Hamburg . 26-Jähriger galt als psychisch labil, aber nicht als gefährlich. Die Polizei prüft eine Verbindung zum Mord an der Kennedybrücke.
Nach der Messerattacke eines ausreisepflichtigen Asylbewerbers in Barmbek, bei der am Freitag ein Mann getötet und sieben weitere Menschen verletzt wurden, müssen sich Hamburgs Sicherheitsbehörden erneut kritischen Fragen stellen. Zugleich wurde am Wochenende auch der Ruf nach einer schärferen Abschiebepraxis lauter.
--- Der Kommentar --
Verfassungsschutz und Polizei räumten am Wochenende ein, dass sie im August vergangenen Jahres von einem Freund des 26 Jahre alten Angreifers auf dessen Radikalisierung hingewiesen worden seien. Nach einem – allerdings erst im November geführten – persönlichen Gespräch sei man zu dem Schluss gekommen, Ahmad A. sei zwar psychisch labil, verfüge jedoch nicht über Verbindungen zur hiesigen Islamistenszene und sei ungefährlich.
Stimmungsschwankungen beobachtet
Bewohner aus der Flüchtlingsunterkunft Kiwittsmoor, in der Ahmad A. gelebt hatte, meinten jedoch, dass der Angreifer von Barmbek sich zuletzt immer mehr zurückgezogen habe. Er soll sehr wütend gewesen sein und unter erheblichen Stimmungsschwankungen gelitten haben. So soll er vor drei Wochen in einem traditionellen muslimischen Gewand an der Hamburger Universität aufgetaucht sein und Passanten beschimpft haben.
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagte nun, es müsse geprüft werden, ob die Behörden allen Hinweisen auf eine mögliche Gefährlichkeit des Täters angemessen nachgegangen seien. Zusammen mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) legte der Senator am Tatort in der Fuhlsbüttler Straße Blumen nieder.
Verletzte außer Lebensgefahr
Ein Richter erließ inzwischen Haftbefehl gegen den 26-Jährigen. Ihm wird vollendeter Mord und mehrfacher versuchter Mord vorgeworfen. Belastbare Hinweise für eine verminderte Schuldfähigkeit wollte die Staatsanwaltschaft nicht erkennen. Die Verletzten sind inzwischen alle außer Lebensgefahr.
Unterdessen gibt es in der Öffentlichkeit sehr viel Zustimmung für die „Helden von Barmbek“, jene Männer, die den Angreifer verfolgten, mit Stühlen attackierten und so möglicherweise weitere Opfer verhinderten. Einer der Männer, Jamel Chraiet, meinte, er sehe sich nicht als Held. Vielmehr hätten sie lediglich ihre Pflicht getan.
Papiere fehlten
Unter Politikern wird derweil erneut darüber diskutiert, ob ein konsequenterer Umgang mit Gefährdern derartige Taten verhindern könnte. Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka forderte, dass auf unwillige Herkunftsländer Druck ausgeübt werden müsse, um Rückführungen zu ermöglichen. Zuletzt hatte auch Scholz darauf verwiesen, dass der Angreifer nicht habe abgeschoben werden können, weil Papiere fehlten.
Allerdings ist die Situation in dem vorliegenden Fall komplizierter. Der Mann habe sich in der Frage der Ausreise sehr kooperativ verhalten, erklärte Innenstaatsrat Bernd Krösser. Noch am Freitagvormittag habe er sich bei der Ausländerbehörde nach dem Stand der Dinge erkundigt, hieß es. Die Palästinensische Mission in Berlin wiederum war bereit, die notwendigen Dokumente auszustellen. Die Ausreise des Mannes sei nur noch eine Frage von einigen Tagen gewesen, sagte Krösser.
Verbindung zur Kennedybrücke?
Unterdessen überprüfen die Hamburger Sicherheitsbehörden, ob der Messerangreifer von Barmbek möglicherweise auch für den bislang unaufgeklärten Vorfall an der Kennedybrücke im Oktober vergangenen Jahres die Verantwortung trägt. Seinerzeit hatte ein südländisch aussehender junger Mann einen 16 Jahre alten Jugendlichen hinterrücks mit einem Messer angegriffen und erstochen.
In einem Gottesdienst in der Hamburger HafenCity gedachten am Sonntag mehr als 500 Menschen der Opfer des Anschlags. Mitgefühl sei die Sprache des Verstehens, sagte die Bischöfin Kirsten Fehrs. Sie forderte die Menschen auf, sich nicht von Hass überwältigen zu lassen. Am Sonnabend hatten zudem mehrere Hundert Menschen auf den Magellan-Terrassen eine Schweigeminute abgehalten und das Vaterunser gebetet.