Hamburg. Hedgefonds soll größten privaten Pflegeheimbetreiber Hamburgs führen. Mehrere Angestellte haben offenbar gekündigt.

Die Zusage steht: Am 15. August, um 13 Uhr, wird Hermann Dambach, Deutschland-Chef des US-Finanzdienstleisters Oaktree, bei der außerordentlichen Betriebsversammlung im Festsaal von „Pflegen & Wohnen“ Rede und Antwort stehen. Die Zusage zeigt, dass der Verkauf sehr bald verkündet wird. Auf Abendblatt-Anfrage erklärte ein Sprecher der derzeitigen Eigentürmer, dass man sich in der „finalen Prozessphase“ befinde. Noch seien nicht „alle Schritte bis zum vollständigen Abschluss“ vollzogen: „Die beteiligten Parteien sind jedoch sehr zuversichtlich, dass der Verkaufsprozess zeitnah zum Abschluss kommt.“ In naher Zukunft wird also ein Hedgefonds den größten privaten Pflegeheimbetreiber Hamburgs führen.

Eigentümer hoffen auf einen Erlös von 500 Millionen Euro

Dambach darf sich auf eine turbulente Versammlung einstellen. Die Stimmung im Unternehmen gilt als äußerst angespannt, viele Mitarbeiter fürchten nach Abendblatt-Informationen, dass sich unter dem neuen Eigentümer ihre Lage verschlechtern könnte. Offenbar haben mehrere Angestellte von sich aus gekündigt. „Es muss endlich Schluss sein mit der monatelangen Hängepartie“, fordert der Betriebsrat. Dabei gehe es auch um die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens. Der Hintergrund: Die Heimbranche gilt als stark umkämpft, in der Hansestadt sind zehn Prozent der insgesamt rund 18.000 Plätze nicht belegt. Kein Betreiber kann sich Spekulationen um die Zukunft seines Unternehmens leisten.

Kommentar: Schutz für die Bewohner

Diese gibt es um „Pflegen & Wohnen“ seit Herbst 2016, als in der Fachpresse über einen Besitzerwechsel spekuliert wurde. Die Berliner Pflegeheim-Kette Vitanas und die Andreas Franke Unternehmensgruppe hatten „Pflegen & Wohnen“ im Jahr 2007 vom Senat übernommen und seitdem Millionen Euro in die teilweise heruntergekommenen Häuser investiert. Die Eigentümer verpflichteten sich für zehn Jahre, das Unternehmen zu halten. Vitanas machte sich nach Ablauf dieser Frist für einen Verkauf stark. Das Unternehmen sieht seine Zukunft eher im Bereich der Medizin und hofft auf einen Erlös von 500 Millionen Euro.

Senat will verhindern, dass Grundstücke verkauft werden

Der Senat beobachtet den Verkaufsprozess mit großer Sorge. „Alten- und Pflegeeinrichtungen sollten keine Spekulationsobjekte sein“, fordert Gesundheitssenatorin­ Cornelia Prüfer-Storcks. Mit Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt hat sie inzwischen verfügt, dass auf allen Grund­stücken weiterhin ausschließlich Alten- und Pflegeeinrichtungen betrieben werden können. Damit will der Senat verhindern, dass der US-Investor die Grundstücke gewinnbringend verkauft. Diese Entscheidung sorgte bereits für Streit mit den Noch­eigentürmern. Nach Ansicht von Vitanas hätte man den Käufern gestatten können, einen Teil des 33.000 Quadratmeter großen Grundstücks in Wilhelmsburg für andere Zwecke zu nutzen, da für die Altenpflegeeinrichtung nur 7000 Qua­dratmeter gebraucht würden.

Oaktree kann sich auch auf harte Verhandlungen mit dem Betriebsrat gefasst machen. Der Arbeitnehmervertreter fordert vor allem, dass der derzeitige Haustarifvertrag weiter gilt. Bereiche wie Küche oder Reinigung dürften nicht in den Niedriglohnsektor ausgelagert werden. „Pflegen & Wohnen“ müsse ein eigenständiges Unternehmen mit Firmensitz Hamburg bleiben, dürfe nicht mit der Berliner Kette verschmolzen werden.

Der Betriebsrat erwartet, dass sich Dambach bei der Betriebsversammlung zu den Details des aktuellen Verkaufsprozesses äußern wird. Oaktree müsse für eine „bessere und transparentere Informationspolitik“ sorgen. Immerhin verlief Mitte Juni ein erstes Kennenlerngespräch zwischen Betriebsrat und Dambach positiv.

Irritationen bei Senatorin Prüfer-Storcks über Verkauf

Dambachs diplomatische Fähigkeiten werden auch im Verhältnis zur Stadt gefragt sein, wo die Nocheigentümer viel Porzellan zerschlagen haben. So erfuhr Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks erst auf aktive Nachfrage von den Verkaufsverhandlungen. Umso mehr wunderte man sich in der Gesundheitsbehörde über eine Attacke von Vitanas-Chef Nikolai P. Burkart in einem Branchendienst: „Nachdem die Senatorin mich jahrelang geschnitten hat, sagt sie mir jetzt, ich sei als Mittelständler der ideale Unternehmer für ,Pflegen & Wohnen‘, aber ein Private-Equity-Unternehmen wie Oaktree sei in Hamburg nicht willkommen.“