Hamburg. HSH Nordbank verweigert Zustimmung zum Sanierungsplan. Jetzt hat das Traditionsunternehmen Insolvenz angemeldet.

Um die Rettung der Hamburger Rickmers Reederei wurde lange gekämpft, am Ende ohne Erfolg: Die Schifffahrtsgesellschaft mit dem klangvollen Namen hat am heutigen Donnerstag einen Insolvenzantrag gestellt. Das bestätigte ein Sprecher der Reederei.

Grund dafür ist die Tatsache, dass der größte Gläubiger des Unternehmens, die HSH Nordbank, überraschend den Geldhahn zugedreht hat. Die Landesbank habe die Kreditanträge der Reederei zurückgewiesen und die Zustimmung zum Sanierungskonzept verweigert, teilte die Rickmers Holding am Mittwochabend mit. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens strebe der Vorstand nun eine Sanierung in Eigenverwaltung unter Fortsetzung des Geschäfts- und Schiffsbetriebs an. Auch die Zukunft der rund 2000 Mitarbeiter des Unternehmens ist offen.

Dabei sollte eigentlich ein umfangreicher Sanierungsplan das schwer angeschlagene Schifffahrtsunternehmen aus der finanziellen Krise führen. Wie das Abendblatt berichtete, war der Firmeninhaber Bertram Rickmers dazu bereit, sich von 75 Prozent seiner Firma zu trennen und zusätzlich einen zweistelligen Millionenbetrag zur Rettung bereitzustellen. Für den heutigen Donnerstag ist um 10.30 Uhr eine Versammlung der Gläubiger einer 275 Millionen Euro schweren Anleihe vorgesehen, um über das Sanierungskonzept abzustimmen. Das ist nun hinfällig. Die Anleihegläubiger sollen jetzt bei dem Treffen nur noch einen gemeinsamen Vertreter für die Insolvenz wählen.

Ablehnung der Kreditanträge kam überraschend

Die Verantwortung für das überraschende Aus schiebt Rickmers der Bank zu. Das Unternehmen habe sich am 19. April 2017 unter anderem mit der HSH Nordbank auf ein Grundlagenpapier zur Restrukturierung geeinigt, heißt es in der Mitteilung. Die Rickmers Gruppe habe ihrerseits „bis dato alle vereinbarten und erforderlichen Schritte zur Vorbereitung der Restrukturierung – insbesondere die Vorlage von Sanierungsgutachten mit einer positiven Sanierungsaussage, die Erzielung einer Einigung mit dem übrigen Bankenkreis und eine positive steuerliche verbindliche Auskünfte“ abgearbeitet. Dennoch habe die Bank der Rickmers Holding „sehr überraschend und ohne weitere Verhandlungsbereitschaft“ mitgeteilt, dass der Vorstand die Kreditanträge abgelehnt und die Zustimmung zur Grundsatzvereinbarung vom 19. April nicht erteilt hat.

Die HSH hatte aber auch immer darauf hingewiesen, dass eine Zustimmung unter Gremienvorbehalt stehe. Und die Gremien haben offenbar keine Chance auf Rettung gesehen. „Der Vorstand hat das Sanierungskonzept sehr sorgfältig geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass das Konzept betriebswirtschaftlich nicht tragfähig ist“, sagte ein Sprecher der Bank.

Ist Insolvenz für Bank wirtschaftlicher Vorteil?

Tatsache ist, dass die HSH Nordbank in die Entstehung des Sanierungskonzepts eng eingebunden war. Die Verhandlungen dazu liefen ein Jahr lang. Sie ist mit mehr als 700 Millionen Euro bei Rickmers engagiert und damit der mit Abstand größte Gläubiger des Schifffahrtsbetriebs. Die meisten Kredite sind an einzelne Schiffe gebunden, und über deren Wert besichert. Allerdings hat die HSH Nordbank auch einen Kredit über 165 Millionen Dollar direkt ins Unternehmen gesteckt. „Ich weiß nicht, was die HSH Nordbank zu dem überraschenden Rückzug veranlasst hat“, sagte der Anwalt und Sanierungsfachmann Kristian Heiser. „Die Bank sieht wohl in der Insolvenz den wirtschaftlich größeren Vorteil für sich.“

Als einst größter weltweiter Schiffsfinanzierer kämpft die Bank selbst mit den Folgen der schweren Branchenkrise. Allein im vergangenen Jahr hat sie zwei Milliarden Euro Risikovorsorge für faule Schiffskredite zurücklegen müssen. Auf die Frage, ob die Bank im Zusammenhang mit der Rickmers-Insolvenz nun weitere Vorsorge treffen müsse, sagte der HSH-Sprecher dem Abendblatt lediglich: „Wir sind auf die Situation gut vorbereitet.“

Rickmers hat 1,5 Milliarden Euro Schulden

Über die Zukunft von Rickmers wird seit Längerem spekuliert. Noch vor zwei Jahren hatte das Unternehmen einen Börsengang ins Auge gefasst, doch die Schifffahrtskrise, die seit acht Jahren die Branche im Griff hat, durchkreuzte diese Pläne. Im vergangenen Jahr scheiterte eine Fusion mit dem Schifffahrtsunternehmen des Bruders von Bertram Rickmers, Erck. Das vergangene Geschäftsjahr endete mit einem Verlust von 341 Millionen Euro, die Schulden liegen bei rund 1,5 Milliarden Euro. Im Februar verkaufte die Gruppe den Geschäftsbetrieb der Rickmers-Linie an die Zeaborn-Reederei – ohne dafür Geld zu erhalten. Im Gegenteil: Sie musste sogar einen einstelligen Millionenbetrag dazugeben.

Im April musste dann der Rickmers Maritime Trust (RMT), eine in Singapur ausgegebene Anleihe, abgewickelt werden, nachdem der Fonds zahlungsunfähig war. „Eine Krise wie diese gab es in der Schifffahrt zuletzt nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71“, sagte Bertram Rickmers damals. „Nicht nach dem Ersten und nicht nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Sondern eben vor mehr als 140 Jahren.