Hamburg. Der Siegerentwurf sieht einen 190 Meter langen Backsteinkomplex vor, der im Idealfall bereits in fünf Jahren fertig sein könnte.
Ein gut 190 Meter langer und 40 Meter tiefer Backsteinkomplex soll anstelle der vier City-Hochhäuser in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs errichtet werden. Das Hamburger Architekturbüro KPW Papay Warncke und Partner ging am Freitag als Sieger aus dem Architekturwettbewerb für das Quartier am Klosterwall hervor. Neben einem Hotel und Büros sollen 200 Wohnungen errichtet werden. Wenn alles ideal läuft, werden die vier bisherigen Hochhäuser bereits im kommenden Jahr abgerissen. Baubeginn für den neuen Komplex könnte 2019 sein, Baufertigstellung im Jahr 2022.
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) zeigte sich von dem Siegerentwurf überzeugt. Es sei darauf angekommen, die Chance der Aufwertung der Stadt an dieser Stelle zu nutzen. Zudem vertrage sich der Entwurf mit dem Chile-Haus und dem Kontorhausviertel, die als Unesco-Weltkulturerbe von überragender Bedeutung seien. Auf diesen Aspekt wies Frank Holst, Geschäftsführer von Aug. Prien Immobilien, dem Investor, hin: „Eine wichtige Frage war: Hält der Entwurf der Prüfung durch die Unesco stand?“
Der Siegerentwurf sieht einen aus drei Gebäuden bestehenden Block vor. Die Backsteinfassaden sind nach außen und innen leicht gestaffelt. Ihre Gestaltung erfolge nach dem Prinzip „Vielfalt in Einheit“, erklärte die Jury.
Höhe orientiert sich am Kontorhausviertel
Im Norden, in Richtung des Hauptbahnhofes, ist ein Hotel untergebracht, im Süden ein Büro- und Geschäftsgebäude. Platz für den Einzelhandel, für Gewerbe und Kultureinrichtungen, gibt es im Sockel. Der mittlere Block ist die zentrale Wohneinheit mit einem ruhigen, abgeschirmten Innenhof. Hier soll auch eine Kindertagesstätte untergebracht werden. Die Höhe der Gebäude orientiert sich am Kontorhausviertel.
Das Hotel werde über 200 Zimmer verfügen, sagte Holst. Die Gesamtbürofläche gab er mit etwa 15.000 Quadratmetern an – das sind etwas mehr als zwei Fußballfelder. Von den rund 200 Wohnungen werden ein Drittel Sozialwohnungen sein. „Es wird keine Eigentumswohnungen geben.“ Er machte deutlich, dass an diesem Ort kein „reines Familienwohnen“ geplant ist. Ziel sei es, Belebung zu schaffen. Holst bezifferte das Investitionsvolumen mit bis zu 300 Millionen Euro.
Oberbaudirektor Jörn Walter zufrieden
Der scheidende Oberbaudirektor Jörn Walter war sichtlich zufrieden mit dem Siegerentwurf. „Es ist eine große Chance für Hamburg, mit diesem durchdachten Entwurf einen noblen Eingang in seine Innenstadt zu erhalten, der die Perlen Chilehaus und Sprinkenhof nicht zu übertrumpfen versucht.“ Vieles sei klug und raffiniert gemacht. Obwohl alle Fassaden aus Backstein sein würden, gebe es reichlich unterschiedliche Details. Walter lobte besonders die vorgeschlagenen „extrem klugen Grundrisse“ der Wohnungen. Alle ruhebedürftigen Räume würden zum Innenhof hin gebaut. Die Innenhöfe seien „Wohnhöfe, die als solche funktionieren“.
Man habe nicht jeden Tag das Glück, einen wirklich schönen Entwurf zu erhalten, fügte Walter hinzu. „Es gab keine andere Arbeit, die so perfekt ausgearbeitet war.“ Der aus der Schweiz stammende Chef der Jury, Fritz Schumacher, meinte, der Siegervorschlag sei „kein spektakuläres, lautes Projekt“, sondern ein Entwurf, der sich „als Partner“ für die Umgebung verstehe. Falko Droßmann, Bezirksamtsleiter in Mitte, äußerte die Hoffnung, dass es jetzt gelinge, „den bislang toten Bereich“ der Stadt zurückzugeben.
Kommentar: Siegerentwurf für City-Hochhäuser ist eine Enttäuschung
Natürlich spielte bei der Präsentation des Siegerentwurfs die anhaltende Diskussion über den Abriss der vier City-Hochhäuser eine Rolle. Senatorin Dorothee Stapelfeldt sagte auf Nachfrage, zwar stehe die Entscheidung des Denkmalschutzes noch aus. Allerdings ließ die Politikerin keinen Zweifel an ihrer Auffassung, dass der Sieger sich gegenüber dem jetzigen Zustand auszeichnet. Oberbaudirektor Walter warb für den Abriss. Gegenwärtig sei dieser städtische Bereich furchtbar und grauenhaft. „Schön ist es an dieser Stelle in Hamburg nicht.“
Denkmalschützer und Architekten hatten hingegen für den Erhalt der City-Hochhäuser und deren Sanierung geworben. Der renommierte Hamburger Architekt Volkwin Marg sorgte sich vor allem um den Denkmalschutz. Wenn die Stadt sich über Gesetze hinwegsetze, „schafft sie einen Präzedenzfall, aufgrund dessen man den gesamten Denkmalschutz abschaffen kann“.