Hamburg. Schweinske modernisiert Filialen und setzt mehr vegetarische Gerichte auf die Speisekarte. Sohn des Gründers steigt mit ein.

Die Lampen verbreiten ein warmes, orangefarbenes Licht. Die Tische glänzen mit einer hellen, geölten Holzoberfläche. Die Stühle haben eine neue Polsterung erhalten. Die Wand ziert eine Zeichnung des russischen Künstlers Boris Sokolow; der verstorbene Altkanzler Helmut Schmidt und seine Ehefrau Loki sind dort im Hamburg-Panorama zu sehen. Und ein rosa Schweinchen mit grünem Hut.

Seit Kurzem präsentiert sich das Schweinske im Hamburger Hauptbahnhof im neuen Design. „Wir wollen vermehrt die Weiblichkeit ansprechen, von der Einrichtung moderner und heller werden“, sagt Geschäftsführer Klaus-Peter Rösler, der die Kette mit Sitz an der Außenalster zusammen mit Gründer Marco Hölder leitet.

Kneipenimage ablegen

Das Kneipenimage soll ad acta gelegt werden. Schließlich sei man ein Gruppenrestaurant – und die Frauen entschieden häufig, wohin ausgegangen wird. Also müsse man für sie attraktiver werden. Das fange beim Speisenangebot an. Traditionell steht das Haus – nomen est omen – für Fleischverzehr. Bei Frauen ist der Anteil von Vegetariern und Veganern im Schnitt höher als bei Männern. Nun stehen immerhin rund ein Dutzend fleischlose Gericht auf der Speisekarte.

Nach und nach werden die momentan 33 Filialen auf das neue Design umgestellt. Bei fünf Restaurants ist das schon geschehen. Als nächster Betrieb kommt Wandsbek an die Reihe, in Billstedt ist im Februar eine Modernisierung geplant. Auch Bergedorf, Hamm und Rahlstedt sollen bald folgen. Der Umbau lohne sich, das Konzept werde angenommen, sagt Hölder: „Nach dem Relaunch stieg der Umsatz in den Restaurants um zehn bis 15 Prozent.“

Phase der Umstrukturierung

Das Wachstum in bestehenden Lokalen sorgt dafür, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren beim Umsatz zumindest stabil bei 25 Millionen Euro geblieben sei. Denn immerhin wurden seit 2013 sieben Filialen geschlossen. Die Gründe dafür seien vielfältig: Mal wurde ein nach vielen Jahren auslaufender Mietvertrag nicht verlängert. Mal erwies sich ein Umfeld als nicht mehr passend, die Ladenfläche als zu klein, oder das Geschäft wurde ganz einfach unrentabel.

Mal stellte sich der Zeitpunkt der Eröffnung mitten in den Sommerferien als falsch heraus. Mal entpuppte sich ein Franchisenehmer als Fehlgriff – wie die beiden Firmenchefs erstaunlich offen für Geschäftsleute einräumen. Hölder: „Zunächst gilt es, die Phase der Umstrukturierung und Neuausrichtung unserer Standorte abzuschließen. Danach wollen und werden wir weiter expandieren.“

30 Tonnen Currywurst

Den sieben Schließungen standen in den vergangenen vier Jahren drei Neueröffnungen gegenüber. Als bisher letzter Standort wurde vor gut einem Jahr in Henstedt-Ulzburg ein Restaurant eröffnet. Erstmals siedelte sich die Kette in einem Gewerbegebiet an, das sich mit einer Mischung aus Automeile, Aldi, Reformhaus, Elektronikläden und Büros als ideal erwiesen habe. „Der Laden ist förmlich explodiert. Im Sommer hat er Zahlen wie derjenige am Hamburger Hauptbahnhof geliefert“, sagt Hölder.

Das Restaurant in der Wandelhalle, das im Zuge der Renovierung um 80 auf 220 Plätze erweitert wurde, ist das umsatzstärkste. Die nächste Neueröffnung steht in Harburg an. An der Lüneburger Straße 2 soll in der Nähe des Phoenix-Centers im Oktober/November ein Schweinske mit 160 Plätzen und einer großen Außengastronomie eröffnen.

Bundesweit immer wieder ein Problem

Bundesweit stößt das Unternehmen aber immer wieder auf ein Problem: Zwar gingen jede Woche stapelweise Immobilienangebote in der zehn Mitarbeiter großen Zentrale ein. Doch die Preisvorstellungen inmitten begehrter Städte wie Hamburg seien zu hoch – auch wenn es eine erste Tendenz gebe, dass sie sinken würden, wie Rösler sagt. Für die Franchisenehmer – die Zentrale betreibt keine Filialen selbst, sondern gibt Hilfestellungen bei der Ansiedlung und handelt zum Beispiel die Einkaufskonditionen aus – seien zu hohe Mieten aber nicht refinanzierbar.

Sie müssen zwischen 300.000 und 500.000 Euro in das Geschäft investieren und zudem 4,1 Prozent des Umsatzes an die Lizenzgeber überweisen. „Der Laden muss von Beginn an laufen“, sagt Rösler, hält die Marke aber dennoch für ideal: „Wir bieten ein krisensicheres Konzept: günstige Preise bei guter Qualität.“ Zu den Klassikern gehört die Currywurst: 30 Tonnen gehen jedes Jahr über die Theken.

Allerdings leidet Schweinske heute noch – wie die gesamte Gastronomie – unter den Veränderungen infolge des Nichtraucherschutzgesetzes. Mit der Einführung des Rauchverbots vor knapp zehn Jahren brachen erst die Umsätze weg (bei Schweinske um 15 Prozent), im Anschluss veränderte sich das Kneipenverhalten der Menschen.

Zum einen bleiben Nichtraucher kürzer im Restaurant. Zum anderen wurden früher mehr als 60 Prozent des Umsatzes in den Abendstunden erzielt. Dieses Verhältnis drehte sich bis heute fast um. Die Mittagszeit werde immer wichtiger. Weil der Andrang in Spitzenzeiten hoch ist, gibt es einen Trend zu größeren Restaurants. Denn müssen Gäste abgewiesen werden, kommen sie gar nicht mehr wieder, befürchten Wirte.

Geschäftsführer würde arbeiten, bis er 85 ist

Strategisch konzentrierte sich die Gruppe auf den Norden. Der Großteil der Restaurants liegt in der Metropolregion. Im Westen gibt es Standorte in Köln und Düsseldorf, die laut Firmenangaben gut laufen. Aus Dortmund und Remscheid zog man sich hingegen zurück. Dennoch nimmt Hölder eine weitere Region ins Visier: „Einen Versuch in Süddeutschland würde ich gern noch starten. Ich bin überzeugt, dass das Schweinske-Konzept dort gut funktioniert.“ Mit Budapest und Mallorca sei auch das Ausland interessant – allerdings fehle es dort bisher an den richtigen Partnern. Zudem gibt es Überlegungen, in Einkaufszentren Restaurants zu eröffnen.

Bald soll die nächste Generation helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Hölders Sohn Julien interessiert sich seit Jahren fürs Geschäft. Noch studiert der 27-Jährige Betriebswirtschaftslehre und steckt in den letzten Zügen seiner Masterarbeit. „Es ist geplant, dass spätestens Ende des Jahres mein Sohn einsteigt. Zunächst wird er alle Ebenen in der Firma durchlaufen und soll sich insbesondere um das operative Tagesgeschäft kümmern, von dem wir uns irgendwann mehr oder minder zurückziehen werden“, sagt Hölder.

Müdigkeit für das Tagesgeschäft

Als ersten Vorschlag brachte der Junior die Idee ein, die Gerichte halbfertig nach Hause zu bringen. Da Pommes schnell labberig werden, scheiterten frühere Versuche des Lieferservices. Indem die Kunden mit ein paar Handgriffen das Gericht finalisieren, könnten sie das Gefühl bekommen, selber zu kochen. Das selbst finishen treffe auch den Zeitgeist.

Hölder senior räumt eine gewisse Müdigkeit für das Tagesgeschäft ein. Der 61 Jahre alte frühere Polizist eröffnete 1983 mit Partnern das erste Schweinske am Barmbeker Markt. Sein Schulfreund Rösler (60), der 1992 ins Unternehmen eintrat, kann sich hingegen „vorstellen, bis zu meinem 85. Lebensjahr zu arbeiten. Ich arbeite gern, das hält fit“. Und es klingt Bewunderung für das Lebenswerk seines Kompagnons durch, wenn der promovierte Philosoph über Hölder spricht.

Gastronomie ist schnelllebig

Er habe sich 34 Jahre lang um ein Konzept gekümmert. Das sei nur noch mit Eugen Block und dessen Block House zu vergleichen. Dabei sei die Gastronomie schnelllebig, ein Konzept spätestens nach zehn Jahren veraltet. Rösler: „Es ist schon eine besondere Herausforderung, diesen Dampfer über eine so lange Zeit im Fahrwasser zu halten.“