Hamburg. Oberbaudirektor sieht in dem Studentenheim einen Prototyp für die Zukunft des Bauens. Die 371 Apartments sind komplett vorgefertigt.

Dass hier Hamburgs größtes Holzhaus entsteht, lässt sich auf den ersten Blick nicht so leicht erkennen: Der Rohbau direkt neben dem bunten Gebäude der Stadtentwicklungsbehörde in Wilhelmsburg wirkt zunächst wie der für ein normales modernes Wohngebäude, teilweise schimmert da eine dunkle Dämmschicht, die hölzernen Fassaden-Elemente sind zudem noch nicht alle montiert.

Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man schließlich die Besonderheit der Kon­struktion. Wie Legosteine sind einzelne Holz-Module regelrecht auf- und nebeneinander gestapelt. Jedes etwa so groß wie ein Container und bereits fix und fertig mit Küche, Toilette, Bett und Schreibtisch ausgestattet.

30 Cent Zuschuss pro Kilo

An Ort und Stelle werden sie um Beton-Treppenhäuser montiert, vormontierte Leitungen für Strom und Wasser verbunden – und fertig: „Hier braucht man nur noch die Zimmerpalme rein stellen“, heißt es in einem Prospekt des „Woodie“, wie die Macher ihr Projekt bezeichnen, für das am heutigen Donnerstag so etwas wie ein Richtfest gefeiert wird. „Stapelfest“, wie es in der Einladung heißt. Damit wird an die ungewöhnliche Bauweise erinnert und es ist zugleich ein Wortspiel, weil sich auch Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) dazu angesagt hat.

5463928761001_videostill_1513114717981.jpg
Wie das Holzhaus in Wilhelmsburg entsteht

weitere Videos

    Wichtiges Vorreiterprojekt

    Für Hamburg ist „Woodie“ eben ein wichtiges Vorreiterprojekt, um künftig schneller und günstiger Wohnungen bauen zu können. „Hier kann man zeigen, dass dabei Holzbau funktioniert - und architektonisch auch noch sehr ansprechend ist“, sagt Oberbaudirektor Jörn Walter. „Man braucht solche Experimente, um Entwicklungen voranbringen zu können.“

    Doch noch ist das Projekt „Woodie“ auch ein Prototyp, das einigen Mut erforderte. Rund 37 Millionen Euro investieren die beiden Bauherrn Achim Nagel (Primus Developments GmbH) und Torsten Rieckmann (Senectus GmbH). Beide hatten bereits für die Internationale Bauausstellung (IBA) 2013 in Wilhelmsburg ein gemeinsames Projekt realisiert. Walter animierte sie dann dazu, unmittelbar am früheren Ausstellungslände noch ein weiteres Beispiel für „experimentelles Bauen“, wie er sagt, zu wagen.

    Der größte Teil der vorgefertigten Holzapartments für das Projekt „Woodie“ in
Wilhelmsburg ist bereits verbaut
    Der größte Teil der vorgefertigten Holzapartments für das Projekt „Woodie“ in Wilhelmsburg ist bereits verbaut © Senectus GmbH

    „Als die ersten Module angeliefert wurden, waren wir ganz schön nervös“, sagt Nagel. Passt alles, gibt es Mängel, funktioniert die Anlieferung? Fragen, die bisher für ein solch großes und zu 80 Prozent quasi vorgefertigtes Holzhaus noch nicht beantwortet werden konnten. Insgesamt werden es 371 Apartments sein, die in speziellen Hallen in der österreichischen Steiermark vorgefertigt werden, 311 sind bereits verbaut.

    Mit einer ausgetüftelten Logistik wurden die Boxen nach Wilhelmsburg geliefert: Entlang der A7 parkten die Lkw an verschiedenen Standorten und fuhren zeitlich so getaktet ab, dass an der Baustelle nur kurz entladen und gleich weiter gefahren werden konnte. Doch Pannen, falsche Anschlüsse, nicht passende Bauteile – alles, was sonst so Bauleiter vor Ort reichlich Nerven kostet, habe es so gut wie gar nicht gegeben, sagt Nagel, dessen anfängliche Nervosität fast schon einer Euphorie gewichen ist, wie es scheint. Brandschutz, Langlebigkeit, Dämmwerte und Schallschutz – bei all diesen Anforderungen an heutiges Bauen habe sich Holz zudem als idealer Baustoff erwiesen. „Man schläft darin wie in einem Wald“, sagt Nagel.

    Bauzeit erweist sich als erstaunlich kurz

    Zudem erweist sich die Bauzeit als extrem kurz, rund neun Monate schneller als beim herkömmlichen Bauen. Im Winter erst war die Grundsteinlegung, am 1. Oktober sollen nun die ersten Studenten einziehen. 500 Euro – so teuer wird das Wohnen mit Holzcharme dort sein, inklusive Nebenkosten und schnellem WLAN. Und sollte es eines Tages weniger Nachfrage von Studenten geben, plant Nagel schon weiter. Die Holz-Module ließen sich eben ausgesprochen flexibel nutzen und beispielsweise für größere Wohnungen zusammenlegen. Nagel: „Da nimmt man eine Motorsäge und fertig.“

    Infos: woodie.hamburg/de