Hamburg . Für Matthias Olinski, den neuen Chef des Parks, steckt die erste Saison voller Herausforderungen. Doch er mag seinen Job.
Keine Gummistiefel, kein Dreck unter den Fingernägeln – sein Faible fürs Gärtnern, das Matthias Olinski zum Beruf gemacht hat, sieht man ihm nicht unbedingt an. Der neue Leiter von Planten un Blomen buddelt zwar leidenschaftlich gerne in der Erde, das aber doch eher zu Hause, im eigenen Gärtchen. Seine neue Wirkungsstätte leitet er vom Büro in der St. Petersburger Straße aus. Und dort trägt er, passend zum sorgsam gestutzten Bart, ein perfekt gebügeltes Oberhemd.
„Planten un Blomen ist eine tolle Parkanlage“, findet der studierte Gartenbauer. „Wie der Central Park innerstädtisch gelegen, darüber hinaus intensiv mit Staudenflächen, Gewächshäusern, Wasserspielen, Eisbahn und Apothekergarten gestaltet.“ Seinen 47 Hektar großen neuen Arbeitsplatz kennt er noch aus der Zeit, als er in Hamburg die internationale Gartenschau mit vorbereitet hat. Die Früchte seiner Arbeit dort konnte er allerdings nicht mehr ernten: Noch vor der Eröffnung der igs im April 2013 ging der Experte für Freiland- und Hallenschauen, der schon in Berlin, Rostock, Gera-Ronneburg und Schwerin mitgeplant hat, nach Erfurt. Dort übernahm er die gärtnerische Leitung des Egaparks, der – wie Planten un Blomen auch – durch verschiedene Gartenschauen geprägt und gestaltet wurde.
Aufgewachsen in Brandenburg
„Der Egapark ist toll, doch als Norddeutscher wollte ich zurück nach Hamburg“, sagt der 49-Jährige, der sich im Ausschreibungsverfahren gegen mehrere Mitbewerber durchsetzte. Aufgewachsen ist Olinski, der heute auf der Uhlenhorst lebt, im nördlichen Brandenburg – auf einem großen Hof mit Garten, Obst- und Gemüseanbau. Das Leben dort habe ihn geprägt, sagt er. Doch eigentlich wollte er nach dem Armeedienst Veterinärmedizin studieren. Dass er sich nicht den Tieren, sondern den Pflanzen zuwandte, sei durch den Mauerfall gekommen. „Das war eine große Zeit des Umbruchs, auch für mich persönlich“, erinnert er sich. Zunächst wollte er Landschaftsplanung an der Technischen Universität Berlin studieren, scheiterte aber am Numerus clausus. Dann ergatterte er einen Platz an der Humboldt-Universität und studierte dort Gartenbau mit Schwerpunkt Stauden und Gehölze.
Wunsch nach Gestaltung
Das hätte ihn eigentlich direkt in die Produktion geführt, in Gärtnereien oder die Pflanzenzucht. „Da es heute aber kaum noch Betriebe gibt, die nicht spezialisiert sind, wäre mir das zu industriell gewesen. Ich wollte lieber in die Gestaltung“, sagt Olinski, der sich freut, dass er diesen Wunsch in seiner beruflichen Laufbahn verwirklichen konnte.
Auch bei Planten un Blomen hat er schon damit begonnen – allerdings an zwei Stellen, wo es kaum auffällt. Bei der Umgestaltung des Eingangsbereichs am Stephansplatz hat der überzeugte Fahrradfahrer durch-gesetzt, dass zwischen den Fahrradbügeln mit 1,20 Metern mehr Abstand gelassen wird, als selbst der Fahrrad-Club ADFC empfiehlt. Und unter den Eichen, die auf der ehemaligen Fläche der Fliegenden Bauten an der Glacischaussee neu gepflanzt wurden, hat er mit einem nektarreichen Cosmea-Mix Sommerblumen säen lassen, die Insekten und Schmetterlinge anziehen. „Viele Züchtungen, vor allem die gefüllten Sorten, eigenen sich nicht mehr für Insekten. Dem muss man entgegenwirken, wo es nur geht“, findet er. Planten un Blomen werde nie ein Naturraum, dazu sei der Park zu sehr gestaltet. Aber im Kleinen könne man viel bewirken.
Historische Substanz wieder beleben
Langfristig schweben ihm auch größere Projekte vor. „Im Park gibt es historische Substanz, die ich wieder beleben will.“ Dazu gehören etwa die Reste des „Ungarischen Gartens“, in dessen tiefergelegtem Bereich sich früher ein Wasserbecken befand. Oder Fragmente einer mit Natursteinen befestigten und von Wasserläufen durchzogenen Gartenanlage, die irgendwann verfüllt wurde.
Selbstredend wird Olinski auch in die Gestaltung der neuen Parkfläche einbezogen, die durch die Verfüllung der Marseiller Straße entstehen wird. Von diesem Projekt ist er begeistert. „Wir gewinnen mehr Grünfläche und eine bessere Wegeverbindung zwischen Karolinenviertel und Uni für Fußgänger und Radfahrer.“ Doch auch das ist noch Zukunftsmusik.
Park ist ein Saisongeschäft
Erst einmal gilt es, die Herausforderungen des Alltags zu meistern. Zwar ist Olinski Profi, auch wurde er vier Monate von seinem Vorgänger Dieter Hüttenrauch eingearbeitet, der nach 40 Jahren in den Ruhestand ging. „Doch so ein Park ist ein Saisongeschäft, da tauchen viele Fragen erst im laufenden Betrieb auf“, gibt der Parkleiter zu. Welche Firmen führen welche Tätigkeiten aus? Welche Verträge bestehen, welche müssen abgeschlossen werden? Wer sind die Ansprechpartner in der Hamburger Verwaltung, und wie funktioniert die eigentlich? Und wie wurde bislang das Personal, ein 29-köpfiges Team, geführt?
Etwas Sorge macht Olinski der Generationswechsel bei seinen Mitarbeitern. Mit dem langjährigen Handwerksmeister und einem erfahrenen Verwaltungskollegen gingen gleich zwei „alte Hasen“ in den Ruhestand, sagt er. So oft es geht, schaut er ihnen daher bei der Arbeit über die Schulter. Etwa, wenn es um die Wasserlichtorgel geht. Die braucht im kommenden Jahr neue Rohre und eine neue Elektrik für die Scheinwerfer. Also lässt er sich zeigen, wie die Technik funktioniert, wohin die Trafostation den Strom verteilt und welche Pumpen wo ihren Standort haben. Und schreibt alles mit.
Denn auch wenn sich Parkleiter Matthias Olinski als technikaffin bezeichnet, ist so eine Wasserlichtorgel doch Neuland für einen Staudenexperten.
Die Geschichte des Parks
Planten un Blomen wurde 1935 vom nationalsozialistischen Bürgermeister Carl Vincent Krogmann initiiert, um mit einer Gartenschau die deutsche Blumen- und Pflanzenzucht zu würdigen. Für die Umgestaltung mussten Zoo- und Friedhofsflächen weichen. Bis zu 1800 Arbeiter bewegten rund 150.000 Kubikmeter Boden, verlegten 177.000 Klinker für Fußwege und pflanzten 400.000 Blumen. Die geplanten Kosten verdreifachten sich schnell auf zwölf Millionen Reichsmark.
Ein Ausbau zum Vergnügungspark folgte – mit Ponyreiten, Eislaufbahn und Gaststätte mit Haifischbecken. Der Park wurde 1943 durch die Luftangriffe zerstört.
Internationale Gartenschauen veränderten 1953, 1963 und 1973 die Anlage. Heute erinnern noch Sonnenuhr, Kaskaden und die Mauern des Rosengartens an die Gartenschau 1935.