Hamburg. Kreuzfahrer mit Solarsegeln und Elektroantriebe für Fähren. Auf der Hamburger Schiffbaumesse SMM gibt es viele Innovationen.

Die Schifffahrt ist eine bis zu den Goldknöpfen an den Jacken der Reeder konservative Branche. Veränderungen werden nur zögerlich akzeptiert. Jetzt aber muss sich der maritime Sektor wandeln. Immer strengere Vorschriften zum Umweltschutz und die Forderung nach einem schonenden Umgang mit Ressourcen zwingen ihn dazu. Noch ist das Gros der weltweiten Flotte mit Schweröl fressenden Motoren ausgestattet, die Kohlendioxid, Ruß und Schadstoffe ungefiltert in die Luft pusten. Doch auf der Hamburger Schiffbaumesse SMM zeigt sich, wohin die Entwicklung geht – zum grünen Antrieb. Zahlreiche Hamburger Firmen und Initiativen sind an dieser Entwicklung beteiligt.

Maritime Revolution

So arbeitet der Hamburger Schiffsklassifizierer DNV GL (früher Germanischer Lloyd) mit an einer kleinen maritimen Revolution. Für die japanische Nichtregierungsorganisation Peace Boat, die der Völkerverständigung dient und Kreuzfahrten mit Workshops für Studenten anbietet, entwickelt der Ingenieurkonzern das Ecoship, das Kreuzfahrtschiff der Zukunft. Das Design erzeugt bei den Besuchern der Schiffbaumesse Aufmerksamkeit: Zehn bewegliche Masten ragen in den Himmel, die bei Sturm auch weggeklappt werden können. Die Segel bestehen aus Solarpaneelen. Mit Unterstützung der gewonnenen Wind- und Sonnenenergie soll der Kohlendioxidausstoß des herkömmlichen Schiffsantriebs um immerhin 40 Prozent gesenkt werden.

Becker-Marine-Systems Dirk Lehmann unter dem Modell einer Düse für Containerschiffe. Mit dieser wird der Treibstoffverbraucht um fünf Prozent reduziert
Becker-Marine-Systems Dirk Lehmann unter dem Modell einer Düse für Containerschiffe. Mit dieser wird der Treibstoffverbraucht um fünf Prozent reduziert © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

An Bord verbrauchtes Wasser wird zu 100 Prozent zurückgewonnen. Die bei der Verbrennung der Abfälle entstehende Energie wird zur Klimatisierung des 224 Meter langen Schiffes genutzt. In vier Jahren soll das Ecoship mit einer Kapazität von 2000 Passagieren in See stechen – und Maßstäbe für Klimaschutz in der Schifffahrt setzen.

Stammgast auf der SMM ist auch der Hamburger Zulieferbetrieb Becker Marine Systems. Das Unternehmen mit seinen 620 Mitarbeitern ist Marktführer für Hochleistungsruder und Energieeinsparlösungen im Bereich der Manövriertechnik. Becker ist zudem bekannt für die LNG-Barge, das schwimmende Kraftwerk, das umweltschonendes Flüssigerdgas zur Stromerzeugung verbrennt. Dieses dient zur Energieversorgung von Aida-Kreuzfahrtschiffen während ihrer Liegezeit im Hamburger Hafen.

Flüssigerdgas-Kraftwerk in einem Container

Jetzt bringt das mittelständische Unternehmen auch eine Landstromlösung für Containerschiffe auf den Markt. Dazu wird ein Flüssigerdgas-Kraftwerk in einem Container montiert. Sobald ein Schiff im Hamburger Hafen anlegt, wird – noch bevor die Entladung beginnt – dieser Container an Bord gehoben und an das elektrische Netz angeschlossen. Die Dieselmotoren des Schiffs können dann heruntergefahren werden.

Als neuestes Produkt hat Becker jetzt auch ein Batterie-System entwickelt. Damit sollen künftig auch elek­trisch betriebene Schiffe auf den Markt kommen. „Wir haben es geschafft, eine bewährte Anwendung aus der E-Mobilität erfolgreich in die maritime Welt zu transferieren“, sagt Becker-Geschäftsführer Dirk Lehmann. Es gebe bereits erste Aufträge für Passagier-Fähren. 2017 soll die Batterie am Markt erhältlich sein.

Neben der Forschung an Flüssigerdgas als Brennstoff und Elektromotoren hat die maritime Branche ein drittes Feld für sich entdeckt, an dem wiederum die Stadt Hamburg beteiligt ist: die Brennstoffzelle. Dabei gibt es gar keine Schiffsmotoren mehr. Die benötigte elektrische Energie wird durch chemische Prozesse gewonnen.

Fähren mit Brennstoffzelle

So weit ist man noch nicht. Erst einmal geht es darum, den Energieverbrauch auf den Schiffen zu ersetzen. „e4ships“ heißt das 39 Millionen Euro teure Projekt, das stark von der Bundesregierung finanziert und von der Hamburger Gesellschaft für Brennstoffzellentechnologie hySolutions gemanagt wird. Namhafte deutsche Werften, Reedereien sowie Forschungseinrichtungen wie das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum sind daran beteiligt. Das erste Testobjekt fährt aber nicht in Hamburg, sondern ist eine finnische Fähre, die die Papenburger Meyer Werft vor drei Monaten mit einer Brennstoffzelle ausgestattet hat. „Ich bin sicher, dass wir solche Schiffe bald auch in Hamburg sehen werden“, sagt der Hamburger Wirtschaftsstaatsrat Rolf Bösinger. „Gerade für uns als Hafenstadt ist es bedeutend, dass Lösungen entwickelt werden, mit denen der Schadstoffausstoß der Schifffahrt reduziert werden kann.“