Hamburg. 300 Schiffe und jede Menge Segler und Motorboote beim Hafengeburtstag. Eine Frau ging nach einem Selfie-Flop baden.

Näher kann man den schwergewichtigen Balletttänzern nicht sein. Direkt vor der Überseebrücke liegt das schwere Hafenstreifenboot der Wasserschutzpolizei im Elbwasser. Gemeinsam mit drei Schlauchbooten und einem kleineren Schiff sperrt die „WS 35“ den Strom in voller Breite ab. Steuerbords, bei Blohm + Voss, ist es ebenso. Eine knappe Stunde lang wird der Fluss zur Bühne. Weg frei für fünf bis zu 3000 PS starke Hafenschlepper.

Schlepperballett mit ausgeklügelter Choreografie

Die Kapitäne der bulligen Kraftpakete verstehen ihr Handwerk meisterhaft. Zu Beginn des Spektakels gibt Ludwig van Beethoven den Takt vor, gefolgt vom Eröffnungslied des Films „Fluch der Karibik“ sowie Carl Orffs „Carmina Burana“. Einer ausgeklügelten Choreografie entsprechend tänzeln die Schlepper auf der Elbe. Zehntausende Zuschauer am Ufer machen begeistert mit. Applaus satt für einen der Höhepunkte des 828. Hafengeburtstages, von Kapitän Michael Schnabel kunstvoll in Szene gesetzt.

Die Segelschiffe „Loth Lorien“ (von links), „Mare Frisium“ und „Jan Huygen“ bei der Auslaufparade des 828. Hafengeburtstages
Die Segelschiffe „Loth Lorien“ (von links), „Mare Frisium“ und „Jan Huygen“ bei der Auslaufparade des 828. Hafengeburtstages © dpa | Georg Wendt

An drei Tagen erlebten schätzungsweise 1,2 Millionen Besucher ein maritimes Festival der Extraklasse. Außer der 300 direkt am Fest beteiligten Schiffe sind jede Menge Segler und Motorboote unterwegs. Vom Berufsverkehr ganz zu schweigen. Bannig was los auf dem Strom also.

Rund 100 Profis der Wasserschutzpolizei Hamburg sind zwar mittenmang, haben jedoch kaum ein Auge für Attraktionen und Remmidemmi auf dem Wasser und für den Budenzirkus im Umkreis des Baumwalls. Mit Gelassenheit, Routine und Einsatzkraft tragen sie zum Gelingen des Großereignisses bei.

Bei einem waghalsigen Selfie fiel eine Frau ins Wasser

Im Vergleich zum Ausmaß des Events gibt es nur kleinere Probleme. Am Sonnabend um 15.55 Uhr wurde eine Frau aus der rund zehn Grad kalten Elbe geborgen. Beim Versuch eines Selfies mit ihrem Smartphone hatte sie sich zu weit nach vorne gewagt. Ein Segen, dass die Besatzung des Zollschiffs „Kegelrobbe“ rasch zur Stelle war und die unvorsichtige Frau an Bord holte.

Zu Beginn des Schlepperballetts ist diese Aufregung längst vorbei. Auch mithilfe des schweren Hafenstreifenboots „WS 35“ hält die Wasserschutzpolizei eine Armada von Barkassen, Sportbooten und Segelschiffen in Schach. Neugierige Passagiere wollen der ungewöhnlichen Zeremonie möglichst nahe sein. Mancher übersieht dabei die Sperrlinie. Ein Fall für die drei Schlauchboote mit je drei Mann Besatzung, die im Nu folgen und den Störenfried zur Umkehr zwingen. Manchmal kann man nur den Kopf schütteln.

Die Wasserschutzpolizei war mit 17 Booten im Einsatz

Machen Udo Michel und sein Kollege Hendrick Wierzbicki aber nicht. Die beiden erfahrenen Polizeihauptkommissare in Diensten der Wasserschutzpolizei sind die Ruhe selbst. An der Seite eines zivilen Bootsführers legen sie sich ins Fahrwasser. Oben blinkt Blaulicht, unten im Dienstraum quäken Funkgeräte. Für den Hafengeburtstag ist ein eigener Funkkreis organisiert. Bei Bedarf kann eine auf dem Schiffsdach installierte Kamera eingeschaltet werden und Bilder in die Einsatzzentrale übermitteln. Im Moment indes läuft alles nach Plan; keine besonderen Vorkommnisse.

Insgesamt ist die Wasserschutzpolizei Hamburg mit 16 Booten präsent – vom Schlauchboot bis zum großen Küstenstreifenboot. Als zusätzliche Unterstützung ist die „Bremerhaven“ mit Kollegen aus dem benachbarten Zweistädtestaat Bremen gekommen. Man kennt sich gut. Für drei Tage dient der Ponton des Zolls ganz steuerbords auf der Überseebrücke als Hauptquartier. Verantwortlicher Planer für den Einsatz auf dem Wasser während des Hafengeburtstags ist Polizeioberkommissar Christian Nagel. Auch sein Motto: In der Ruhe liegt die Kraft. Insgesamt 371 Schichten sind binnen drei Tagen zu besetzen.

Mit Dienst nach Vorschrift kann dieses Pensum nicht erfüllt werden. Udo Michel ist seit 2000 bei der Wasserschutzpolizei, und zwar im Hamburg angedockten Revier Cuxhaven. Nach der Arbeit am Sonnabend von 7.30 Uhr bis kurz vor Mitternacht wartet am Sonntag ein Nachtdienst. Auf Nachfrage gibt Kollege Hendrick Wierzbicki preis, dass er von Freitag bis Sonntag etwa 34 Stunden Dienst schiebt. „Besondere Ereignisse verlangen besonderen Einsatz“, sagt er nüchtern.

Zum Finale begeisterte die Auslaufparade

Trotz des kontrollierten Tohuwabohus auf der Elbe herrscht noch relative Ruhe im Vergleich zum Trubel an Land. Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste und viel Polizei sorgen abgeklärt für einen halbwegs geordneten Menschenstrom. Teilweise haben Beamte mit Maschinenpistolen Position bezogen. Betonklötze dienen als Sperren. Für diese Schutzmaßnahmen ist allseits viel Lob zu hören. Kritik gibt es an überzogenen Preisen auf der Fressmeile. 3,50 Euro für eine kaum durchgebratene Thüringer oder 4 Euro für eine Currywurst sind happig. Und vor den Toilettenhäuschen an den Landungsbrücken standen am Sonnabend kurz vor 20 Uhr jeweils mehr als 30 Männer und Frauen Schlange. Das wirkte provinziell.

Unter dem Strich jedoch freute sich das Publikum über eine geglückte Veranstaltung. Einem interessanten Programm, anständigem Wetter und letztlich auch den Profis von Polizei und Wasserschutzpolizei sei Dank. Und als der russische Großsegler „Mir“ am Sonntag die Auslaufparade anführt, ist eine Menge geschafft – auf der Elbbühne und hinter den Kulissen.