Hamburg. Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut und Privatbank Berenberg erstellen bundesweites Ranking. Woran es der Hansestadt fehlt.
Wenn Deutschlands zweitgrößte Stadt in einem Vergleich der Zukunftsfähigkeit von 30 inländischen Standorten nur auf Platz acht rangiert, sieht das nicht nach Erfolg aus. „Hamburg bleibt in seiner Dynamik hinter dem zurück, was die Stadt an Potenzial zu bieten hätte“, sagt denn auch Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI).
Bereits zum fünften Mal haben das HWWI und das Privatbankhaus Berenberg nun ihr „Städteranking“ veröffentlicht. Wie bei der vorangegangenen Untersuchung im Jahr 2015 heißt der Sieger München, diesmal gefolgt von Leipzig und Frankfurt. Die Platzierung Hamburgs blieb unverändert, nachdem die Hansestadt zuvor zweimal den siebten und einmal den elften Rang erreichte.
Leitartikel: Wohlstand in Gefahr
„Um sich erfolgreich im Standortwettbewerb zu positionieren, müssen Städte attraktive Rahmenbedingungen bieten, die Unternehmen und Menschen anziehen“, sagt Hans-Walter Peters, Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter von Berenberg. Dabei liegen die Stärken Hamburgs unter anderem in der Demografie. So gehört die norddeutsche Metropole der Studie zufolge zu den lediglich fünf Städten in Deutschland, die im Zeitraum bis 2030 voraussichtlich eine Zunahme der Zahl der Erwerbspersonen verzeichnen werden.
Beim Anteil der Schulabgänger mit Hochschulreife (59,3 Prozent) nimmt Hamburg sogar den Spitzenplatz ein. „Hamburg hat eigentlich wunderbare Entwicklungsmöglichkeiten“, sagt Vöpel. Doch zum Beispiel im Hinblick auf die Internationalität schneidet die Hansestadt nur mittelmäßig ab. Wenn es um den Anteil der Ausländer an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (9,4 Prozent) geht, erreicht sie nur Rang 14, mit dem Anteil ausländischer Studierender (12,6 Prozent) schafft sie gerade einmal Platz 15.
Schwächen beim Technologietransfer
„Letzeres hat mit der Bekanntheit der wissenschaftlichen Einrichtungen und ihrer Attraktivität für ausländische Studierende und Forscher zu tun“, erklärt Vöpel. In Asien etwa denke man bei deutschen Hochschulen eher an Heidelberg, an die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität oder an die Berliner Humboldt-Universität. „Historisch gesehen ist Hamburg kein Ort der Wissenschaft“, so Vöpel.
Schwächen gebe es auch beim Technologietransfer, dem Austausch zwischen Firmen und Hochschulen. Zudem rangiert Hamburg beim Zuwachs der Wirtschaftsleistung pro Kopf über einen Zeitraum von mehreren Jahren auf Platz 16. „Die Krise 2008/2009 hat die Stadt in besonderer, geradezu struktureller Weise getroffen“, so Vöpel. Im maritimen Sektor werde die Erholung noch Zeit in Anspruch nehmen, und es koste große Anstrengungen, die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens im Vergleich zu Konkurrenten wie Antwerpen zu erhalten.
Handel in tiefgreifendem Strukturwandel
Eine zweite für die Hansestadt wichtige Branche, der Handel, befinde sich mitten in einem tiefgreifenden Strukturwandel: „Der zunehmende Anteil des Online-Geschäfts verringert die Margen, auf dem Weg vom Produzenten zum Konsumenten fallen durch die großen Handelsplattformen komplette Zwischenstufen weg.“
Vor diesem Hintergrund müsse Hamburg gegensteuern: „Jetzt ist die Zeit für Weichenstellungen und für mehr Geschwindigkeit im Strukturwandel“, sagt der HWWI-Direktor. Vor allem benötige die Hansestadt eine Digitalstrategie, wie sie zum Beispiel München entwickelt habe; dort setzt man auf Anwendungen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz.
Für Hamburg könnte es sich nach Auffassung von Vöpel angesichts des vorhandenen Logistikschwerpunkts und bereits bestehender Kompetenzen anbieten, die Chancen des 3-D-Drucks und der „Virtual Reality“-Technologien zu nutzen. Daneben ließen sich aus dem Trend zur „Smart City“ neue Geschäftsmodelle ableiten – etwa im Hinblick auf intelligente Mobilität. So will die Hochbahn bis 2021 einen Versuchsbetrieb mit fahrerlosen Kleinbussen einrichten.
Ansätze für digitale Innovationen
Ansätze für digitale Innovationen gebe es auch im Gesundheitssektor, sagt der HWWI-Chef, etwa über Entwicklungen wie diese: „Kinder, die im Krankenhaus liegen, können künftig über virtuelle und erweiterte Realität weiter am Schulunterricht teilnehmen.“ Hamburg könne ein Ort werden, der digitale Zukunftskonzepte für mehr Lebensqualität umsetzt.
Beim Blick auf das Ranking fällt auf, dass es neben Berlin zwei weitere ostdeutsche Städte – Leipzig und Dresden – unter die „Top 5“ geschafft haben. „Grund dafür ist allerdings zum Teil der starke Zuzug aus dem strukturschwachen Umland“, sagt Vöpel. Chemnitz, die vierte der ostdeutschen Städte im Vergleich, rangiert denn auch auf dem vorletzten Platz.