Pflegen & Wohnen soll an US-Investor verkauft werden. Jetzt ist die Politik gefragt

Es ist vermutlich gut, dass viele der rund 2500 Bewohner den Wirbel nicht mitbekommen, der nun um die 13 Einrichtungen des größten Hamburger Pflegeheim-Betreibers „Pflegen & Wohnen“ entstanden ist. Aber die Angehörigen und die rund 1700 Mitarbeiter werden sich zu Recht große Sorgen um die Zukunft der Häuser machen.

Zehn Jahre nach der umstrittenen Privatisierung der altehrwürdigen, aber doch in die Jahre gekommenen Hamburger Institution „Pflegen & Wohnen“ wollen sich die Eigentümer, die Berliner Pflegeheim-Kette Vitanas und die Andreas Franke Unternehmensgruppe, wieder von ihrem Investment trennen. Es lässt aufhorchen, dass es der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Verkauf ist, denn das spricht dafür, dass die Sache aus Sicht der Eigentümer nicht rundgelaufen ist.

Wahr ist, dass der Start 2007 schwierig war und „Pflegen & Wohnen“ trotz Restrukturierung Millionenverluste schrieb. Dennoch: Seit die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di nach einem langen Arbeitskampf einen Haustarifvertrag durchsetzen konnte, hat sich die Lage beruhigt. Wenn, wie jetzt geschehen, die Gewerkschafter sogar die gute Tarifpartnerschaft mit der Geschäftsführung von „Pflegen & Wohnen“ loben, spricht das für sich.

Der Autor leitet das Ressort Landespolitik des Abendblatts
Der Autor leitet das Ressort Landespolitik des Abendblatts © HA / A.Laible

Sicher: Es gibt keinen Zweifel, dass es den Eigentümern freisteht, „Pflegen & Wohnen“ zu verkaufen. Das ist eine zwangsläufige Folge des einmal beschrittenen Wegs der Privatisierung. Ein Rückkauf durch die Stadt, den die Linke vorschlägt, erscheint auch angesichts der früheren Erfahrungen wenig realistisch. Dass die Eigentümer aber offensichtlich ausgerechnet mit einem US-Finanzinvestor handelseinig werden wollen, lässt schlimmste Befürchtungen aufkommen.

Aus zwei Gründen: Zum einen hat der Fonds-Riese Oaktree mit Sitz im kalifornischen Los Angeles, mit dem die Verhandlungen geführt werden sollen, soweit ersichtlich, keine Kompetenz im Betrieb von Pflegeheimen aufzuweisen. Zweitens und vor allem dürften die hohen Rendite-Erwartungen eines Private-Equity-Fonds nicht mit den im Vergleich schmalen Margen, die im Bereich der Pflege erwartbar sind, zusammenpassen. Insider gehen davon aus, dass mit Alten- und Pflegeheimen eine Rendite zwischen acht und zwölf Prozent zu erwirtschaften ist. Die Latte liegt bei Hedgefonds, die der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering einmal empört und wirksam als „Heuschrecken“ bezeichnet hat, wesentlich höher. Ein Beispiel: Besagter US-Investor Oaktree, der 2010 bei der bald darauf in die Insolvenz gegangenen Bremer Beluga-Reederei eingestiegen war, hatte dort eine Rendite-Erwartung von 30 Prozent.

Hedgefonds und der Betrieb von Pflegeheimen passen augenscheinlich nicht wirklich zusammen. Das legt den Verdacht nahe, es könnte Oaktree in Wahrheit um etwas anderes gehen: um die lukrativen Grundstücke, auf denen die Hamburger Alten- und Pflegeheime stehen – Grundstücke häufig in bester Lage in einer Stadt, die gerade einen Bauboom mit Immobilienpreisen erlebt, die durch die Decke gehen.

Zehn Jahre muss auch ein neuer Eigentümer die Einrichtungen von „Pflegen & Wohnen“ weiterbetreiben. Es danach einfach darauf ankommen zu lassen wäre aus Sicht der Stadt im Interesse der Bürger fahrlässig. Mit anderen Worten: Die Politik ist gefragt. Alten- und Pflegeheime dürfen keine Spekulationsobjekte sein. Da hat Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) zweifellos recht.