Hamburg. Fluglärmschützer wollen die Betriebserlaubnis für Fuhlsbüttel ändern – und zwischen 22 und 6 Uhr Ruhe haben.
Knapp 15.000 Unterschriften kamen zusammen für die Forderung nach einem strikten Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr in Fuhlsbüttel. BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch überreichte sie, gebündelt in fünf Leitz-Ordnern, dem Sprecher der Hamburgischen Bürgerschaft, Sascha Balasko. Jetzt müssen sich Bürgerschaft und Umweltausschuss mit dem Lärmproblem des Stadtflughafens befassen und dazu Position beziehen.
Derzeit darf der Flughafen bis 23 Uhr fliegen und noch bis 24 Uhr verspätete Flüge unproblematisch starten oder landen lassen. Erst danach bedarf es spezieller Einzelgenehmigungen für Flugbewegungen. Trotz der seit April 2016 laufenden sogenannten „Pünktlichkeitsoffensive“ des Flughafens und der erst im Mai dieses Jahres verschärften, lärmabhängigen Entgelte haben die Verspätungen im Juli und August wieder neue Rekordhöhen erreicht. Im Juli 2017 waren es 181 Verspätungen gegenüber 111 im Juli 2016, im August 2017 standen 125 Verspätungen gegen 91 im gleichen Vorjahresmonat.
Stadt soll für Ruhe sorgen
„Die Belastung nimmt weiter zu, obwohl wir seit Jahren von Politik und Lärmverursachern hören, dass gegen den Lärm vorgegangen wird“, sagte BUND-Geschäftsführer Braasch auch im Namen der neun Vereine und Bürgerinitiativen, die an der Petition beteiligt sind. „Die Geduld der Betroffenen ist langsam am Ende. Die Stadt Hamburg ist Mehrheitsgesellschafter des Flughafens und kann durch eine entsprechende Änderung der Betriebserlaubnis des Flughafens dafür sorgen, dass die Menschen in Hamburg und in der Region schlafen können.“
Braasch geht von etwa 100.000 Lärmbetroffenen aus. Er wies darauf hin, dass der Lärm die Gesundheit schädigt. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass der Fluglärm Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Depressionen fördert und bei Kindern Entwicklungsverzögerungen hervorruft. „Es gibt ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, aber kein Grundrecht auf Fliegen zu jeder Tages- und Nachtzeit“, sagte Braasch.
SPD will Betriebserlaubnis unverändert lassen
Der SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft, Andreas Dressel, lobte BUND und Fluglärmschützer für das „eifrige Sammeln von Unterschriften“. Die damit angeschobene Petition sei genau der Rückenwind, den die Politik brauche, um den Lärmschutz in Fuhlsbüttel vorantreiben zu können. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks. Beide wiesen auf die Verschärfungen der lärmabhängigen Entgelte für Flugbewegungen in Fuhlsbüttel hin.
Diese nach Lärmklassen gestaffelte Gebühr wurde zwar um 100 Prozent erhöht, liegt aber dennoch für die Masse der Flieger bei nur 58 bzw. 122 Euro pro Maschine – nach der Erhöhung vom Mai 2017. Beide Politiker deuteten an, dass hier nachgebessert werden müsse. Aber die geforderte Änderung der Betriebsgenehmigung für Fuhlsbüttel bzw. der Einhaltung der gesetzlichen Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr lehnten sie ab.
Rot-Grün will nachsteuern
„Wir wollen erreichen, dass die bestehenden Regeln eingehalten werden“, sagte Dressel. Dass sich der Fluglärm seit 2013 immer weiter gesteigert statt vermindert habe, bestritt er nicht. „Die gewünschte Steuerungswirkung ist bisher nicht eingetreten“, sagte er. „Aber das heißt, dass wir so lange an den Stellschrauben drehen werden, bis die gewünschte Wirkung eintritt.“ Damit würde ein Großteil der ebenfalls Rekordhöhen erreichenden Beschwerden über Fuhlsbüttel aufgefangen werden. „Den Fluggesellschaften muss klar sein, dass verspätete Flieger auch umgeleitet werden können“, sagte Dressel.
Der Flughafen wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.
10.000 Unterschriften müssen gültig sein
Nach Angaben der Fluglärmschützer kommen gut die Hälfte der Verspätungen in Fuhlsbüttel durch die gestörte „Tagesrotation“ zustande. Das bedeutet, dass sich für ein zwischen zwei Zielen hin- und herfliegendes Flugzeug die über den Tag eingeflogenen Verspätungen addieren, weil die Standzeiten auf dem Flughafen knapp kalkuliert sind und keinen Verspätungspuffer bieten. Die Airlines sparen damit Geld, weil sie keine Reserveflieger am Standort Fuhlsbüttel vorhalten müssen. Auch Dressel und Tjarks sehen hier Potenzial für Verbesserungen.
Für das Zustandekommen der Petition müssen 10.000 Unterschriften zusammmen kommen. Jetzt wird geprüft, ob nach Abzug der möglicherweise doppelten Unterschriften so viele übrig bleiben. Zweifel hat daran allerdings kaum einer. Anschließend wird sich der Umweltausschuss mit der Frage einer Einschränkung der Betriebsgenehmigung für Fuhlsbüttel befassen und der Bürgerschaft einen Beschluss empfehlen.