Hamburg. Höhere Gebühren für Starts und Landungen nach 23 Uhr zeigen bislang keine Wirkung. Anwohner sind genervt.

Der Konflikt um den Fluglärm spitzt sich zu. Martin Mosel, der Sprecher der Bürgerinitiative für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW), will Strafantrag gegen Piloten, Flughafen Hamburg und Flugsicherung stellen. Und Gudrun Pieroh-Joußen, die Fluglärmschutzbeauftragte der Stadt, ist der Ansicht, dass die Pünktlichkeitsoffensive des Flughafens und der Fluglinien gescheitert sei. „Wenn sich die Zahl der Verspätungen im August nicht verringert, werde ich im September weitere Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten“, sagt sie. Außerdem müsse über eine Verschärfung der Verspätungsregelung diskutiert werden.

Nach Angaben von Pieroh-Joußen steigt seit Jahren die Zahl der Linienmaschinen, die nach 23 Uhr auf dem Hamburger Flughafen starten oder landen. „Die Zahl ist ganz miserabel“, sagt sie. „Die Pünktlichkeitsoffensive greift nicht, und auch die seit Juni geltenden höheren Gebühren für solche Flüge greifen bislang noch nicht.“

„Mittäter“ zur Verantwortung ziehen

Die Folgen waren unter anderem am vergangenen Montag zu spüren. Drei Maschinen starteten oder landeten sogar nach Mitternacht, nur eine hatte die dafür erforderliche Ausnahmegenehmigung – ein Flugzeug, das aus Zürich kam und wegen eines Gewitters verspätet gestartet war. Zwei Starts waren hingegen rechtswidrig. Eine Easyjet-Maschine hob um 0.03 Uhr Richtung Mailand ab, eine Maschine der türkischen Airline Corendon machte sich um 0.08 Uhr auf den Weg nach Stuttgart. Warum der Tower die Startfreigaben erteilte, ist unklar.

Martin Mosel reicht es jetzt jedenfalls. Er wohnt in Lemsahl-Mellingstedt und will als Betroffener klagen. „Die vorsätzliche Körperverletzung durch vermeidbaren Fluglärm muss ein Ende haben“, sagt er. „Bei der Strafanzeige geht es auch darum, rechtlich klären zu lassen, inwiefern Mittäter wie der Flughafen und die Deutsche Flugsicherung zur Verantwortung gezogen werden können.“

Easyjet offenbar besonders rücksichtslos

Besonders rücksichtslos ist nach Ansicht von Mosel die Fluglinie Easyjet. „Ohne die Ausnahmegenehmigungen startet und landet das Unternehmen mittlerweile auch nach Mitternacht“, sagt er. Der Bevölkerung werde die gesetzlich geschützte Nachtruhe entzogen. Auch andere Fluggesellschaften würden inzwischen diesen Rechtsbruch als „Geschäftsmodell“ übernehmen.

Easyjet und Corendon sehen nun einem Ordnungswidrigkeitenverfahren entgegen. Es richtet sich stets gegen den Piloten. Die Bußgelder reichen bis maximal 50.000 Euro.

Neu ist, das mittlerweile auch verstärkt gegen verspätete Flüge zwischen 23 und 24 Uhr vorgegangen wird. „Im vergangenen Jahr haben wir erstmals fünf Bußgelder gegen ein Luftfahrtunternehmen wegen solcher Verstöße festgesetzt“, sagt Pieroh-Joußen.