Hamburg. Verkehrsbehörde stellt Planung vor. 35 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Doch ADFC kritisiert mangelnden technischen Standard.
Pläne für ein solches Netz gibt es in Hamburg schon lange, auch einige kleine Teilabschnitte wurden bereits ausgebaut. Doch der Aufbau eines umfassenden „Velorouten-Netzes“ für das gesamte Stadtgebiet hat jetzt erst eine wichtige Etappe und damit einen neuen Schub erreicht: Der genaue Verlauf dieses 280 Kilometer langen Radwegesystems steht nun fest.
In den vergangenen Monaten wurde die detaillierte Streckenführung zwischen Verkehrsbehörde und Bezirken abgestimmt. Gegenüber früheren Plänen hätten sich an mehr als 40 Stellen Änderungen ergeben, teilte die Verkehrsbehörde mit. Routen wurden beispielsweise gestrafft, um eine bessere Akzeptanz zu schaffen. Woanders seien Strecken auch wieder verlegt worden, um wichtige Ziele wie Bahnhöfe für Radfahrer besser erschließen zu können. Routen seien aber auch geändert worden, weil Alternativen einfacher zu realisieren sind.
Netzausbau bis 2020 geplant
Im Bezirk Nord im Bereich Dulsberg-Wandsbek-Gartenstadt verläuft die künftige Route 6 beispielsweise nicht mehr wie zuvor geplant über eine Vielzahl kleinerer Straßen, sondern auf wenigen und dafür aber teils größeren wie dem Berner Heerweg und dem Friedrich-Ebert-Damm. Und in Wilhelmsburg führt die Veloroute 10 nicht mehr durch Alt-Kirchdorf, sondern über die Otto-Brenner-Straße. Ähnliche neue Schlenker gibt es an vielen anderen Abschnitten.
Bis 2020 soll das Velorouten-Netz jetzt ausgebaut werden. Aus dem Fördertopf des Bundes für kommunale Investitionen stehen der Behörde zufolge dafür „zunächst“ rund 30 Millionen Euro zur Verfügung, hinzu kommen noch einmal rund fünf Millionen von der Stadt Hamburg. „Wir sind gut aufgestellt, um den Ausbau bis 2020 stringent voranzutreiben“, sagt Hamburgs Radverkehrskoordinatorin Kirsten Pfaue. Wichtig sei, dass schon bald die Vorteile erkennbar werden und das Netz nicht nur online, „sondern auf der Straße Stück für Stück sichtbarer wird“.
Strecken sollen besser beschildert werden
Tatsächlich fehlt bisher vor allem eine Beschilderung, mal gibt es bereits neue, gut ausgebaute, aber nur kurze Teilstrecken wie beispielsweise am Großmarkt. Dann aber verirrt sich der Velorouten-Sucher in den vielen Straßenabschnitten dieses Netzes, das bisher ausgesprochen schlecht beschildert ist. Künftig sollen die Abschnitte für Radfahrer daher besser gekennzeichnet und ausgebaut werden – etwa mit neuen Radfahrstreifen oder auch durch die Ausweisung eigener Fahrradstraßen wie am Leinpfad.
Das kleine ABC der Fahrradstadt
Im Prinzip handelt sich bei dem Velorouten-Netz um zwölf Strecken, die sternenförmig von außen in die City verlaufen. Hinzu kommen zwei innere Ringverbindungen. Die einzelnen Velorouten verlaufen dabei auf eher verkehrsarmen Nebenstrecken – was die teilweise verwinkelte Streckenführung erklärt. Mal radelt man dann auf der Straße einer Tempo-30-Zone, dann wieder führt dieselbe Route über eine Fahrradstraße oder auch nur auf einem Radfahrstreifen. Velorouten sollen aber „ganzjährig sicher, zügig und komfortabel befahrbar sein“, verspricht die Behörde.
Das Netz sei eine Art Grundgerüst für den Rad-Alltagsverkehr. Erklärtes Ziel des rot-grünen Senats dabei sei, den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsgeschehen in der Stadt auf 25 Prozent zu steigern. Zuletzt wurde ein Anteil von zwölf Prozent ermittelt. Das Veloroutennetz gilt dabei als das eigentliche Kernstück des Senatsziels, aus Hamburg eine „Fahrradstadt“ zu machen. Dazu gehören auch andere Maßnahmen wie der Bau von Fahrradparkplätzen oder der parallele Ausbau von Radwegen bei Straßensanierungen.
ADFC fürchtet Etikettenschwindel
Bei dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) stößt die Ausweitung des Radverkehrs in Hamburg daher naturgemäß auf Zustimmung. Doch großen Jubel über das jetzt festgelegte Velorouten-Netz gibt es dennoch nicht. „Grundsätzlich“ begrüße der ADFC den Velorouten-Ausbau, sagt der Hamburger ADFC-Sprecher Dirk Lau. Bei der konkreten Planung habe der ADFC jedoch an vielen Stellen bereits Kritik geäußert. „Immer wenn dem Autoverkehr Platz genommen werden soll, weicht Hamburg von dem eigentlichen technischen Standard für Velorouten ab“, sagt Lau und kritisiert einen teilweisen Etikettenschwindel: Leider sei zu befürchten, dass Radwege oft in der bestehenden „unzureichenden Breite“ lediglich als Veloroute ausgeschildert werden – ohne dass es konkrete Verbesserungen für Radfahrer gebe.
Dann wieder werden Routen doch wieder an Hauptstraßen geführt, etwa entlang der Hamburger Straße. Und ausgerechnet an dieser Ausfallstraße solle es nur einen Radweg für zwei Richtungen geben, was auch nicht dem Ausbaustandard für Velorouten entspreche. An anderen Stellen führten Velorouten über Kopfsteinpflaster, was ebenfalls kein zügiges Vorankommen ermögliche. An größeren Straßen müsse es vielmehr breite und sichere Radfahrstreifen geben, die klar vom Straßenverkehr getrennt seien, fordert der ADFC.
Detaillierte Strecken des Velorouten-Netzes im Internet.