Hamburg muss weltweit Talente anlocken und darf nicht nur auf den Hafen setzen.

Ist Hamburg gut gerüstet für die ­Zukunft? Blickt man auf das neue ­Städteranking des Wirtschaftsinstituts HWWI und der Berenberg Bank, dann müssen einem Zweifel kommen. Lediglich auf Platz acht von 30 untersuchten deutschen Städten landet Hamburg – noch hinter Dresden, Köln und Wiesbaden. Die Platzierung allein ist bereits wenig erfreulich für die zweitgrößte Metropole des Landes. Doch die Entscheider in der Hansestadt müssen vor allem bei den detaillierten Begründungen für das mäßige Abschneiden aufhorchen. Im Zentrum der Kritik steht die „fehlende Internationalität“. Ein Armutszeugnis für eine Stadt, die gerne mit dem Slogan „Tor zur Welt“ wirbt.

Hamburg fehlt qualifizierte Zuwanderung. Und genau dieses Manko kann sich beim Blick auf die künftige Wirtschafts- und Leistungskraft als großes Problem herausstellen. Denn ohne die besten Arbeitskräfte aus dem Ausland werden weder Hamburg noch die anderen wichtigen ökonomischen Zentren Deutschlands international wettbewerbsfähig bleiben. Das Werben um die Eliten weltweit muss bereits in jungen Jahren beginnen. Und genau hier gibt sich Hamburg seit Jahren mit einer gefährlichen Mittelmäßigkeit zufrieden. Schaut man auf den Anteil ausländischer Studierender an den Hochschulen, so landet die Hansestadt auf einem deprimierenden 15. Rang – weit hinter Berlin und München. Aber eben auch hinter kleinen Städten wie Braunschweig, Aachen und Wuppertal.

Der Hochschulstandort Hamburg hat offensichtlich rund um den Globus keinen guten Ruf. Denn an der Stadt an sich kann es nicht liegen, blickt man auf die stetig steigenden Touristenzahlen und Imagewerte. Hafen, Elbphilharmonie und Reeperbahn locken ­Wochenendgäste, aber junge Maschinenbau- und Informatiktalente aus Osteuropa und Asien suchen sich ihr Studentenwohnheim dann doch lieber in Aachen oder München. Hamburg muss seine Attraktivität als Hochschulstandort schnellstens verbessern, will man vor allem in Spitzentechnologien nicht weiter abgehängt werden.

Die fehlende Anziehungskraft für junge Talente ist ein Problem; ein weiteres stellt die nicht vorhandene ökonomische Vision für die traditionsreiche Handelsmetropole dar. Viel zu einseitig schaut Hamburg auf seinen Hafen. Hört man einigen Entscheidungsträgern zu, dann bekommt man den Eindruck, als ob das Wohl und Wehe der Stadt ausschließlich von der immer noch nicht genehmigten Elbvertiefung abhängt. Keine Frage, das Ausbaggern der Elbe ist notwendig, damit der Handel über Wasser weiter florieren kann. Aber die Elbvertiefung allein sichert keinesfalls den Wohlstand; Touristen, die Elbphilharmonie und teure Einkaufsstraßen übrigens auch nicht.

Hamburg muss endlich Zukunftstechnologien anlocken – und zwar im großen Stil. Wo bleiben die Neuansiedlungen internationaler Konzerne in Bereichen wie Elektromobilität, 3-D-Druck oder dem autonomen Fahren? Während sich Städte wie Bremen, Leipzig und Dresden zu Hotspots bei vielen Zukunftsthemen entwickeln, droht Hamburg hier den Anschluss zu verlieren. Melancholie statt Aufbruchstimmung – das ist mehr als gefährlich.

Keine Frage: Jede Studie ist angreifbar und hat handwerkliche Schwächen – auch die des HWWI. Doch statt sich nun – wie schon so oft in der Vergangenheit – wieder in Rechtfertigungen zu verlieren, sollten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft das mäßige Ergebnis der Untersuchung endlich als Signal zum Handeln verstehen.