Hamburg. Die Akademie platzt aus allen Nähten. In der Kantine muss in Schichten gegessen werden. Und eine Lösung ist nicht in Sicht.

Mit einem straffer organisierten Einstellungstest will sich die Hamburger Polizei im Wettbewerb um Bewerber für den Polizeidienst besser aufstellen. Gleichzeitig soll durch die Kooperation mit dem auf Sportmedizin spezialisierten UKE Athleticum der Leistungs- und Gesundheitstest der Bewerber verbessert werden. Doch während mit allen Mitteln versucht wird, das Personalproblem in den Griff zu bekommen, taucht ein neues Problem auf: Die für die Ausbildung des Polizei-Nachwuchses zuständige Akademie am Braamkamp in Winterhude platzt aus allen Nähten.

Es ist das Programm „Einstellungsoffensive 300+“, das zu der Raumknappheit führt. 300 Polizisten mehr als die Polizei pro Jahr Beamte durch Pensionierung verliert, sollen eingestellt werden. Das bedeutet, dass jedes Jahr 532 neue Polizeischüler in Hamburg anfangen. Was das für die Akademie bedeutet, zeigt eine interne Statistik, die dem Abendblatt vorliegt. Danach befinden sich in diesem Jahr 1092 Personen in der Ausbildung, fast 300 mehr als im vergangenen Jahr. Bis 2020 wird die Zahl auf 1232 pro Jahr ansteigen.

Mehrere Möglichkeiten

„Dafür ist die Akademie räumlich nicht ausgelegt“, sagt Thomas Jungfer, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Wir brauchen hier eine tragfähige Lösung, da auch nach 2020 mit einer hohen Zahl von Auszubildenden und Studierenden zu rechnen ist.“

Diese Lösung gibt es noch nicht. Nur mehrere Möglichkeiten. Eine wäre die ehemalige Hochschule für Musik und Theater an der Hebebrandstraße. Hier hätten nicht nur die Akademie und die Einstellungsstelle Platz, auch ausgelagerte Dienststellen wie die Abteilung gegen Wirtschaftskriminalität oder die Soko „Schwarzer Block“ könnten mit einziehen.

Weitere Variante

Besichtigt wurde die Immobilie bereits, passiert ist seitdem aber nichts. Eine weitere Variante wäre, das 2011 eingeweihte Trainingszentrum der Polizei, das sich auf dem heutigen Akademie-Gelände befindet, aufzustocken. Das ist zwar bereits genehmigt, die Bauzeit würde jedoch zwei Jahre betragen. Hier könnte dann jedoch nur die Verwaltung der Akademie einziehen. Im Anschluss müssten die frei gewordenen Räume im Polizeiausbildungszentrum umgebaut werden. Die Auswirkungen auf den Lehrbetrieb, so ein Insider, seien „unklar“.

So bleiben derzeit nur eine Containerlösung. Auf dem Akademie-Gelände stehen bereits welche mit Duschen und Umkleideräumen, doch auch diese reichen nicht aus. Weitere aufzustellen wurde ebenfalls zum Problem, obwohl es sich um baugleiche Modelle handelt. Aufgrund veränderter Bestimmungen gibt es nun aber Probleme mit dem Brandschutz.

Die Polizei Hamburg sucht Bewerber:

Die Polizei Hamburg sucht Bewerber

Postkartenkampagne der Polizei Hamburg
Postkartenkampagne der Polizei Hamburg © Polizei Hamburg | Polizei Hamburg
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Postkartenkampagne der Polizei Hamburg
Postkartenkampagne der Polizei Hamburg © Polizei Hamburg | Polizei Hamburg
Postkartenkampagne der Polizei Hamburg
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Die Polizeischüler benötigen Umkleiden, da sie zwar den Unterricht in Uniform absolvieren, diese aber noch nicht in der Öffentlichkeit tragen dürfen. Die Uniformen der Schüler, die am 1. Oktober beginnen sollen, werden deshalb erst einmal eingelagert.

Auch die Kantine der Akademie ist ein Problem – sie ist nur für 200 Personen ausgelegt. Man müsse in Schichten pausieren, sagt der Leiter der Akademie, Thomas Model. „Wir haben hier eine Vielzahl von Problemen, die kaum lösbar erscheinen, wenn man den Lehrbetrieb nicht beeinträchtigen will“, sagt DPolG-Vize Jungfer. „Was wir als Polizei aber brauchen, das ist eine starke Nachwuchsförderung.“

Tatsächlich ist die Auswahl hart. Von den jährlich rund 5000 Bewerbern schaffen es lediglich rund 1300 bis zum Sport- und Gesundheitstest. „Im Mittleren Dienst brauchen wir sieben Bewerber, um eine Stelle zu besetzen“, sagt Polizeioberrat André Martens. „Im gehobenen Dienst sogar zehn.“

Einige müssen ein Jahr wiederholen

Noch gebe es genug Bewerber – aber auch hier tun sich Probleme auf. Zum Beispiel bei dem Plan, Bundeswehrsoldaten zu Polizisten zu machen. Für die 28 Ausbildungsplätze, Beginn Januar 2018, konnten erst 16 geeignete Bewerber gefunden werden. Ein weiteres Problem sind die vorzeitigen Abgänge. Etwa 13 Prozent der Polizeischüler hören während der Ausbildung auf. „Wir brauchen deshalb eigentlich höhere Einstellungszahlen, um das Ziel zu erreichen“, sagt Jungfer.

Auch die „Qualität“ des Nachwuchses werde zunehmend zum Problem. Unsportlicher als früher, so heißt es von den Sportmedizinern des UKE, seien viele Bewerber. Und noch eine weitere Zahl gibt Anlass zur Sorge. 45 Auszubildende für den Mittleren Dienst werden laut einer internen Statistik in diesem Jahr „sitzenbleiben“ und ein Ausbildungsabschnitt wiederholen müssen. Im vergangenen Jahr waren war das nur bei 18 Auszubildenden der Fall.