Für zahlreiche Passagiere hat das Chaos ein Ende. Welche Möglichkeiten Betroffene beim Verlust ihres Gepäckstücks haben.
Hamburg. Fünf Tage nach dem Verlust ihres Gepäcks sind Hamburger Fluggäste wieder in Besitz ihres Hab und Guts. Ein von der spanischen Billigairline Vueling beauftragter Dienstleister lieferte die Koffer am Mittwochnachmittag bei den Betroffenen ab. „Meine Tochter ist total erleichtert“, sagte der Vater einer 14-Jährigen, die seit vergangenen Freitag auf ihren Koffer wartete. Ein Vueling-Pilot hatte die Geduld über die lange Wartezeit für die Gepäck-Entladung am Helmut-Schmidt-Airport verloren und flog mit neuen Passagieren, aber den Koffern für Hamburg zurück nach Barcelona.
Erwartet hatte die Schülerin aus Hamburg ihr Gepäck nicht mehr. Seit Tagen lautete die Antwort der Airline unverändert, „die Suche dauert an, versuchen sie es zu einem späteren Zeitpunkt“. Eine Aussage, mit der mehr als 100 Fluggäste im Ungewissen gelassen wurden. Der Vater der 14-Jährigen zog deshalb sogar eine Klage gegen Vueling in Erwägung, wenn seine Tochter noch länger auf ihr Gepäck hätte warten müssen.
Koffer weg? Was Sie wissen müssen
Betroffene haben insgesamt zwei Jahre Zeit, um Schadensersatz über den Rechtsweg einzufordern. Danach verjährt die Frist. „Zunächst ist es wichtig, unverzüglich ein Formular am Flughafen-Schalter von ‘Lost & Found’ auszufüllen, welches an die Airline oder gegebenenfalls an den Reiseveranstalter geht“, erklärt Paul Degott, der sich als Rechtsanwalt in Hannover auf Kofferfälle spezialisiert hat, im Gespräch mit dem Abendblatt. Die Verlustmeldung muss spätestens nach sieben Tagen aufgegeben werden.
Degott empfiehlt, sich nach drei Tagen Wartezeit bei der Fluggesellschaft zu melden, um Schadensersatz zu beanspruchen. „Erfahrungsgemäß zieht sich der Prozess, bis das Geld überwiesen wird, ewig hin“, so der Jurist.
Schadensersatz: Ohne Quittungen kaum Chancen
Durchschnittlich tauchen rund 95 Prozent aller vermissten Gepäckstücke wieder auf. Sollte ein Koffer doch einmal verloren gehen, haben Leidtragende Anspruch auf Schadensersatz für den Zeitwert des Koffers sowie dessen Inhalt. Allerdings sind hierfür Zahlungsbelege erforderlich.
Kommentar: Schwere Arbeit – schlecht bezahlt
Und wie sollen sich Passagiere ohne eine zusätzliche Gepäckversicherung verhalten, wenn keine Quittungen beim Verlust des Gepäckstücks vorliegen? „In so einem Fall wird häufig eine Pauschale angeboten, die je nach Airline variieren kann. Dieses Geld sollte man annehmen“, empfiehlt Degott. „Denn wird die Summe abgelehnt, ist eine Klage die letzte Möglichkeit, um eine Entschädigung zu erhalten. Hierfür tendieren die Erfolgsaussichten vor Gericht jedoch gegen 0 Prozent.“
Diese Möglichkeiten haben Urlauber
Doch selbst wenn Belege vorhanden sind, liege die Obergrenze der Rückerstattung bei rund 1400 Euro. Es gibt allerdings noch andere Möglichkeiten, wie Passagiere entschädigt werden können. „Wer ohne Gepäck am Urlaubsort landet, hat das Recht, sich auf Kosten der Airline Ersatz zu beschaffen“, sagt Degott. Die Toleranz hierfür variiere je nach Art der Reise. Wenn sich der Betroffene beispielsweise auf einer Luxusreise befinde, bekomme er eine entsprechende Garderobe voll erstattet. Die Summe werde dann von der vereinbarten Verlustentschädigung abgezogen – und könne diese auch übertreffen.
Hat der Fluggast seinen Urlaub über einen Reiseveranstalter gebucht, steht ihm außerdem ein sogenannter Minderungsanspruch wegen der zusätzlichen Strapazen für die Ersatzbeschaffung zu. Bei einer Pauschalreise liege dieser laut Degott bei 30 Prozent des Tagespreises. Wenn die Garderobe nicht zu ersetzen ist, würden sogar 50 Prozent der Gesamtreisekosten erstattet.
Für die leidgeplagten Hamburger des Vueling-Fluges „VY 1820“ haben sich diese Rechenspiele seit Mittwoch erledigt. Ob die Reisenden in Barcelona ihr Gepäck erhalten haben, ist indes weiter unklar. Die Airline war auch am Mittwoch für Anfragen nicht erreichbar.