Hamburg. Viele Zuschauer waren von der Rede des Bürgermeisters nicht überzeugt – seinen Rücktritt fordern sie aber nicht.

Rathausbesucher, die am Mittwoch die Regierungserklärung von Olaf Scholz (SPD) anlässlich der G20-Ereignisse von der Tribüne aus verfolgten, haben kritisch auf die Worte des Bürgermeisters reagiert. Viele der Hamburger waren von Scholz’ Entschuldigung, dass die Lage der Polizei zeitweise entglitten war, nicht überzeugt. Offen sagen wollte das jedoch niemand.

„Der Bürgermeister hätte von vornherein früher an der Seite der Hamburger stehen müssen, sich früher in den Brennpunkten zeigen müssen“, sagte eine 42 Jahre alte Bergedorferin im Rathaus mit Blick auf die Krawalle im Schanzenviertel und in Altona. Sie nannte die Regierungserklärung „dürftig“.

Leitartikel: Die Kampfansage des Olaf Scholz

Das sah auch eine 69-Jährige aus Horn, die ebenfalls anonym bleiben wollte, so. Die Rede des Bürgermeisters sei „emotionslos wie immer“ gewesen. Dennoch hielt die Rentnerin die wiederholte Rücktrittsforderung von Oppositionsführer André Trepoll (CDU) für überzogen. „Scholz hat seine Sache zwar nicht gut gemacht, aber er ist nicht der Schuldige für die Krawalle.“

Auf ganzer Linie versagt

Anders sah das eine 67-Jährige aus Rotherbaum, die noch während der Regierungserklärung die Besuchertribüne verließ. Ihrer Ansicht nach hat Scholz auf ganzer Linie versagt. Sie übte vor allem Kritik an der Polizeistrategie des rot-grünen Senats. „Man hätte Hartmut Dudde nicht einsetzen dürfen“, sagte sie in Bezug auf den G20-Einsatzleiter.

Klaus Mathew aus Wilhelmsburg dagegen war mit der Erklärung des Bürgermeisters zufrieden. Er sei zwar kein SPD-Wähler, stehe aber hinter Scholz, sagte der 61-Jährige. „Es war wichtig, dass er sich bei der Polizei bedankt hat.“ Auch mit Scholz’ Kritik an Bürgerschaftsabgeordneten, die sich bei gewalttätigen Demonstranten „untergehakt“ hätten, stimmte Mathew überein. „Es kann nicht sein, dass es Politiker im Parlament gibt, die Gewalt nicht offen ablehnen“, sagte der Wilhelmsburger.

Besucher Rolf Meier aus Meiendorf forderte vor der Regierungserklärung den Rücktritt von Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und Innensenator Andy Grote (SPD). „Sie haben sich hinter Scholz’ Vergleich mit dem Hafengeburtstag versteckt“, sagte er.