Hamburg . Route für bis zu 100.000 Demonstranten steht fest. Weiter keine Einigung über Abschlusskundgebung.

Der Streit um die Großdemonstration während des G20-Gipfels mit bis zu 100.000 Teilnehmern landet offenbar vor Gericht: Bei einem erneuten Gespräch am Donnerstag im Polizeipräsidium haben sich die Organisatoren des Bündnisses „Grenzenlose Solidarität statt G20“ und die Polizei zwar auf eine Demonstrationsroute für den 8. Juli einigen können, das Heiligengeistfeld wurde als Ort der Abschlusskundgebung jedoch von den Behörden abgelehnt. Die Veranstalter der Großdemonstration wollen dagegen nun klagen, heißt es in einer Mitteilung.

Die Organisatoren werfen der Stadt dabei eine Doppelmoral bei der Genehmigung von Großveranstaltungen auf dem Heiligengeistfeld vor: Da der Platz ab dem 10. Juli für den Schlagermove zur Verfügung stehen wird, halten wir die Argumente gegen seine Benutzbarkeit für vorgeschoben. Eine Großdemonstration mit mehr als 50.000 Teilnehmenden muss einen entsprechend großen Platz für ihre Abschlusskundgebung haben“, sagte der Bündnissprecher Malte Albrecht. Eine andere Fläche käme dafür aber nicht infrage.

Polizei führt Sanierung und Sicherheitsbedenken an

Polizeisprecher Timo Zill sprach im Anschluss von sehr langen, aber auch sehr konstruktiven Gesprächen mit den Anmeldern. „Wir haben alles möglich gemacht, was aus Sicherheitsgründen auch möglich war“, sagte Timo Zill. Es gebe zweierlei Einwände gegen das Heiligengeistfeld: Zum einen führe die Wirtschaftsbehörde zur Zeit des G20-Gipfels dort Sanierungsarbeiten durch, bei denen die Fläche auch auf übriggebliebene Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg abgesucht werden soll.

„Auf der anderen Seite gibt es Sicherheitsbelange, die in diese Entscheidung eingeflossen sind“, sagte Zill. Als Abschlusskundgebungsort hatte die Polizei stattdessen den Millerntorplatz auf St. Pauli vorgeschlagen, dieser Idee wollte das Bündnis „Grenzenlose Solidarität“ jedoch offenbar nicht zustimmen.

Route führt über die Willy-Brand-Straße auf die Reeperbahn

Der Großteil des Demonstrationsverlauf war bereits vor dem letzten Kooperationsgespräch weitgehend unstrittig gewesen: Nach einer Auftaktkundgebung am Deichtorplatz sollen die Demonstranten über die Willy-Brandt-Straße zur Reeperbahn laufen. Nach dem Willen der Polizei sollten die Demonstranten dann eine Schleife zurück zum Millerntorplatz laufen. Diese Entscheidung bleibt nun einem Gericht überlassen.

Aktivisten paddeln auf der Alster gegen die Politik der G20

Aktivisten paddeln gegen den G20-Gipfel
Aktivisten paddeln gegen den G20-Gipfel © dpa | Axel Heimken

Unterdessen haben am Donnerstag paddelnde Aktivisten der „G20 Protestwelle“ mit einem großen Banner auf der Binnenalster für ihre Demonstration am 2. Juli geworben. Rund sieben Wochen vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer in Hamburg machten sich unter dem Motto „Rauf aufs Wasser für eine andere Politik“ am Donnerstag rund 20 Menschen auf Kanus, Surfbrettern oder Paddelbooten für einen andere Politik der G20 stark. Das Bündnis „G20 Protestwelle“ plant am 2. Juli einen Protestzug mit Zehntausenden Teilnehmern, ein buntes Bannermeer und eine Bootsdemo auf der Binnenalster. Der G20-Gipfel selbst findet am 7. und 8. Juli statt.

Gipfel-Proteste

19 Staats- und Regierungschefs

Zum G20-Gipfel am 7. und 8. Juli werden 19 Staats- und Re­gierungschefs sowie Spitzenvertreter der EU und weiterer Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) in Hamburg erwartet. Zur Sicherung des Gipfels werden mehr als 15.000 Polizisten im Einsatz sein.  Es wird auch mit 8000 mutmaßlich gewaltbereiten Linksextremen gerechnet, laut Polizeipräsident Ralf Martin Meyer auch einer „überschaubaren“ Anzahl von ausländischen Autonomen.

„Hamburg zeigt Haltung“

Wegen der Beteiligung von linksradikalen Gruppen haben sich andere G20-Gegner von dem Bündnis „Grenzenlose Solidarität statt G20“ distanziert und eigene Demonstrationen angekündigt. So ruft etwa das Bündnis „Hamburg zeigt Haltung“ ebenfalls für Sonnabend, 8. Juli , zu einer betont friedlichen und familienfreundlichen Demonstration von der Katharinen-Kirche zum Fischmarkt auf. crh

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Getragen wird das Bündnis unter anderem von den Umweltorganisationen Greenpeace und BUND, von Campact, vom DGB Nord und vom Verein Mehr Demokratie. Die Organisatoren betonten in der Vergangenheit, dass sie nicht gegen den G20-Gipfel an sich seien. Anders als bei den G7- und G8-Gipfeln, wo ein illustrer Kreis glaube Politik für die ganze Welt zu machen, seien die G20 als Institution ein Fortschritt, erklärten sie. Die G20 verträten tatsächlich große Teile der Weltbevölkerung. Problematisch sei jedoch deren Politik.

Warum die Zahnbürste zum Symbol gegen G20-Gipfel wird

Sie ist nach eigenen Angaben die Klobürste 2.0: Die Zahnbürste soll nach dem Willen der Gegner des G20-Gipfels in Hamburg ein Symbol gegen das Treffen der Staats- und Regierungschefs werden. Die Zahnbürste sei ein Symbol gegen Repression und dafür, dass sich die Gipfelgegner keine Angst machen ließen, sagte die Sprecherin der für den 8. Juli geplanten Großdemonstration, Emily Laquer. „Wir wollen vorbereitet sein: Wenn uns die Polizei einknastet, haben wir unsere Zahnbürste dabei.“

Zugleich erinnere die Zahnbürste an die Proteste von Anfang 2014. Damals war Hamburg bundesweit in die Schlagzeilen geraten, als die Polizei nach schweren Krawallen Ende 2013 über Tage beinahe ganze Stadtteile zum Gefahrengebiet erklärt hatte. In der Folge demonstrierten Tausende Hamburger gegen die Gefahrengebiete, Symbol des Protests war die Klobürste. Laquer erklärte, nun werde das Gelände rund um die Messe, Veranstaltungsort des G20-Gipfels am 7. und 8. Juli, zum Gefahrengebiet erklärt.

G20-Gipfel: Hamburgs Polizeichef Meyer im Video-Interview

Gefahren bei G20 – Interview mit Polizeichef Meyer

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    Auf Facebook rufen die G20-Gegner seit Mittwochabend die Menschen dazu auf, Zahnbürstenfotos zu machen. "Zeigt uns Eure Zahnbürsten, lasst es Zahnbürstenfotos regnen!" In dem BlockG20-Beitrag heißt es auch, dass von ihnen keine Eskalation ausginge, sie sich aber auch nicht aufhalten lassen würden. "Dort, wo wir auf Polizei treffen, werden wir sie umfließen. Wir werden so viele sein, dass man uns nicht alle in Gewahrsam nehmen kann", schreiben die Initiatoren der Zahnbürsten-Aktion. Und wenn doch, können zumindest Zähne geschrubbt werden.