Hamburg. Container- und Kreuzfahrtschiffe belasten Bewohner von Hafenstädten und Klima zu stark, sagt Bundesumweltministerin Hendricks.
Bundesumweltministe- rin Barbara Hendricks (SPD) macht Druck auf die Reeder. Beim Thema Luftreinhaltung gehe es nicht nur um Pkw und Lkw – sondern auch um die Schifffahrt, die gerade in Hafenstädten wie Hamburg einen großen Anteil an der Luftbelastung habe. „Ich sehe hier dringenden Handlungsbedarf“, sagte die Umweltministerin im Gespräch mit dem Abendblatt. „Es kann ja nicht sein, dass wir an Pkw harte Maßstäbe anlegen und Frachtschiffe und Kreuzfahrtschiffe unreguliert Gifte in die Luft blasen lassen.“
Allerdings müssten sich auch die Gäste der Kreuzfahrten klarmachen, „dass das so nicht weitergehen kann – und dass es im Zweifel eben auch etwas teurer wird, wenn man mehr Wert darauf legt, den Schadstoffausstoß zu senken“. Auch in der Containerschifffahrt könne es nicht so bleiben, „dass da mit hochgiftigen Schwerölen gefahren wird“, so Hendricks. „Das belastet nicht nur die Bürger in den Hafenstädten, sondern auch das Klima.“
Tatsächlich wird die Luft in Hamburg rund um Hafen und Elbe sehr stark mit giftigen Stickoxiden (NOx) aus dem Schiffsverkehr belastet. Das wird auch im Entwurf des neuen Hamburger Luftreinhalteplans deutlich. Demnach stammt in Hamburg deutlich mehr von dem Atemgift aus dem Schiffs- als aus dem Kfz-Verkehr. Im zuletzt erhobenen Jahr 2013 waren laut Luftreinhalteplan Schiffe in Hamburg für die Emission von insgesamt 7944 Tonnen Stickoxid verantwortlich, der Kfz-Verkehr dagegen gab im selben Jahr 5949 Tonnen ab.
Schiffe geben mehr Stickoxide ab als Kfz
Während die Emissionen aus dem Auto- und Lkw-Verkehr aber bis zum Jahr 2020 durch unterschiedliche Maßnahmen um rund 40 Prozent auf 3569 Tonnen sinken sollen, werden die Schiffsemissionen so gut wie gar nicht zurückgehen. Im Luftreinhalteplan ist lediglich ein Absinken bis 2020 um mickrige 0,5 Prozent vorgesehen: auf dann 7904 Tonnen NOx im Jahr. Der weitaus größte Teil der Belastung stammt laut Luftreinhalteplan mit 68 Prozent von Containerschiffen, es folgen Tanker (10 Prozent), Mehrzweckschiffe (fünf Prozent) und erst danach Kreuzfahrtschiffe mit einem Anteil von 200 Tonnen oder drei Prozent.
Was die Elbvertiefung angeht, zeigte sich die Umweltministerin im Abendblatt-Gespräch diplomatisch. „Das Bundesverwaltungsgericht hat vorgegeben, welche Anforderungen für eine Elbvertiefung erfüllt sein müssen. Es geht ja immer um den Ausgleich der verschiedenen Interessen, die je für sich eine Berechtigung haben“, sagte die Ministerin bei einem Besuch der Abendblatt-Redaktion. „Auf der einen Seite der Natur- und Umweltschutz, auf der anderen die ökonomischen Interessen.“ Sie glaube aber nicht, dass das Verbandsklagerecht der Umweltverbände einschränkt werden müsse, um große Projekte zu beschleunigen.
Versäumnisse bei der Planung
„Es ist nicht die Bürgerbeteiligung, die den Bau von großen Projekten verzögert, sondern im Gegenteil sind es Versäumnisse bei der Planung“, so Hendricks. „Bürger- und Verbändebeteiligung von Anfang an ist die beste Absicherung gegen spätere unangenehme Überraschungen vor den Gerichten.“ Es sei wichtig, „Planungen von Anfang an transparent zu machen, sie dann aber nicht zu lange laufen zu lassen, sondern sie in überschaubaren Schritten durchzuziehen“. Dazu brauche man „aufseiten der Verwaltung deutlich mehr Planungskapazitäten, also mehr Fachleute“. Schon dadurch könne die Dauer mancher Projekte deutlich verkürzt werden.
In Sachen Energiewende sieht Hendricks den Ausbau der Windenergie an Land an Grenzen stoßen, „wenn nicht ausreichend auf gesellschaftliche Akzeptanz geachtet wird“. Ohne die gehe es aber nicht, „denn wir werden auch an Land noch einen deutlichen Ausbau der Windkraft brauchen“. Insgesamt werde die Energieerzeugung sehr viel dezentraler werden. „Im Bereich der Solarenergie wird es immer einfacher und günstiger, selbst Strom über Paneele zu erzeugen, vielleicht bald sogar über eine Art Folie, die man sich an die Außenwände klebt“, sagte Hendricks. Die Speichertechnik werde auch immer besser, sodass die Menschen mit dem Solarstrom etwa über Nacht ihre E-Autos laden könnten. „Eines ist klar: Die Zukunft wird elektrisch sein – auf jeden Fall bei Gebäudeenergie und Mobilität und natürlich mit erneuerbaren Energien.“
Klimaschutz ein Innovationstreiber
Mit Blick auf den G20-Gipfel zeigte sich die Bundesumweltministerin optimistisch. „Ich habe die Hoffnung, dass man sich auf dem G20-Gipfel verständigt, beim Klimaschutz den Weg weiterzugehen, der in Paris beschlossen worden ist“, sagte Hendricks. „Dass die USA einem Beschluss nicht zustimmen werden, lässt sich nicht ausschließen. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass alle anderen Länder dabeibleiben und sich dazu bekennen, das umzusetzen, was in Paris völkerrechtlich verbindlich beschlossen wurde. Darauf deuten alle Signale hin – auch aus Russland, China, Indien oder Japan.“ Der Klimaschutz sei für alle Beteiligten ein Innovationstreiber. „Allen ist klar: Wer dabei nicht mitmacht, der verpasst auch eigene Zukunftschancen.“
Ob die USA tatsächlich aus dem Pariser Klimaabkommen austreten, sei nicht ausgemacht. „Bisher gibt es nur die Ankündigung der USA“, so Hendricks. „Bis sie tatsächlich austreten, fließt noch viel Wasser die Elbe runter. Denn die Kündigung des Klimaschutzabkommens würde ja erst genau einen Tag nach der nächsten Präsidentenwahl wirksam.“