Hamburg. Die Ausstellung „Visualleader 2015“ in den Deichtorhallen zeigt den Einfluss der Kunst auf die Zeitungs- und Magazingestaltung.
Dass die Ausstellung „Visualleader 2015“, die ab Freitag in den Deichtorhallen zu sehen ist, ihre Exponate nicht aus Galerien und Ateliers, sondern aus Zeitungen, Zeitschriften und dem Internet bezieht, fällt nicht direkt ins Auge. Das liegt zum einen an der Präsentation der Ausstellungsstücke, die für die Lead Awards nominiert sind. Viele werden in Originalgröße, ohne ihren ursprünglichen publizistischen Kontext gezeigt und wirken dadurch umso mehr wie Kunstwerke. Zum anderen liegt es daran, dass die Kunst zunehmend „Einfluss auf die Magazin- und Zeitungsgestaltung“ hat, wie Dirk Luckow, der Intendant der Deichtorhallen, bei der Präsentation der Ausstellung am Donnerstag feststellt. Man merke deutlich, wie „die Bereiche Medien und Kunst voneinander profitieren“. Luckow sieht „Visualleader 2015“ denn auch als „Kompliment an die deutsche Medienlandschaft“, dokumentiert werde die Qualität der Print- und Onlinepublikationen dieses Landes.
Auch Markus Peichl, der Vorsitzende der LeadAcademy und der Jury, die über die Vergabe der Lead Awards entscheidet, sagt, dass man es mit einem herausragenden Jahrgang zu tun gehabt habe. Das gelte auch und besonders für die Hauptkategorie Zeitungen: Eine Rekordzahl von 600 Beiträgen sei von der Vorjury in die engere Wahl für die Hauptkategorie Zeitungen – daneben gibt es vier weitere, Zeitschriften, Werbung, Design und Online – genommen worden. Darunter auch gleich zwei Mal das Hamburger Abendblatt: Die in Zusammenarbeit mit dem Designbüro Mutabor konzipierte und umgesetzte Piktogramm-Titelseite vom 30. August 2014 könnte als Illustration des Jahres prämiert werden. Und die ebenfalls im August vergangenen Jahres eingeführte Rubrik „Die andere Seite“ hat Chancen darauf, zum Beitrag des Jahres gekürt zu werden. Zur Zeitung des Jahres könnte neben der „Süddeutschen Zeitung“, dem „Tagesspiegel“ und „Neues Deutschland“ auch ein Boulevardblatt erklärt werden: Die Berliner „B.Z.“ hat mit vielfältigen Kampagnen und einem – so Peichl – „hohen moralischen Anspruch“ die Jury für sich eingenommen.
Hochwertiger Output der Blattmacher
Die hohe Zahl der Nominierten – in einigen Kategorien muss die 122 Personen umfassende Fachjury aus fast 20 Nominierten die Preisträger auswählen – erklärt Peichl so: „Schuld sind nicht wir, Schuld ist der unglaublich hochwertige Output der Blattmacher.“ Man habe sich fast durchgängig schwer getan, auch nur dieses jetzt ausgestellte „Kondensat“ auszuwählen. Gerade bei den Zeitungen ist für Peichl klar: „Hier erfindet sich eine Gattung neu.“ Wäre vor einigen Jahren die von Georg Baselitz gestaltete Ausgabe der „Welt“ noch ein Novum gewesen, bei dem außer Frage stand, dass sie Teil der Ausstellung sein musste, würde heute viel mehr gewagt. So viel, dass einige Blattmacher sich bereits bei Peichl gemeldet hätten, warum ihre Kooperationen oder Sonderausgaben nicht zu den Nominierten gehört hätten.
Beeindruckend sei zudem, dass dieser Qualitätszuwachs unter nicht idealen Bedingungen passiert sei: Trotz notwendiger Einsparungen in den Redaktionen und der zunehmenden Konkurrenz durch Online-Angebote leisteten die deutschen Zeitungsmacher heute mehr als je zuvor. Und übernähmen langsam eine andere Rolle: „Printmedien werden zum Kulturgut“, stellte Peichl fest. Die Tageszeitungen näherten sich in ihren Ansprüchen an Gestaltung und Qualität immer mehr den Magazinen an.
Diese Hauptkategorie zeigt erneut die Qualität des Medienstandortes Hamburg: Alle drei Nominierten für den Preis des Magazins des Jahres kommen von Hamburger Verlagshäusern: Das Philosophie-Magazin „Hohe Luft“ von Inspiring Network, das Kochmagazin „Beef“ aus dem Haus Gruner + Jahr und das „Zeit Magazin“ haben Chancen auf die Auszeichnung. Im Newcomer-Bereich ist ebenfalls eine Hamburger Produktion ins Augenmerk der Juroren gerückt: „MC1R“, das laut Eigenbeschreibung weltweit einzige Magazin von und für Rothaarige, das seinen Namen von dem genetischen Rezeptor, der die Haarfarbe bestimmt, entliehen hat, ist ebenfalls eine Hamburger Idee.
Und auch im Bereich Werbung demonstriert Hamburg einmal mehr Stärke: Oliver Voss, Ralf Heuel, der Kreativgeschäftsführer der Agentur Grabarz und Partner und Armin Jochum, Vorstand der thjnk AG, die drei als Creativeleader des Jahres nominierten Werber, sind ebenfalls in der Hansestadt ansässig.
Wer aus der großen Bandbreite der Nominierten die Medaillen in Bronze, Silber oder Gold erhält, das erfahren die Blattmacher, Kreativen und Fotografen am 29. Oktober. Dann werden die Lead Awards zum 13. Mal verliehen – zurück am angestammten Platz in den Deichtorhallen. Wegen Sanierungsarbeiten wurde die Gala im vergangenen Jahr einige hundert Meter weiter in die Markthalle verlegt.