Hamburg. Bis Ende Juni schon 1700 Blüten sichergestellt. Wie die Kopien verteilt werden – und wie arglose Verbraucher sich schützen können.
In Hamburg ist wieder vermehrt Falschgeld im Umlauf. Allein im ersten Halbjahr wurden schon mehr als 1700 Blüten aus dem Verkehr gezogen. Gibt es bis Jahresende weiter so viele Funde, dann nimmt die Falschgeldkriminalität 2017 um zehn bis zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr zu.
Bei dem sichergestellten Falschgeld handelt es sich fast ausschließlich um hochwertige Kopien, die in den meisten Fällen über das Darknet – also das Internet – bestellt und anschließend von den Käufern in Umlauf gebracht wurden.
Es sind vor allem 50-Euro-Scheine, die nachgemacht werden. 63 Prozent aller in Hamburg sichergestellten Blüten sind falsche 50er, weiß Uwe Kelting, Chef des Falschgelddezernats. Auch Zehn- und 20-Euro-Scheine werden nachgemacht. Größere Scheine sind dagegen die Ausnahme. Bei ihnen wird beim Bezahlen genauer hingesehen. Das wollen die Täter vermeiden.
Drastische Strafen
Hergestellt wird das Falschgeld einfach auf Kopierern. Das als „Sicherheitsmerkmal“ erforderliche Hologramm, das entweder das Architekturmotiv des jeweiligen Scheins oder den Nennwert der Banknote zeigt, wird massenhaft in China als Aufkleber hergestellt. Auch diese werden im Darknet gehandelt.
Käufer von fertigem Falschgeld im Darknet sind häufig jüngere Leute. Bezahlt wird mit den dort erworbenen Blüten gern auf Stadtfesten oder anderen Veranstaltungen, dort, wo schnell und viel Umsatz gemacht wird und das Personal wenig Zeit hat, das Geld genau zu kontrollieren. Auch bei Käufen von Gebrauchtwaren aus Kleinanzeigenportalen im Internet kommt Falschgeld häufig zum Einsatz.
Der Abholer übergibt dem Verkäufer an der Haustür, gern am Abend bei schon schummrigem Licht, das vermeintliche Geld. Dann macht er sich mit der Ware aus dem Staub. Der Betrogene merkt meistens zu spät, dass er Blüten bekommen hat. „Besonders gern werden so Handys erbeutet“, weiß Kelting. „Die sind gut wieder zu verkaufen.“ Auch Laptops oder andere hochwertigere Technik werden immer wieder mit Falschgeld „bezahlt“.
Falschgeld muss gemeldet werden
Wer erwischt wird, muss mit einer drastischen Strafe rechnen. Mit dem Feuertod, wie im alten Rom, wird zwar niemand mehr in Deutschland bestraft, aber wer Falschgeld in Umlauf bringt, begeht auch heute noch ein Verbrechen. Es droht eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr. Auch wer Falschgeld bekommen hat, es merkt und weitergibt, macht sich strafbar. Hat man Falschgeld erkannt, muss man es melden. Dann wird es ersatzlos eingezogen.
Regelmäßig werden Anbieter im Darknet identifiziert. Dann beschlagnahmt die Polizei auch deren Computer und wertet sie aus. Das ist in der Regel eine Fundgrube für Daten von Abnehmern der Blüten. „Gerade ist in Österreich wieder so ein Verteilerring ermittelt worden“, sagt Kelting. Er erwartet bald die Daten seiner dortigen Kollegen, um hier gegen die Käufer zu ermitteln.
Hauptberufliche Falschgelddrucker, echte Könner in ihrem Genre, gibt es übrigens kaum noch. „Napoli-Fälschungen“ heißen die besten so hergestellten Blüten, weil sie aus illegalen Druckereien im Raum Neapel kommen. Aber das lohnt sich angesichts der Kopiertechnik kaum noch, weil mehrere Hunderttausend Euro Investitionen nötig sind, bevor der erste falsche Schein aus der Druckmaschine kommt.
Hamburg liegt ebenso wie Schleswig-Holstein im bundesweiten Trend. In diesem Jahr wurden auch bundesweit wieder mehr Euro-Blüten in Umlauf gebracht. Rund 39.700 gefälschte Euro-Scheine, das sind 8,7 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2016, wurden laut Bundesbank allein im ersten Halbjahr 2017 entdeckt.
Falsche 50er machen den Großteil aus
Der Nennwert der sichergestellten Blüten betrug 264.000 Euro. Das sind rund 100.000 Euro mehr als im Vorjahr. Dieser große Anstieg ist erklärbar: Wie in Hamburg sind es überall die falschen 50er, die den Großteil der Blüten ausmachen. In den vergangenen Jahren war der Anteil der kleineren Scheine am Falschgeld größer, was sich entsprechend auf die Schadenshöhe auswirkt.
Wer Angst hat, bei Verkäufen über Kleinanzeigen auf Falschgeld hereinzufallen, für den hat Kelting einen guten Tipp. „Wir hatten selbst einmal privat Schmuck angeboten“, sagt er. Die Übergabe sollte aber nicht bei ihm zu Hause sein, sondern in seiner Bank, wo der Schmuck im Schließfach lag.
„Dort sind überall Kameras, man ist unter Leuten und kann das Geld sofort einzahlen und vor allem prüfen lassen“, sagt Kelting. „Das ist der ideale Ort, um so einen privaten Verkauf mit jemandem, den man nicht kennt, abzuwickeln.“ Kelting hatte viele Anrufe auf sein Schmuck-Angebot. Nachdem er die Übergabemodalitäten bekannt gegeben hatte, meldeten sich so gut wie alle Anrufer nicht mehr wieder.