Hamburg. Der Hamburger Pianist sorgte für 130 vergnügliche Konzertminuten. Auch als Entertainer bewies der 53-Jährige sein Können.

Es regnete im Großen Saal der Elbphilharmonie. Klingt unmöglich, war aber so. Fast. Etwa 4200 Hände rieben aneinander und erzeugten ein leichtes Nieseln, das Schnippen von etwa 8400 Fingern ließ den Niederschlag stärker werden, und spätestens als die Hände auf die Oberschenkel prasselten, während Joja Wendt sein gefühlvolles „Regenlied“ (Fulanga) vortrug, war es so, also gäbe es irgendwo da oben in der Decke tatsächlich ein Loch.

Auch ein Entertainer

„Die Kunst des Unmöglichen“ hat Joja Wendt seine diesjährige Tournee betitelt. Das passt. Seinen Auftritt als Konzert zu bezeichnen, würde deshalb auch viel zu kurz greifen. Der Hamburger ist nicht nur ein virtuoser Pianist, der in jeden seiner Finger einen Zwölfzylinder eingebaut zu haben scheint, sondern stellte genauso seinen Ruf als charmanter Entertainer unter Beweis, der gekonnt mit dem Publikum die akustische Tiefe des Raumes nutzte – auch wenn sein Redeanteil dabei beinahe schon zu groß war und nicht alles glückte (wie eine Einlage mit Wassergläsern).

Über eine Skype-Internetverbindung (auf der Videowand über ihm zu sehen) spielte Wendt synchron mit dem 14-köpfigen Berlin Jazz Orchestra unter der Leitung von Jiggs Whigham die Beatles-Nummer „Lady Madonna“. Beeindruckend. Dass aber nur eine Leinwand installiert war, führte dazu, dass ein Teil der Zuschauer sein zumeist eingeblendetes Fingerspiel nur spiegelverkehrt sah.

Publikum wurde zum Chor

Atemberauend seine Version von Rimski-Korsakows „Hummelflug“, unterlegt mit einem „hart gechillten Hip-Hop-Groove“ (O-Ton Wendt) der linken Hand, der den Flügel sprichwörtlich zum Qualmen brachte. Bei Muddy Waters’ „I’ve Got My Mojo Working“, einem Call-and-Res­ponse-Song, funktionierte er die Besucher zum Chor um.

Wendt liebt es, musikalische Grenzen zu knacken, zum Beispiel als „Joja Sebastian Bach“, oder indem er mit sphärischen Klängen Bilder vom Universum in den Köpfen entstehen lässt. Mehr als einmal gab es Standing Ovations vom begeisterten Publikum, das Wendt 130 Minuten lang verwöhnte. Mit „Tschuk­tscha“, seinem Eskimo-Song, den er mit zu Fäusten geballten Händen spielt, endete ein vergnüglicher Abend. Als die Besucher die Elbphilharmonie verließen, benetzte leichter Regen die Jacken und Mäntel. Aber der Gang zur U-Bahn fiel nicht so ungemütlich aus. Joja Wendts Musik hallte nach.