigung für Umsatzausfälle vorgesehen, lediglich Sachschäden sollten ersetzt werden. Nach einem Gespräch in der Handelskammer sagten SPD und Grüne Anfang September jedoch eine Hilfe zu, wenn durch den G20-Gipfel eine „existenzbedrohliche“ Situation eingetreten sei.

Händler: „Wir werden alleingelassen“

Das Bündnis von 62 Gewerbetreibenden aus dem Schanzenviertel, dem Karolinenviertel und aus St. Pauli hatte aber zuletzt öffentlich kritisiert, dass auch diese Hilfe bislang nicht eingetroffen sei. „Die Politik hat viel versprochen, aber wir werden alleingelassen“, sagte ein Gastronom am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Der Senat verwies dagegen darauf, dass alle Anträge auf zusätzliche Hilfe zunächst bis Ende September bei der Handelskammer gesammelt und danach über jeden Einzelfall entschieden werde.

Laut Handelskammer hat der Senat seine Versprechungen von Anfang September bereits wieder „relativiert“, weitere Zahlungen unterliegen strengen Regeln. „Insgesamt haben die wenigsten Gewerbetreibenden eine Chance auf Entschädigung“, sagte die zuständige Geschäftsführerin Jeanette Gonnermann.