Hamburg. Erster Anlauf zur Sanierung gescheitert. Die Gläubiger könnten die Reederei Rickmers trotzdem retten – unter Bedingungen.

Der bekannte Hamburger Reeder Bertram Rickmers muss weiter um den Fortbestand seines Unternehmens zittern. Die Gläubiger der Rickmers Holding haben einen Sanierungsplan vorerst nicht gebilligt. Jetzt ist eine zweite Abstimmung notwendig. Kommt auch dort keine Mehrheit zustande, wird Rickmers voraussichtlich Insolvenz anmelden müssen.

Wie berichtet befindet sich die Rickmers Reederei in finanziell bedrohlicher Schieflage. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 341 Millionen Euro erwirtschaftet – nach einem Minus von 135,5 Millionen Euro im Jahr zuvor. Neben Werftverbindlichkeiten und Bankkrediten ist im kommenden Jahr die Rückzahlung einer Anleihe über 275 Millionen Euro fällig, die die Holding nicht mehr leisten kann. Schon die Zahlung des Anleihezinses in Höhe von 24 Millionen Euro Mitte Juni dieses Jahres ist in Gefahr, wenn die Anleihegläubiger die geplante Restrukturierung nicht mittragen.

Eine schriftliche Abstimmung, die Mittwochnacht um 0 Uhr endete, hat zunächst kein Ergebnis gebracht. Wie die Rickmers Gruppe am Donnerstag mitteilte, haben sich nicht genügend Anleihegläubiger an der Abstimmung beteiligt. Vorgeschrieben ist, dass mindestens 50 Prozent des in der Schuldverschreibung eingesetzten Kapitals teilnehmen müssen. Tatsächlich hätten sich nur Anleihegläubiger beteiligt, die 17,37 Prozent der Anleihe vertreten.

Rickmers: Zweite Abstimmung über neue Strukturen

Damit sei das erforderliche Quorum nicht erreicht, auch wenn die Mehrheit derjenigen, die an der Abstimmung teilnahmen, für die Sanierung gestimmt hätten, hieß es. Dennoch ist Rickmers mit dem Ergebnis der Abstimmung zufrieden: „Für uns ist das gut. Wir interpretieren das positiv“, sagte eine Sprecherin.

Um doch noch eine Zustimmung zur Umstrukturierung zu erhalten, ruft die Rickmers Holding zu einer zweiten Abstimmung auf. Diese soll nicht schriftlich, sondern in einer Versammlung der Anleihegläubiger am 1. Juni abgehalten werden. Dort müssen dann nur noch 25 Prozent des Anleihekapitals vertreten sein, von denen wiederum 75 Prozent für die Sanierung stimmen müssen. Gelingt das nicht, würde die Sanierung voraussichtlich scheitern „und die positive Fortführungsprognose der Rickmers Holding AG entfallen“, hieß es.

Auch die HSH soll ausbezahlt werden

Doch es ist alles andere als sicher, dass die Anleihegläubiger dem Deal zustimmen. Denn von ihrem eingesetzten Kapital sehen sie selbst im Sanierungsfall nur Teile wieder. Wie berichtet soll der bisherige Allein-Aktionär Bertram Rickmers 75,1 Prozent seiner Anteile an eine Luxemburger Transaktionsgesellschaft namens „Luxco“ übertragen. Bei der Luxco sollen zudem ein Teil der Kredite der größten Rickmers-Gläubigerin, der HSH Nordbank, gebündelt werden sowie die Anleiheschulden. Die Luxco soll die Anteile innerhalb der kommenden drei Jahre verkaufen und die Anleger sowie die HSH Nordbank aus den Erlösen ausbezahlen.

Kommentar: Rickmers hat unfassbar viel Geld verbrannt

Wie viel das sein wird, weiß niemand. Rechenmodelle sprechen davon, dass die Anleihegläubiger etwa 35 Prozent ihres eingesetzten Kapitals wiederbekommen könnten. Sollte der Anteilsverkauf schlechter laufen, wäre die Rückzahlungsquote geringer.

Was bleibt für die Gläubiger?

Nicht nur deshalb ist das Sanierungskonzept unter den Anlegern umstritten. „Es gibt eine Reihe von unzufriedenen Gläubigern, die sich fragen, ob nicht die HSH Nordbank oder der Eigentümer, Bertram Rickmers, zu einem größeren Verzicht gebracht werden müssen“, sagt auch der Hamburger Rechtsanwalt Kristian J. Heiser, der gebeten wurde, die Interessen der Anleihegläubiger zu vertreten. „Hierbei wird vernachlässigt, dass über Monate hinweg mit allen Beteiligten hart verhandelt und im Ergebnis ein Kompromiss erzielt wurde, bei dem nach unserem Verständnis keine Partei zu weiteren Zugeständnissen bereit war.“

Der Widerstand gegen die Sanierung ist insoweit erstaunlich, da die Anleger im Falle einer Insolvenz wahrscheinlich deutlich weniger Kapital zurückerhalten würden. Der Wertbericht der Insolvenzrechtskanzlei Brinkmann & Partner errechnete, dass die Gläubiger bei einer Insolvenz maximal 6,7 Prozent ihres Einsatzes zurückerhielten. Damit bliebe also für die Gläubiger weniger Geld übrig, als sie bei der Zustimmung allein aus der Zinszahlung von 8,875 Prozent im Juni erhielten.

Entscheidungen werden aber nicht immer nur aus rationalen Gründen gefällt, so Heiser: „Selbst wenn im Raum steht, dass bei einer Insolvenz weniger zu retten wäre, was wir für sehr wahrscheinlich halten, muss daraus nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass die erforderliche Mehrheit für das Sanierungskonzept stimmt.“

Und auch die HSH Nordbank zögert. Sie ist mit Schiffskrediten im Wert von mehr als 500 Millionen Euro und einem allgemeinen Kredit von 151 Millionen Euro bei Rickmers engagiert.