Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Mittagssnacks von Blattfrisch.

Manchmal müssen auch die Chefs richtig mit ran. Morgens früh um 6 Uhr, wenn jemand ausfällt. Dann stehen Georg Neubauer und Christoph Ries in der Produktionsküche und putzen Salat, füllen gebratene Karotten und Zucchini, Ei, Linsen und Nussdressing ab. Zwei Stunden später müssen die ersten 100 Schalen mit der Mischung „Der Sport­liche“ fertig sein, damit sie pünktlich in die Kühlregale kommen. „Und das ist nur eines von unseren Angeboten“, sagt Georg Neubauer. Inzwischen liefert der Hamburger Bio-Snack-Hersteller täglich 500 Mahlzeiten aus. Sechsmal pro Woche, nur sonntags ist salatfrei.

Die Begeisterung für gutes Essen und frische Lebensmittel wurde bei Gründer Neubauer in der Kindheit in der Nähe von Osnabrück geweckt. Auf dem Hof der Großeltern und bei seiner Mutter, die Bio-Gemüse aus dem eigenen Garten erntete. „Für mich war das ganz selbstverständlich“, sagt der 36-Jährige. Umso mehr ärgerte ihn, dass sogar im Sommer die Salatangebote oft aus dem Ausland kommen. Nach einem Besuch bei Freunden in Kalifornien, die erfolgreich fertige Salatmischungen in Supermärkten anbieten, beschloss der Betriebswirt, dass es Zeit für eine Wende in seinem Leben ist. Er kündigte seinen Job im Windenergie-Vertrieb bei Siemens und gründete Blattfrisch.

Inzwischen gibt es zehn Salat-Angebote

„Wir verwenden nur Zutaten aus biologischem Anbau von Erzeugern aus der Region“, sagt Neubauer knapp drei Jahre später. Los ging es mit drei Salat-Grundmischungen, die je nach Saison mit unterschiedlichen Zutaten zu kompletten Mahlzeiten werden. Das können im Sommer Zucchini sein, im Herbst Kürbis und im Winter Steckrüben. Dazu kommen abgestimmte Dressings und Sattmacher wie Linsen, Feta, Nusskerne oder Apfel-Chutney. Zu den Partnern gehören die Demeter-Gärtnerei Sannmann, Overmeyer Landkulturbau, Bio-Obst Augustin oder die Hofmeierei Jeetzel. Inzwischen gibt es zehn Angebote. Die Rezepte entwickeln die Blattfrisch-Macher mit dem Hamburger Koch Thomas Sampl.

Die Blattfrisch-Zentrale in Eilbek war früher eine Fleischerei. Im gefliesten Verkaufsraum stehen Schreibtische, die alten Fleischhaken dienen als Garderobe. Im Untergeschoss wirkt Koch Simon Braun. Es riecht nach Apfel und irgendwie würzig. „Ich koche gerade den Fond für unser Apfel-Chutney“, sagt Braun. Daneben köchelt der mediterrane Bohnenmix, der in den drei Wrap-Varianten verarbeitet wird. Es gibt auch eine Art Waschmaschine für Obst und Gemüse, die Salat schleudern kann.

An den Wänden der Produktionsküche pinnen Rezeptzettel mit Zutatenlisten und den Lieferplänen für die einzelnen Wochentage. Nicht nur beim Inhalt, auch bei der Verpackung setzen die Salatversteher auf Nachhaltigkeit. „Dafür geben wir viel Geld aus“, sagt Co-Geschäftsführer Christoph Ries, der seit dem Frühjahr im Unternehmen ist. Alle Verpackungen sind aus transparentem Recycling-Plastik. Die Schalen für die Blattsalatmischungen bestehen aus biologisch abbaubarem Bagasse, das sind Pflanzenreste aus Zuckerproduktion. „Die allein kostet schon 33 Cent. Das ist das Fünffache einer normalen Plastikschale“, sagt Ries. Für die Unternehmer eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Blattfrisch expandiert und sucht regionale Partner

Mit 250.000 Euro Startkapital war Neubauer in sein Unternehmerleben gestartet, teilweise finanziert von Bank und Bürgschaftsgemeinschaft. Nachdem Blattfrisch das erste Jahr ausschließlich auf Bio-Wochenmärkten verkauft hatte, liefern die Salatmacher heute an Bio-Supermärkte in Hamburg und Berlin ihre Blattsalat-Mischungen, Wraps, Nudel- und Couscous-Varianten und Schichtsalate – immer mit dreitägiger Frischegarantie. „Wir wachsen kontinuierlich“, sagt Finanzmann Ries. 2016 lag die Umsatzsteigerung bei über 100 Prozent. „Im ersten Halbjahr waren es 129 Prozent“, so der Betriebswirt. Das Ziel für 2018: eine Million Euro Umsatz. Im Team sind inzwischen elf Mitarbeiter.

Seit August werden die Blattfrisch-Produkte über einen Großhändler auch im Westen Deutschlands vertrieben, in Kürze folgt der Osten. „Mitte 2018 wollen wir in ganz Deutschland verfügbar sein“, sagt Georg Neubauer. Dann können die beiden Chefs wohl nicht mehr morgens bei der Produktion einspringen, sondern sind viel unterwegs. „Unser Konzept basiert auf Regionalität und Saisonalität“, sagt der Gründer. „Für die Expansion suchen wir in anderen Gegenden Erzeuger als Partner.“

Der Test: Lecker und frisch – aber teuer

Produkt: Unter den Namen „Der Sportliche“, „Der Vielseitige“ und „Der Bitter-Süße“ bietet Blattfrisch drei saisonale Mischungen auf der Basis von Blattsalaten an, die frisch in Hamburg produziert werden. Dazu kommen wechselnde Zugaben wie Couscous oder Linsen sowie Früchte und Gemüse nach Jahreszeit. Alle Zutaten sind aus biologischem Anbau von Partnerbetrieben aus der Region.
Verpackung:
Salat und Dressing sind in zwei Behältern aus biologisch abbaubarer Bagasse sowie recyceltem Plastik verpackt. Sie werden mit einer Banderole zusammengehalten. So bleiben die Bestandteile zusammen, allerdings ließ sich der Klebestreifen teilweise schwer lösen. Die Aufkleber mit der Inhaltsangabe sind klein bedruckt und schwer lesbar.
Geschmack:
Die Salate sind frisch und knackig, die Kombinationen sind abwechslungsreich und innovativ. Man kann gut direkt aus dem Behälter essen. Sehr lecker sind auch die Dressings, die von Overmeyer Landbaukultur in Seevetal kommen.
Preis-Leistungs-Verhältnis/Verfügbarkeit:
Die Bio-Salate von Blattfrisch bewegen sich deutlich im oberen Preissegment. 175 Gramm kosten 3,99 Euro. In Salatbars, wie sie viele Supermärkte anbieten, liegt der Preis pro 100 Gramm zwischen 1,10 und 1,20 Euro. Fertige Salatmischungen gibt es etwa bei Edeka für 2,99 Euro (170–180 Gramm), bei Discountern liegen die Preise noch darunter. Doch handelt es sich dann nicht um Bio-Produkte. Blattfrisch gibt es in Bio-Supermärkten wie Denn’s, Bio Company, Tjaden, Basic und Alnatura sowie in einigen Rewe- und Edeka-Märkten.
Fazit:
Eine gute Alternative für ein schnelles und frisches Mittagessen. Dass alle Zutaten aus der Region kommen, hinterlässt ein gutes Gewissen. Allerdings sind die Portionen für den Preis eher klein. Das Abendblatt-Urteil: für Geschmack gibt es fünf Sterne, für den Preis drei Sterne, insgesamt geben wir vier Sterne