Hamburg. Demonstranten planen auf Heiligengeistfeld Abschlusskundgebung. Doch die Stadt sagt wegen Bauarbeiten Nein.

Das Tauziehen um das Heiligengeistfeld als Ort der Abschlusskundgebung der Anti-G20-Großdemonstration am 8. Juli erinnert an Spiegelfechterei. Selbst wenn sich die Anmelder der Groß­demo unter dem Motto „Grenzenlose Solidarität statt G20“ vor Gericht durchsetzen sollten und der Aufzug dem Grunde nach am Heiligengeistfeld enden dürfte, bliebe doch ein veritables Problem: Auf dem Platz – er gehört der Finanzbehörde – laufen nach Kampfmittelsondierungen zurzeit Tiefbauarbeiten. Die Fläche wird seit Monaten von Baggern umgepflügt, Stromkabel werden verlegt. Lange, metertiefe Gräben ziehen sich durch das Areal, der ganze Platz ist eine einzige, riesige Baustelle. Und abgeschlossen werden die Arbeiten erst am 10. Juli – also zwei Tage nach Ende des Gipfels.

Sprecher: „Die Stadt will uns austricksen“

Das Bündnis hinter der Großdemo habe vor wenigen Wochen den endgültigen ablehnenden Bescheid der Stadt erhalten, wonach das Heiligengeistfeld nicht für das Ende des riesigen Aufzugs infrage kommt, sagt Bündnissprecher Yavuz Fersoglu. Dass die Sanierung „zufällig“ in den Gipfelzeitraum falle, glaubt er nicht, eher an einen bürokratischen Kniff. „Die Stadt versucht uns auszutricksen“, so der Sprecher. „Bereits im November hatten wir in der ersten Anmeldung das Heiligengeistfeld benannt.“ Besonders stößt Fersoglu auf, dass dort nur Tage später die vorbereitenden Arbeiten für den Schlagermove (14. Juli) beginnen. „Der Senat, der zum Gipfel ein Festival der Demokratie angekündigt hat, täuscht nicht nur uns, sondern die gesamte Öffentlichkeit.“

Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde, weist den Vorwurf als „abwegig“ zurück. Bereits im August 2016 seien im Anschluss an eine mehrmonatige, europaweite Ausschreibung die Stromkabelarbeiten in Auftrag gegeben worden. Schon da seien die Terminabläufe für die einzelnen Bauabschnitte sehr konkret festgeschrieben worden. Seit 2012 liefen die Sondierungsarbeiten auf dem Heiligengeistfeld, die gesamten Planungen für die 60 Millionen Euro teure Baumaßnahme umfassten einen Zeitraum bis 2021. „Alles in allem ziemlich viel Aufwand, nur um kurzfristig Demonstranten auszutricksen“, so Stricker.

G20-Gipfel kurz erklärt:

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    Die Gipfelgegner wollen aber unbedingt auf das Heiligengeistfeld ziehen, um in Hör- und Rufweite des G20-Tagungsortes Messehallen zu protestieren. „Der südliche Teil würde uns schon reichen“, sagt Fersoglu. Mit Verweis auf rigide Sicherheitsbedenken hatte Innensenator Andy Grote (SPD) sich indes vor Wochen dagegen ausgesprochen, der Platz sei „zu dicht dran am Veranstaltungsort“. Nach fünf Verhandlungsrunden mit der Versammlungsbehörde der Polizei hieß es denn auch glasklar: auf keinen Fall das Heiligengeistfeld! Stattdessen solle die Demo am Millerntorplatz enden.

    Zurzeit wird das Heiligengeistfeld
komplett umgegraben
    Zurzeit wird das Heiligengeistfeld komplett umgegraben © HA | Roland Magunia

    Für das Bündnis ist das keine akzeptable Alternative – auch weil der Millerntorplatz schlicht zu klein sei für die Aufnahme von bis zu 100.000 Demo-Teilnehmern, wie aus einem vom Bündnis in Auftrag gegebenen Gutachten eines Stadtplaners der HafenCity Universität hervorgehe. Demnach passen auf den Millerntorplatz nur 35.000 Demonstranten. „Und nur die Hälfte dieser 35.000 würde etwas vom Programm auf der Bühne mitbekommen“, so Fersoglu. Aktuell ist eine Klage der Demo-Anmelder rund um den Bundestagsabgeordneten Jan von Aken (Linke) am Verwaltungsgericht anhängig, die sich gegen die kürzlich erlassene „Allgemeinver­fügung“ der Polizei richtet. Mit der nunmehr noch von zwei Eilanträgen angegriffenen Verfügung will die Polizei in einer 38 Quadratkilometer großen, innerstädtischen Zone Versammlungen an den beiden Gipfeltagen verbieten. Auch das Heiligengeistfeld liegt in dieser Zone.

    Finanzbehörde will Demo nicht genehmigen

    Wenn das Gericht zugunsten der Großdemo-Anmelder entscheide, müsse die Stadt den Weg freimachen, damit die Demo am 8. Juli auf dem Heiligengeistfeld enden kann – Bauarbeiten hin oder her, findet Fersoglu. Und wenn die Gespräche scheitern sollten, müsse man „eben noch mal das Gericht anrufen.“

    Ob es nützt? Beim Heiligengeistfeld, so Stricker, handele es sich formal nicht um eine dem öffent­lichen Verkehr gewidmete Wege­fläche, weshalb es rechtlich wie ein Privatgrundstück zu betrachten sei. Deshalb würde es von einem Urteil über die Allgemeinverfügung auch nicht umfasst. „Und wir werden auch weiterhin keine Veranstaltung genehmigen, die den Fortschritt der Baumaßnahmen beeinträchtigt.“

    G20-Gipfel beim Abendblatt:

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