Hamburg. Die Hansestadt boomt als Urlaubsziel – auch wegen einer großen Internet-Offensive: Allein 300 internationale Blogger berichten.

Tracy, eine Bloggerin aus New York, kann ihre Begeisterung über Hamburg kaum noch in Worte fassen. Die Stadt sei so schön, der Spaziergang um die Alster sei ein absolutes „Highlight“ ihrer Reise gewesen. Ihre Kollegin Stephi LaReine aus Nordengland preist Hamburg als eine der „coolsten Städte“ in Europa, eine Metropole, die man entdecken müsse. Und für die Niederländerinnen Elke Salverda und Sarah Reinhoudt steht fest: „Hamburg ist das neue Berlin.“

Wer schon immer der Überzeugung war, dass Hamburg zu den schönsten Städten der Welt gehört, findet im Internet garantiert Belege. In Hunderten Reiseblogs wird über Hamburg berichtet, zur Freude der Touristik-Manager fast immer positiv. Die Hamburg Tourismus GmbH (HHT) ist daran keinesfalls unschuldig. 2016 hat die HHT 300 Blogger aus der ganzen Welt eingeladen, um über Hamburg zu berichten.

Einsatz rechnet sich

Wie stark diese Internet-Offensive den Tourismus-Boom in Hamburg – wie berichtet, rechnet die HHT in diesem Jahr mit 14 Millionen Übernachtungen, fast doppelt so viele wie 2007 – beschleunigt hat, kann niemand seriös beurteilen. Sicher ist nur: Ohne massiven Einsatz in der virtuellen Welt wäre der Kampf um die Touristen von morgen verloren.

„Das digitale Geschäftsfeld wird für uns immer wichtiger“, sagt Sascha Albertsen, Kommunikationschef bei der HHT. Zwölf Mitarbeiter pflegen Kampagnen wie „Ahoi Hamburg“ oder „Mein Hamburg“ in den sozialen Netzwerken, allen voran bei Facebook, Twitter und Instagram. „Die Betreuung der Blogger steht zwar öffentlich im Fokus, ist aber nur ein Ausschnitt unserer Arbeit“, sagt Albertsen.

Honorare für Blogger

Gerade bei den Bloggern ist der Grat schmal. Die HHT übernimmt in der Regel nicht nur die Kosten für Anreise und Unterkunft, sondern zahlt besonders angesagten Bloggern Honorare in, wie Albertsen sagt, „niedriger vierstelliger Höhe“. Dies sei inzwischen in der Branche üblich.

Allerdings verlangt die HHT, dass die Blogger die Unterstützung erwähnen. Da Glaubwürdigkeit in der Blogger-Welt als wichtigste Währung gilt, würde die Mehrzahl der Reise-Berichterstatter die Pflicht zur Transparenz wohl auch ohne vertraglichen Druck erfüllen. Wer hier mit versteckter, bezahlter Werbung operiert, riskiert seine Kundschaft.

Auch die Hotelbranche setzt zunehmend auf die sogenannten Influencer, die besonders viele Fans, Freunde oder Follower in den sozialen Netzwerken haben. Im Juni 2016 startete der Verein Promotion Pool Hamburger Hotellerie, ein Zusammenschluss von 160 Hotels, das Projekt „Come to Hamburg“.

Tipps abseits der touristischen Pfade

Lars Meier, Geschäftsführer der Hamburger Agentur Gute Leude Fabrik, hat mit seinen Mitarbeitern das Konzept entwickelt und setzt es nun für Promotion Pool um. „Dieses Projekt ist in dieser Form in Europa einmalig“, sagt er. Im Gegensatz zur HHT übernimmt Promotion Pool derzeit nur die Hotelkosten. Um die Reisekosten der Blogger auf Sicht zu senken, führt Meier jetzt Gespräche mit Fluglinien. In der Regel bleiben die Blogger zwei Tage in der Hansestadt.

Wie die HHT entwickelt die Gute Leude Fabrik maßgeschneiderte Programme. Wer vor allem über die Gas­tro-Szene schreibt, bekommt entsprechende Tipps und Restaurant-Gutscheine. Wer sich auf Mode spezialisiert, darf hinter die Kulissen von Designern schauen. Im Frühjahr reiste ein gehörloser Blogger nach Hamburg, dokumentierte seine Erfahrungen über Videos in der Gehörlosensprache. Promotion Pool lockt Blogger sehr bewusst in Stadtteile außerhalb des klassischen Sightseeing-Programms. „Wir möchten der Welt zeigen, dass es auch in Niendorf oder Finkenwerder spannend sein kann“, sagt Meier.

Wenig bekannte Viertel fördern

Dies ist ganz im Sinne des HHT, immerhin fühlen sich inzwischen 14 Prozent der Einwohner der City-Stadtteile vom Tourismus-Boom genervt, in ganz Hamburg sind es acht Prozent. Aber schon wegen der fehlenden Infrastruktur müssen die Manager in manchen Vierteln dicke Bretter bohren, um sie für Blogger attraktiv zu machen. „In Stadtteilen wie Bergedorf fehlen uns schon Hotelkapazitäten“, so Albertsen.

Mehr Hoffnung verknüpft er mit dem neuen Projekt „Hamburg like a local“, wo ganz normale Hamburger in Videos aus ihrem Alltag erzählen, abseits ausgetretener touristischer Pfade. Martin Siegmann, Barkeeper im Golem an der Elbstraße, gibt etwa seine ganz persönlichen Ausflugs- und Restauranttipps. Die sind dann sogar für geborene Hamburger spannend.