Hamburg. Obwohl mehr Autos zugelassen werden, sind viele Hauptstraßen leerer als früher. Ein Faktencheck mit überraschenden Zahlen.

Man kommt ganz gut herum als Hamburger: Gut 90 Prozent der etwa 1,8 Millionen Bewohner sind einer Studie zufolge täglich auf irgendeine Art und Weise unterwegs und legen dabei im Schnitt 32 Kilometer zurück – verteilt auf 3,3 Wege.

Doch auf welche Art und Weise legt der Durchschnitts-Hamburger diese Wege zurück? Fährt er mehr als früher mit dem Rad oder dem Bus? Wenn mehr Menschen umsteigen, fließen dann auch höhere Investitionen in den Nahverkehr und in die Radwege? Das Abendblatt hat sich die Zahlen genauer angesehen.

Zunächst fällt auf, dass die Zahl der Kraftfahrzeuge in Hamburg von Jahr zu Jahr größer wird. So gab es 2011 laut Statistikamt Nord rund 726.000 registrierte Pkw in der Stadt – heute sind es rund 771.000 Autos. Mehr Autos bedeuten allerdings nicht automatisch mehr Verkehr auf den Straßen. So ist in jüngerer Zeit das an rund 330 Zählstellen gemessene Verkehrsaufkommen leicht gesunken. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der CDU hervor. Nimmt man das Gesamtaufkommen von 2011 als Basis, lag es demnach zuletzt bei etwa 99,5 Prozent.

Vor allem in der Innenstadt nimmt der Autoverkehr ab

Ein Blick in die umfangreichen Tabellen der Verkehrsbelastungen Hamburger Straßen zeigt ein differenziertes Bild. Vor allem in der Innenstadt ist die Zahl der Fahrzeuge, die täglich unterwegs sind, teilweise gesunken: zum Beispiel auf der Kennedybrücke von 52.000 auf 49.000, auf der Lombardsbrücke von 61.000 auf 60.000.

Auch auf den Ausfallstraßen ist ein Rückgang des Verkehrs zu erkennen. So sank die Zahl der Fahrzeuge auf der Kieler Straße in Höhe Warnstedtstraße von täglich 51.000 auf 49.000 Fahrzeuge. Auf der Max-Brauer-Allee in Höhe Holstenstraße ging die Zahl von täglich 17.000 auf 15.000 zurück. Dieses Angaben legen die Vermutung nahe, dass viele Menschen bei einem Besuch der Innenstadt andere Verkehrsmittel nutzen.

Nutzerzahlen des ÖPNV und des Radverkehrs steigen

Gestützt wird diese Vermutung von der Entwicklung der Nutzerzahlen von Bussen, Bahnen und Rad. Erst vor kurzem hat der Hamburgische Verkehrsverbund (HVV) verkündet, dass im vergangenen Jahr 770,5 Millionen Menschen Busse, Bahnen und Fähren nutzten. Das sind fast 75 Millionen mehr als im Jahr 2011, als die Zahl bei 696,7 Millionen lag. Die jährlichen Kosten für den Betrieb des ÖPNV – allerdings ohne Investitionen - liegen der Wirtschaftsbehörde zufolge bei rund 900 Millionen Euro.

Wer danach fragt, wie viele Euro jährlich in den ÖPNV investiert würden, bekommt ausweichende Antworten: Es seien zu viele unterschiedliche Unternehmen und es sei schwierig, Ausgaben abzugrenzen. Für das Busbeschleunigungsprogramm beispielsweise investiert Hamburg zwischen 2012 und 2020 rund 259 Millionen Euro. Allerdings werden bei den Bauarbeiten oft ganze Kreuzungen umgestaltet, sodass sich die Investition aus mehreren Töpfen speist. Ins Geld gehen vor allem Schienenprojekte: Der Bau der S-Bahn zum Flughafen kostete rund 280 Millionen Euro. Derzeit wird die U 4 bis zu den Elbbrücken verlängert – für die Haltestelle werden 43 Millionen Euro fällig.

Weil die Großprojekte finanziert werden müssen, auch wenn der Bund hilft, schwankt der jährliche Zuschussbedarf regelmäßig. Nach einer Berechnung des Internetportals Nahverkehr Hamburg liegt der Zuschuss für den HVV bei 300 Millionen Euro im Jahr und ist – rechnet man die Großprojekte heraus – seit Jahren nahezu konstant.

Für Erhalt und Bau städtischer Straßen wendet Hamburg jedes Jahr rund 70 Millionen Euro auf. Die Autobahnen sind in dieser Summe nicht enthalten, da das Geld vom Bund zur Verfügung gestellt wird. So kosten die Arbeiten zur Erneuerung der Langenfelder Brücke auf der A 7 zum Beispiel 70 Millionen Euro. Der Bau der A 26 im Süden Hamburgs wird mit mindestens 900 Millionen Euro zu Buche schlagen.

65 Prozent der Hamburger Straßen haben einen Radweg

Eine wichtigere Rolle spielt der Radverkehr. 65 Prozent der Hamburger Straßen sind mit einem Radweg ausgestattet. An den 38 Fahrradzählstellen der Stadt wurde von 2011 auf 2016 eine Steigerung um 56 Prozent registriert. Eine genaue Zählung wie beim Autoverkehr gibt es zwar nicht, aber die 38 „Stichproben“-Zählstellen bestätigen die Alltagserfahrung, dass der Radverkehr in Hamburg deutlich zugenommen hat.

Um herauszufinden, welches Transportmittel wie oft genutzt wird, muss man sich auf Umfragen verlassen, wie sie etwa das Forsa-Institut gemacht hat. Zwar nicht speziell zu Hamburg, aber allgemein zu deutschen Großstädten. Und da hat der Radverkehr im Schnitt einen Anteil von rund 14 Prozent. Bei einer letzten Befragung in Hamburg, die aus dem Jahr 2008 stammt, wurde für die Hansestadt ein Radverkehrsanteil von 12,2 Prozent ermittelt. Das ist weniger als oft angenommen – auch im Vergleich zu anderen deutschen Landeshauptstädten. So liegt der Anteil in Bremen bei 25 Prozent, in Kiel bei 20,7 und in Potsdam bei 20,1 Prozent.

Senat und Bezirke haben beschlossen, Hamburg zur Fahrradstadt zu machen. So soll der Radverkehrsanteil bis Mitte des kommenden Jahrzehnts auf 25 Prozent erhöht werden. Der großen Ankündigung folgten allerdings keine großen Investitionen. Bis 2018 werden 33 Millionen Euro in den Bau von Velorouten und bezirkliche Fahrradwege investiert – rund zehn Millionen Euro pro Jahr. Im Jahr 2020 soll es 14 Routen mit einer Gesamtlänge von rund 280 Kilometern geben.

Zudem setzt Rot-Grün auf den Ausbau des Stadtrad-Netzes. Derzeit gibt es etwas mehr als 200 Stationen im Stadtgebiet. Die Zahl der Fahrräder, die ausgeliehen werden können, liegt bei 2450. Die Stadt bezuschusst Stadtrad mit rund zwei Millionen Euro pro Jahr. Rund 90 Prozent aller Nutzer fahren allerdings weniger als 30 Minuten pro Strecke – offenbar auch deshalb, weil die erste halbe Stunde der Ausleihe für den Nutzer kostenlos ist.

Bei der Länge des jeweiligen Netzes liegt der Autoverkehr vorn, wobei hinzugefügt werden muss, dass viele Straßen auch von Radfahrern und dem öffentlichen Personennahverkehr genutzt werden. Hamburgs Straßennetz umfasst eine Länge von rund 4000 Kilometern. Das sind fast 8900 Straßen, Plätze und Brücken. Die meisten Straßen sind längst Tempo-30-Zonen. Die Hauptstraßen ziehen sich über eine Länge von 550 Kilometer, die für den Stadtverkehr wichtige Autobahnen über knapp 82 Kilometer. Die Hamburger Radwege summieren sich auf eine Länge von 560 Kilometer. Die S-Bahnen verkehren auf einem Netz von 147 Kilometern Länge, die U-Bahnen auf 104,7 Kilometern. Die 111 Buslinien der Hochbahn decken mehr als 920 Kilometer Strecke ab.

Zwölf Prozent der Stadt sind reine Verkehrsflächen

Bleibt die Frage des Flächenverbrauchs der einzelnen Verkehrsträger. Vergleicht man beispielsweise den Platzbedarf des ruhenden Verkehrs, so schlägt das Fahrrad das Auto um Längen. Dem Bundesverkehrsministerium zufolge braucht ein durchschnittliches Rad 1,2 Quadratmeter Abstellfläche – ein Auto aber zwölf Quadratmeter. Selbst Fahrzeuge, die bis zu sechs Personen transportieren können, schneiden also bei diesem Vergleich schlecht ab.

Dem Amt für Statistik zufolge hat Hamburg eine Fläche von 755,3 Quadratkilometern. Davon sind 92 Prozent Land- und acht Prozent Wasserfläche. Mit gut 74 Quadratkilometern beansprucht der Hafen fast zehn Prozent der Gesamtfläche Hamburgs. Dagegen nehmen sich der Flughafen mit 5,7 Quadratkilometern, der Stadtpark mit 1,8 und die Außenalster mit 1,6 Quadratkilometern eher klein aus. Dem Amt für Statistik zufolge umfassen Verkehrsflächen in Hamburg 90,3 Quadratkilometer – also fast zwölf Prozent der Gesamtfläche.