Hamburg. Firmenkonsortium gewinnt Ideenwettbewerb für Steinwerder Süd. HHLA-Betriebsrat droht bereits mit Protesten.

In Hamburgs Hafen droht heftiger Streit. Der Senat will heute die Sieger eines internationalen Ideenwettbewerbs zur Nutzung einer riesigen Fläche im zentralen Hafengebiet bekannt geben. Der Plan der Sieger könnte einen tiefgreifenden Wandel für den Hafen bedeuten und stößt schon vor der offiziellen Bekanntgabe auf Kritik. Denn erstmals kommen die potenziellen Investoren nicht aus Deutschland – sondern aus China. Zudem sieht der Plan vor, dass der Senat von seinem Prinzip abrückt, den Ausbau der Infrastruktur selbst zu verantworten.

Sieger des Ideenwettbewerbs ist nach Informationen des Abendblatts ein Konsortium großer chinesischer Konzerne. Es handelt sich um Alibaba, Chinas größter Firmengruppe für Internet-Dienstleistungen und Online-Handel, den Baukonzern China Communications Construction Company (CCCC) sowie dessen Tochter ZPMC, Weltmarktführer bei der Herstellung von Containerbrücken für Häfen.

Vollautomatisches Containerterminal

Zusammen wollen diese Firmen das 42 Hektar große Gebiet, das der Hamburger Senat „Steinwerder Süd“ genannt hat, pachten – und dort ein vollautomatisches Containerterminal sowie ein großes Logistikzentrum aufbauen. „Ja, wir haben uns bei dem Ideenwettbewerb um die Fläche beworben und würden uns gerne in Hamburg engagieren“, bestätigte der Deutschland-Chef von ZPMC, Lutz Werner, dem Abendblatt.

Der Jury des Ideenwettbewerbs gefällt der Vorschlag, ebenso der Wirtschaftsbehörde – vor allem aber den Planern des Ausbaus, die von der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) kommen. Deren Geschäftsführer, Jens Meier, hat ZPMC-Präsident Huang Qingfeng bei dessen letzter Europa-Reise ausdrücklich zur Besichtigung von Steinwerder Süd eingeladen, wie die Chinesen sogar stolz im Internet selbst mitgeteilt hatten. Meier sagte der chinesischen Delegation, er würde es begrüßen, sollten sich CCCC oder ZPMC an dem Projekt beteiligen – entweder an der Terminalplanung, der In­frastruktur, der Lieferung von Ausrüstung oder aber am Terminalbetrieb.

Umschlagfirmen laufen Sturm gegen die Pläne

Die großen lokalen Umschlagfirmen, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und Eurogate, laufen derweil Sturm gegen die Pläne. Sie befürchten, dass ihnen die Chinesen das Terminalgeschäft im eigenen Hafen wegnehmen. Nach Informationen des Abendblatts hat es bereits mehrere Krisentelefonate zwischen HHLA-Aufsichtsratsmitgliedern und der Wirtschaftsbehörde gegeben. Diese hatte nämlich bereits im Hafenentwicklungsplan die „herausragende Bedeutung“ der betroffenen Fläche auf Steinwerder für den Hafen hervorgehoben. Und ausgerechnet diese Fläche soll nun an Chinesen gehen? Das sei aus Sicht des Terminalbetreibers unverantwortlich.

Weder die HHLA noch die Wirtschaftsbehörde wollen sich zu Details äußern. „Wir werden die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs aber bald bekanntgeben“, sagte eine Behördensprecherin. Offensichtlich ist das Verständnis für die Bedenken der Hamburger Terminalbetreiber gering. „HHLA und Eurogate hätten sich doch mit qualifizierten Ideen an dem Wettbewerb beteiligen können“, heißt es aus der Behörde. Die HHLA habe aber – wie sie selbst einräumt – über ihre Tochter HPC nur eine „Pro-Forma-Bewerbung“ eingereicht. Eurogate nahm gar nicht teil.

Auch die Arbeitnehmervertreter auf den Terminals sind aufgebracht. „Wenn die Chinesen hier den Zuschlag bekommen, dann ist der soziale Frieden im Hafen in Gefahr“, sagt Thomas Mendrizk, Betriebsratschef am HHLA-Terminal Altenwerder, sowie Chef des Arbeitskreises Häfen bei der Gewerkschaft Ver.di. „Wenn der Ideenwettbewerb wie erwartet ausgeht, werden wir massiv dagegen vorgehen. Dann ist es vorbei mit Scholz and friends.“

Zumal Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) Pläne für ein neues Containerterminal auf Steinwerder unlängst eigentlich begraben hatte. Vor Abgeordneten der Bürgerschaft sagte Horch: „In absehbarer Zeit wird der Containerhandel nicht mehr diese Zuwachsraten erreichen, die wir in der Vergangenheit hatten.“

„Zukunftsfähige Industriebetriebe“

Deshalb solle auf Steinwerder etwas Neues entstehen, so Horch vor dem Wirtschaftsausschuss. Anstatt des Umschlags von Stahlboxen könnten dort besser „zukunftsfähige Industriebetriebe“ angesiedelt werden. „Ziel ist es, eine möglichst große Wertschöpfung auf den Flächen zu erreichen“, so der Senator zu den Ausbauplänen. Seine Behörde betont jetzt, dass es sich bisher um einen Ideenwettbewerb handele. Eine Entscheidung für den Betrieb von Steinwerder Süd sei ja noch nicht gefallen.

Keinen Streit gibt es derweil über den zweiten Platz des Ideenwettbewerbs: Dieser geht an das Unternehmen C. Steinweg, das in Hamburg bereits den Südwest-Terminal betreibt. Das Unternehmen will auf Steinwerder ein Mehrzweckterminal zusammen mit einem riesigen Lager für Kühlprodukte errichten. Zahlreiche Lkw-Fahrten könnten dadurch eingespart werden.

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