Hamburg. Der SPD-Politiker über einen Bistro-Betreiber in Niendorf-Nord, der sich seit Jahren für seinen Stadtteil einsetzt.

Vor der Bundestagswahl am 24. September hat das Hamburger Abendblatt die aussichtsreichen Hamburger Kandidaten für ein ungewöhnliches Projekt gewonnen: Sie schreiben jeweils über ein Thema, das sie besonders bewegt, eine Person, die sie beeindruckt oder eine Institution in ihrem Wahlkreis, die aus ihrer Sicht mehr Aufmerksamkeit verdient. Heute schreibt Niels Annen (SPD). Er war von 2005 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und ist es seit 2013 wieder. Er ist Direktkandidat im Wahlkreis Eimsbüttel.

Vieles lässt sich bewegen, wenn soziale Stadtteilentwicklung und das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern aufeinandertreffen. In Eimsbüttel gibt es hierfür zahlreiche kleine und große Beispiele. Der Unternehmer Ishak Ates, der im Einkaufszentrum NNZ an der Endhaltestelle der U 2 Niendorf-Nord ein Bistro führt, ist ein solches Beispiel.

Ishak Ates zeichnet aus, was Eimsbüttel so lebens- und liebenswert macht: Leidenschaft für die Familie, Erfolg im Beruf, Einsatz für den Stadtteil, Engagement für Jung und Alt, gelebte Integration. 2004 fing er in Niendorf-Nord mit einem kleinen Laden an. „Einige Rentner haben mich sehr kritisch beäugt. Ich habe denen jeden Morgen freundlich ‚Guten Morgen‘ gewünscht, auch wenn sie nie geantwortet haben“, erzählt er über die nicht immer einfache Anfangszeit.

Aus dem Stadtteil nicht mehr wegzudenken

Mittlerweile ist Ates aus dem Stadtteil nicht mehr wegzudenken. Zur Mittagszeit wird es voll in seinem Laden. Schüler stehen für Dönertaschen an, Senioren schätzen seinen Mittagstisch. Und alle wollen einen Plausch mit Ishak­, der mit jedem per Du ist. „Omas drücken mir ihre Portemonnaies in die Hand und sagen, dass ich mir das Geld rausnehmen kann. Das hätte ich mir früher nie vorstellen können.“

Im Quartier ist Ates jedoch auch aus einem anderen Grund ein zentraler Anlaufpunkt. Als bekennender Niendorfer kümmert er sich nämlich um örtliche Belange. Mehrere Angebote, in größere und citynähere Läden umzuziehen, hat er deshalb abgelehnt. Seit rund zehn Jahren leitet er außerdem die Interessengemeinschaft Niendorf-Nord. Diese versucht, Gewerbetreibende im Viertel dafür zu gewinnen, sich für den Standort zu engagieren. „Das ist nicht immer einfach, aber wir sehen, dass unsere Arbeit in den letzten Jahren etwas bewirkt hat.“

Umfeld neu gestaltet

Über diese Arbeit habe ich Ishak Ates kennengelernt. Mit Unterstützung der Politik wurde das Umfeld neu gestaltet, und ein Wochenmarkt soll für weitere Belebung sorgen. Auch ein Stadtteilfest wird jedes Jahr von der Interessengemeinschaft auf die Beine gestellt. Diese aktive Gestaltung der sozialen Infrastruktur ist ein großer Gewinn für den Stadtteil.

Es sind aber auch die vermeintlich kleinen Anliegen, derer sich Ates annimmt. Wenn sich Leute über Verschmutzungen ärgern oder Jugendliche „übers Ziel hinausschießen“, ist Ates zur Stelle und sucht nach Lösungen. Sein Rezept: „Mit direkter Ansprache erreicht man am meisten.“ Einige jugendliche Problemfälle wurden durch ihn bereits zu Musterschülern. „Die haben dann von mir für ein Taschengeld Aufgaben bekommen und haben sich auf einmal für das Umfeld verantwortlich gefühlt“, sagt Ates schmunzelnd.

Themen, die über Niendorf hinausgehen

Ich schätze Ishak Ates aber auch als Gesprächspartner zu Themen, die über Niendorf hinausgehen. Dazu gehört die Situation in der Türkei, die Ishak Ates als 17-Jähriger verlassen musste, weil er als Kurde für sich dort keine Zukunft mehr sah. Seine erfolgreiche Integration in Hamburg macht mir Hoffnung, und sie ist eine Brücke zwischen meiner Wahlkreisarbeit in Eimsbüttel und meiner­ außenpolitischen Arbeit im Bundestag.

Im Gespräch mit der örtlichen Kirchengemeinde sagte Ates vor zwei Jahren: „Ich denke, die Flüchtlinge von gestern gestalten die Gesellschaft von morgen, wenn sie die Chance bekommen. Sie sind für Deutschland eine Chance, viele haben ja bereits in ihre Ausbildung investiert, und sie wollen hier arbeiten!“

Diese Einschätzung teile ich. Unzählige Hamburgerinnen und Hamburger haben sich in den vergangenen Jahren in der Flüchtlingshilfe engagiert und so als Alteingesessene den Neuen Chancen geboten. Dieses Engagement wird sich auszahlen.

Morgen schreibt Alexander Wolf (AfD) über einen Lokstedter, der sich im eigenen Haus mittlerweile fremd fühlt