Hamburg. Frauenrechtsorganisation vergibt Negativpreis an Hamburger Fitnessstudio für sexistische Anzeige. Das sagt der Preisträger.
Was hat eine Blondine mit Smokey Eyes, die lasziv an einem Eis schleckt, mit einem Fitnessstudio zu tun? Antwort: Nichts. Auch der Spruch „Heiß, heiß, Baby!“, der auf der Werbeanzeige prangt, liegt von Aktivitäten in einem Sportstudio sehr weit entfernt.
Dieser Meinung ist auch Terre des Femmes. Die gemeinnützige Frauenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin hat dem Hamburger Fitnessstudio fitness & friends für ihre Werbung mit der an einem Lebensmittel lutschenden Frau eine Auszeichnung verliehen.
Darstellung reduziere Frau zum Sexobjekt
Das Fitnessstudio in Wandsbek gewinnt den Negativpreis „Der Zornige Kaktus“ für die frauenfeindlichste Werbung 2017 in Deutschland. Von insgesamt 3720 Teilnehmern der Onlineabstimmung stimmten 2235 für die Anzeige des Hamburger Fitnessstudios unter den drei Finalisten.
„Die Pose der dargestellten Frau weckt Assoziationen mit der Darstellung eines ‘Blow-Jobs’/Oralbefriedigung eines Mannes in einem Pornofilm oder Pornoheft“, begründet Terre des Femmes die Auswahl von fitness & friends. Diese Darstellung reduziere die Frau zum reinen Sexobjekt und suggeriere ihre sexuelle Verfügbarkeit, so die Jury weiter. „Dieser Eindruck wird verstärkt durch den Text ‘Heiß, heiß, Baby!’, was Assoziationen mit den entsprechenden Anfeuerungsrufen in Porno-Filmen hervorruft.“ Die Jury ist der Meinung: „Das ist sexistisch.“
Fitnessstudio setzt bewusst auf provokante Bilder
Das Fitnessstudio fitness & friends am Friedrich-Ebert-Damm nimmt die Anti-Auszeichnung für ihre Werbekampagne aus dem Vorjahr, die auch großformatige Plakate und Print-Anzeigen umfasste, gelassen. „Grundsätzlich fühlen wir uns geehrt, dass wir schon wieder in aller Munde sind“, sagt Geschäftsführer Nico Herzog. „Und über manche Dinge muss man auch lachen können.“
Herzog hält die Werbung zudem nicht für anrüchig. Man habe sich vergangenes Jahr bewusst für eine Kampagne mit provokanten Bildern und Sprüchen entschieden, sagt er. „Dadurch waren wir sehr auffällig und auch in den Medien vertreten.“ Negative Auswirkungen hatte die Eis lutschende Frau für das Fitnessstudio nach eigenen Angaben nicht. Nein, es habe keine Beschwerden oder Kündigungen wegen der Werbung gegeben, sagt Herzog.
Mehr als 80 Anzeigen bei Terre des Femmes eingereicht
Bereits am heutigen Donnerstag hatte der Fitnessstudio-Geschäftsführer Post von Terre des Femmes im Briefkasten. Eine Einladung zur Preisverleihung. Und so kann es schon bald sein, dass Nico Herzog den „Zornigen Kaktus“ bei sich im Regal stehen hat, „Wir werden ihn wohl abholen“, kündigte er an.
Von Mitte Juni bis Mitte Juli wurden mehr als 80 Anzeigen bei der Frauenrechtsorganisation eingereicht, die die Bandbreite frauenfeindlicher Werbung in Deutschland widerspiegelt. Aus den Vorschlägen wählte die Jury drei Werbeanzeigen zur Abstimmung für die Öffentlichkeit aus. Auf Platz zwei wurde übrigens eine Anzeige der Kölner Firma MKR Rothenbücher gewählt.
„Magst du’s dreckig? Werde Gärtner“
Der Schrottplatz wirbt mit einer nackten Frau, die sich schalenartige Metallteile vor ihre Brüste hält. Darunter steht der Satz: „Wir nehmen auch alte Glocken“. Diese nackte Brustpartie wird im Zentrum des Bildes inszeniert, der Kopf der Frau ist nicht zu sehen. Nach Ansicht der Jury wird ihr nackter Körper instrumentalisiert, um Metallschrott in Szene zu setzen. “Im Zusammenhang mit einem Ankauf von Schrott dann von alten Glocken zu sprechen, die man gönnerisch auch nehmen würde, ist zusätzlich diskriminierend“, lautet das Urteil von Terre des Femmes.
Platz drei geht an eine Firma in Niedersachsen. Das Unternehmen Garten- und Landschaftsbau Borgmann wirbt mit dem sandbedeckten Po einer Frau in einem knappen Bikinihöschen. Dazu der Spruch in Großbuchstaben: „Magst du’s dreckig? Werde Gärtner“. Die Jury ist der Meinung: Diese Darstellung eines weiblichen Gesäßes am Strand hat mit dem beworbenen Ausbildungsberuf des Gärtners nichts zu tun. Der Text erinnere zudem an die Sprache in Porno-Filmen und der Anbahnungssituation im Prostitutionsmilieu.
Terre des Femmes hat nicht nur die frauenfeindlichste Werbung gekürt, sondern sich auch beim Werberat über die drei Finalisten beschwert. Dieser soll die drei Unternehmen auffordern, ihre Werbung zurückzuziehen.